Kommunikation in Zeiten des Krieges

Viele Unternehmer und Selbstständige fragen sich in diesen Tagen, ob “business as usual” in der Kommunikation den Menschen zuzumuten ist. Dem möchte ich heute nachgehen.

Ich selbst habe ein paar Tage gebraucht, um meine Schockstarre und Fassungslosigkeit – angesichts der Bilder und Nachrichten aus der Ukraine – zu überwinden. Mit Kopfschütteln habe ich derweil zur Kenntnis genommen, dass viele Akteure vor allem im Online-Business ihr Marketing haben weiterlaufen lassen wie gewohnt. Die Posts waren wahrscheinlich seit Wochen vorgeplant und sind automatisiert freigeschaltet worden. So macht man das heute.
Andere haben sich auf nachgerade peinliche Weise am Spagat zwischen Solidarität und wirtschaftlichen Zwängen versucht. Die Influencerin z.B., die in modischer blau/gelb-Kombination vor die Kamera tritt und unter dem Foto einen Betroffenheitspost absetzt.

Das soll nicht heißen, dass Funkstille die einzig mögliche Alternative ist. Im Gegenteil, sensible Kommunikation, die sich ernsthaft mit den Gefühlen und Bedürfnissen der eigenen Zielgruppen auseinandersetzt, ist jetzt wichtiger den je. Über die Auseinandersetzung mit schwierigen Themen können wir eine persönliche Beziehung zu den Menschen aufbauen, deren Aufmerksamkeit uns wichtig ist. In diesen Zeiten zeigt sich, welche Werte von einem Unternehmen, einer Organisation oder einem Dienstleister wirklich gelebt werden.

Hier ein paar Tipps, wie meiner Meinung nach die Kommunikation auch dann aktiv gestaltet werden kann, wenn Menschen an alles beherrschenden, belastenden Themen hängen:

  • Schlage leisere Töne an

Das Sprichwort “der Ton macht die Musik” gilt auch für die Kommunikation. Etwas mehr Zurückhaltung in der Wucht der Worte und der Bilder ist in emotional belastenden Situationen hilfreich. Weiche Bilder und zarte Töne  reduzieren Stress, mildern Gefühle von Wut oder Ohnmacht.
Lass Empathie aus deinen Texten sprechen. Zeige Mitgefühl für die Betroffenen. Auch wenn das Wort gerade etwas überbeansprucht wird: zeige dich authentisch. Lass Einblicke in deine  Gefühlswelt und deine Gedanken zu. Emotionen erzeugen Gemeinschaft, die über die Krise hinaus tragfähig sein kann. 

  • Lasse den Worten Taten folgen

In einer Krise ist nichts schlimmer als in Tatenlosigkeit zu verharren und zuzusehen, wie sich die Dinge zuspitzen. Zeige, dass du nicht nur in deinem Business weißt was zu tun ist, sondern, dass du auch in Situationen die besonderes gesellschaftliches Engagement erfordern, aktiv deinen Beitrag zu leisten verstehst. Orientiere dich dabei an den Möglichkeiten und Schnittpunkten mit deiner Kernkompetenz. Ein Unternehmen der Gesundheitsindustrie kann mit Medikamenten aushelfen, eine Physiotherapeutin oder Ärztin kann sich Flüchtlingen annehmen, ein Logistikunternehmer kann Hilfstransporte organisieren. Bist du Coach? Dann kannst du vielleicht besondere Angebote machen für Menschen in Deutschland, die das was sie gerade emotional durchmachen nicht alleine verarbeiten können. Was immer es ist das du tust, aus deinem Handeln sprechen deine Werte. Wenn du darüber sprichst, schafft dies Möglichkeiten, sich mit dir und deinem Business zu identifizieren.

  • Fordere dazu auf, ins Handeln zu kommen

Viele Menschen warten nur darauf, dass ihnen jemand sagt, was zu tun ist, damit sie das Gefühl der Ohnmacht und der Trauer loswerden. Aktivität gibt Energie und uns ein Stück weit die Kontrolle über die Situation zurück. Hilf den Menschen, mit denen du kommunizierst, indem du Alternativen anbietest. Das ist natürlich besonders einfach, wenn du selbst unterstützend tätig bist, aber auch wenn du dich nicht direkt involvierst, kannst du Menschen zur Aktivität aufrufen, zum Beispiel indem du auf deinen Webseiten die Kontaktmöglichkeiten für Geld- oder Sachspenden auflistest. Vielleicht gibt es Benefizveranstaltung ortsansässiger Vereine, die du mit bewerben kannst. Kooperiere mit den städtischen Institutionen und der Kommunalverwaltung. Vielleicht gibt es Möglichkeiten Flüchtlinge vor Ort zu unterstützen, durch Wohnraum oder Hilfe bei Behördengängen. Wenn du dich hier als Vermittler anbietest, tust du nicht nur gutes, sondern vergrößerst sogar noch dein Netzwerk persönlicher Kontakte.

Als Arbeitgeber fällt dir hierbei noch eine besondere Verantwortung zu: die für deine Mitarbeiter. Wenn jemand aus deinem Unternehmen die Berufung spürt längerfristig aktiv zu sein, dann solltest du mit dieser Person zusammenarbeiten, um im Gespräch Möglichkeiten auszuloten, wie dies gelingen kann. Schaffe Freiräume seine Hilfsbereitschaft auszuleben. Ein Mitarbeiter der gesellschaftliches Engagement zeigt, trägt seine Werte in dein Unternehmen hinein und seine Geschichte in die Welt hinaus.

  • Stärke die Selbstfürsorge

Da wir gerade bei den Mitarbeitern sind: Es herrscht derzeit in allen Fluren Gesprächsbedarf. Öffne den Raum dafür, dass Kommunikation innerhalb der Belegschaft über das was sie bewegt möglich ist. Halte den Raum auch für die sensibleren Geschöpfe, engagiere gegebenenfalls Coaches oder Gesprächstherapeuten, um den Prozess professionell zu begleiten. Überlege auch, welche Angebote du über die Kommunikation hinaus machen kannst, damit die seelische Gesundheit deiner Mitarbeiter erhalten bleibt.

  • Baue Brücken auf und Ängste ab

Zum Schluss noch eines: In der aktuellen Situation ist es gut möglich, dass Menschen hier in Deutschland die Auswirkungen der Sanktionen finanziell auf schmerzhafte Weise zu spüren bekommen. Einige haben in diesen Tagen schwere emotionale Probleme oder Existenzängste. Hier ist zwar auch die Regierung in der Verantwortung. Du kannst aber dazu beitragen, dass der akute Druck nachlässt. Haben Kunden bei dir Zahlungsverpflichtungen, die du aussetzen oder strecken kannst? Hilft ein Mietrabatt? Besteht die Möglichkeit einer firmeninternen Finanzierungshilfe für das Haus? Diese Angebote proaktiv an die Betroffenen zu kommunizieren löst mehr aus, als jede aktuelle Imagekampagne oder Werbeanzeige.

Und so komme ich zu meiner Antwort auf die eingangs gestellte Frage: Nein, business as usual ist in Bezug auf die Kommunikation in meinen Augen gerade keine Option. Das heißt aber nicht, dass ich meine Bemühungen mit meinen Zielgruppen in Kontakt zu bleiben einstellen muss. Ich habe vielmehr die Verpflichtung, meine Strategie und meine Botschaften zu hinterfragen, ob sie der aktuellen Situation angemessen sind. Darin liegt im besten Falle die Chance, sich zu einem noch stärker werteorientierten, sozialen Unternehmen hin zu entwickeln.

P.S.: Dass soziales Unternehmertum in der Zukunft alternativlos ist hat meine Kollegin Manuela Pastore übrigens in einem sehr emotionalen Beitrag reich an Beispielen in diesem Blog einmal dargelegt. Den Gastbeitrag findest du hier.

 

Worauf wir uns verlassen können – 4 Trends die das nächste Jahr prägen

Viele von Euch werden an den Feiertagen mit einem großen Seufzer in den Sessel fallen und sich fragen, wie sie das eigentlich alles geschafft haben, was uns dieses Jahr – das zweifelsohne in die Geschichtsbücher eingehen wird – abverlangt hat. Eines ist sicher: Wir alle haben – gewollt oder ungewollt – eine hohe Lernkurve hingelegt und uns den Veränderungen angepasst. Und auch wenn wir den Tag feiern werden, an dem die Pandemie wirklich Geschichte ist, so wird SARS-CoV-2 eine Menge Spuren im Berufs- und Privatleben hinterlassen, die bleiben.

Was ich Euch heute anbiete, sind meine Gedanken zu den Veränderungen die permanent sein werden. Daraus lassen sich Trends für die Kommunikation von morgen ableiten.

1. Das (Er)leben ist virtuell

Die Pandemie hat verändert wie wir leben und arbeiten. Videokonferenzen geben den Takt unseres Tages vor: Teams-Meetings mit Kollegen, eine Skype-Session mit der Freundin zur Kaffeepause und am Abend Yoga über Zoom. Unser Handlungsradius um persönliche Kontakte zu pflegen oder Erfahrungen in der realen Welt zu machen ist deutlich geschrumpft. Die virtuelle Lebenswirklichkeit ist nun in jedem Haushalt angekommen, um zu bleiben. Daher müssen wir uns mit unseren Angeboten darauf einstellen. Menschen erwarten, durch die Technologie eine positive Erfahrung zu machen die Spaß bringt, in die sie über den Bildschirm eintauchen können. Das wird in Zukunft auch für die Angebote gelten, die wir mit unserer Öffentlichkeitsarbeit machen. Multimediales Erleben ist zwar schon länger ein Schlagwort, wird aber 2021 zusätzlich mit Leben gefüllt. Jetzt zeigt sich beispielsweise, ob Podcast, Blog oder YouTube-Kanal alleine bei den Followern bestand haben, oder nicht doch eine Kombination aus mehreren Formaten sinnvoll ist. Neue Angebote werden hinzukommen, bei denen sich Menschen an virtuellen Aktionen aktiv beteiligen können. Große Unternehmen investieren in Virtual Reality und Künstliche Intelligenz, um die Erfahrung mit dem Produkt emotional und lebensnah zu gestalten. Die Kunst wird darin bestehen, sich als Mittelständler oder Kleinunternehmer von diesem Hype nicht überwältigen zu lassen. Es geht auch eine Nummer kleiner, wenn die Idee dahinter beim Kunden ankommt. Hier ist Kreativität gefragt, um sich mit den eigenen Angeboten auf unterhaltsame Weise z.B. auch gegen Streaming-Dienste durchzusetzen.

Mit der Verlagerung der Kontakte in den virtuellen Raum wurde der Trend zur  Humanisierung der Arbeitswelt beschleunigt. Wenn Mitarbeiter monatelang aus dem Home-Office arbeiten, brauchen Führungskräfte wirksame Methoden, um das Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen aufrecht zu erhalten. Hinzu kommt, dass die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen, wenn wir Kollegen im heimischen Umfeld durch die Kamera verfolgen oder Urlaubsfotos als Hintergrundbilder der Konferenzen zu sehen bekommen. Unsere Beziehungen im Arbeitsumfeld sind dadurch authentischer als je zuvor. Diese Authentizität erwarten wir auch von Produkten und Dienstleistungen. Der Trend geht eindeutig weg vom Image als erzeugtem Bild, hin zu einer Marke die ich als echt und glaubwürdig empfinde. Dazu gehört, die Rolle der Mitarbeiter als Advokaten zu erkennen. Viele Unternehmer unterschätzen noch die Kraft der persönlichen Geschichte hinter der Personalnummer und verpassen damit eine Chance, denn Print und Online-Medien sind auf der Suche nach solchen „Influencern mit Insiderwissen“.

2. Menschen wollen Taten sehen

Wenn COVID-19 eines freigelegt hat, dann den Wunsch danach, dass alle Verantwortung übernehmen für das was passiert und sich den gesellschaftlichen Herausforderungen gemeinsam stellen. Das gilt auch für Unternehmen. Kunden werden in Zukunft sehr viel stärker ihre Dienstleister und Marken danach auswählen, wer bereit ist Verantwortung zu übernehmen. Unternehmen müssen sich daran messen lassen, wieviel soziales Kapital sie aufbauen. Das beginnt beim Engagement für Teile der Gesellschaft und endet noch lange nicht beim Umweltschutz. Hierin steckt eine Chance für die Kommunikation, vorausgesetzt es handelt sich nicht nur um Worthülsen. Es gilt das was nachweislich bereits getan wurde, oder welche Verbesserungen und Initiativen angestoßen sind in Botschaften zu gießen, um dem Kunden-Anspruch nach mehr sozialem Unternehmertum gerecht zu werden.

3. Krisenvorbereitung ist kein Luxus

Es hat sich gezeigt, dass der Ausnahmezustand kein zweifelhaftes Privileg großer Unternehmen ist, sondern auch Einzelunternehmer, ja ganze Gesellschaften, erfassen kann. Da brechen innerhalb weniger Wochen ganze Strategien und Konzepte zusammen, Kundensegmente erodieren und erzeugen im Handumdrehen eine wirtschaftliche Schieflage. Auch wenn das eine unbequeme Wahrheit ist: Krisenszenarien ähneln sich in ihrem Wesen und ihrer Dynamik und sind daher im gewissen Rahmen planbar, selbst wenn der Auslöser eine Überraschung ist. Was ich damit sagen will: Wer zumindest eine klare Organisationsstruktur und solide Prozesse hat, die in Extremsituationen greifen, wer diesen Fall – ähnlich der Feuerwehr – in ruhigen Zeiten übt, der wird besser durch Krisen kommen. Es lohnt sich, das an COVID-19 Gelernte schriftlich festzuhalten. Für Betriebe ab mittlerer Größe heißt das auch Verbesserungspotenzial zu erkennen, einen Fahrplan für notwenige Anpassungen zu erstellen und dessen Umsetzung regelmäßig zu überprüfen. Und: Vor allem mit neuen Mitarbeitern an Bord den Ernstfall üben, üben, üben. Zu diesem Thema habe ich während des Lock-Downs einen etwas ausführlicheren Blogbeitrag geschrieben, den Du hier nachlesen kannst.

4. Der Umgang mit Falschinformation

Verschwörungstherorien, Fake News und gezielte Desinformation sind Begriffe die uns in diesem Jahr noch häufiger begleitet haben als sonst. Das Misstrauen derer, die Information und damit Kommunikation empfangen wächst. Welcher Quelle kann ich trauen? Was ist Fakt, was ist Mythos? Wer ist der wahre Experte auf seinem Gebiet? Das sind Fragen die zunehmend gestellt werden. Es ist wichtig, dass sich Unternehmer und Solo-Preneure in dieser unsicher scheinenden Gemengelage als glaubwürdige Quellen präsentieren. Dazu gehört verlässlich und transparent zu kommunizieren. Eigene Kommunikationskanäle werden an Bedeutung zunehmen. Aber auch, ein vertrauensvolles Verhältnis zu Medienvertretern aufzubauen, die an echter Expertise und wahren Geschichten ein Interesse haben. Das bedeutet auch, sich die Mühe zu machen, die Spreu vom Weizen zu trennen und nicht über das Stöckchen jeder Anfrage zu springen.

Wer als Unternehmer oder Selbstständiger Opfer von Desinformation geworden ist, sollte sich überlegen welche Quelle ernsthaften Schaden anrichtet. Sind die Leser des Internetportals das Kernsegment Deiner Kunden, dann lohnt es sich aktiv zu werden. Eine Analyse des Mediums sollte unbedingt der Reaktion vorausgehen, denn nicht jeder Leser ist durch Argumente zu überzeugen. Oft helfen emotionale Geschichten mehr als tausend Fakten. Agilität ist in Bezug auf Falschinformation das Schlagwort, damit Du in die Rolle des Handelnden kommst statt zu reagieren. Erstelle ein Skript mit dem Du auf gezielte Falschinformation reagieren kannst.

Das waren meine Top 4 Trends 2021. Mich würde interessieren, ob Ihr andere Schwerpunkte seht und welche das sind. Hinterlasst mir gerne Eure Ansichten als Kommentar unter diesem Post.

Wenn Euch der Artikel Fragezeichen auf die Stirn zeichnet, weil Ihr auf einmal nicht mehr sicher seid, ob Ihr wirklich gut auf das neue Jahr vorbereitet seid, dann lasst uns reden. Ich fühle Deiner Strategie für Unternehmenskommunikation, Außendarstellung, Öffentlichkeitsarbeit, PR oder wie auch immer Du es selbst nennst gerne intensiv auf den Zahn. Hier kannst Du direkt einen Termin mit mir vereinbaren.

Wenn Du in einigen Tagen Deine Pause zum Jahresende einläutest, dann wünsche ich mir für Dich, dass es eine Phase der Regeneration wird, die Du in Entspanntheit und Freude, im engsten Kreis derer die Du liebst, genießen kannst.

Sei behütet, bleib gesund und ich freue mich, wenn wir auch im nächsten Jahr wieder gemeinsam die (Arbeits-)Welt ein Stück besser machen, mit Worten und Taten.

Von Herzen alles Gute!

Eure

Heike

Wie gut sind Sie auf Krisen vorbereitet? Das können wir von der Corona-Pandemie lernen

Wie wohl Historiker in 100 Jahren auf die Corona-Pandemie 2020 zurückblicken werden?
Vielleicht werden sie in dieser für uns turbulenten Zeit eine Zäsur sehen, den Anfang eines neuen Zeitalters. Geschichtsbücher könnten davon erzählen, wie  wir – ausgelöst durch das menschliche Leid und die wirtschaftlichen Folgen – zu debattieren begannen, wie wir in Zukunft miteinander leben wollen. Wie wir sowohl unser Gesundheits- als auch unser Wirtschaftssystem umbauten und damit weniger anfällig für globale Krisen wurden.

Wichtiger noch: Wie wir das System angepasst haben, damit es unsere gesellschaftlichen und moralischen Werte abbildet. Vielleicht wird so mancher Erdling der Zukunft darüber staunen, was ein kleines Virus imstande war zu bewirken, wo zuvor Jahrhunderte der Auseinandersetzung versagt haben.

Bevor ich nun als Utopistin beschimpft werde: Ich gehöre auch zu den Selbstständigen, die von der Wucht des wirtschaftlichen Aufpralls gerade getroffen werden. Aber es entspricht nicht meinem Naturell die Situation nur als Katastrophe zu sehen. Die Psychologie verweist uns gerne darauf, dass das Potential wesentlich größer ist an einer Krise zu wachsen, als an einem Erfolg.

Ich kann nicht umhin dieses Potenzial bereits jetzt zu erkennen, sowohl in der realen, wie in der digitalen Welt: Ist es nicht bemerkenswert, wie kreativ wir dieser Tage darin werden trotz Quarantäne zusammenzurücken? Insbesondere die Talente der künstlerischen Branche tragen dazu bei, dass uns zu Hause die Decke nicht auf den Kopf fällt. Nachbarschaftshilfe für Hochrisikopatienten, unkonventionelle Kinderbetreuung oder konkurrenzüberschreitender Austausch von Mitarbeitern sind weitere Beispiele. Die sozialen Medien bzw. digitalen Kanäle werden in der Aufrechterhaltung der Kommunikation über Distanz zum Segen. Da zeigt sich früh der kreative Kopf, der dem Opa über Skype Gute-Nacht-Geschichten vorliest.

Mein Postfach füllt sich mit Angeboten für kostenfreie Webinare und Coachings zu Methoden und Techniken die ich auch im Normalbetrieb gut gebrauchen kann. Das Home-Office wird dadurch zum Kosmos neuer Möglichkeiten.

Kommunikation in der Krise

Was können wir also lernen aus dieser Mutter aller Krisen für die Kommunikation im Ausnahmezustand in Unternehmen und Betrieben?

Wir müssen jederzeit damit rechnen von unvorhersehbaren Situationen eingeholt zu werden, deren Dynamik sich so schnell ändert, dass wir als Beteiligte kaum hinterherkommen. Alle die mit uns über Kommunikation in Verbindung stehen, seien es Mitarbeiter, Kooperationspartner, Kunden oder Nachbarn, haben dann ein großes Informationsbedürfnis. Gepaart mit hoher Aufmerksamkeit durch die Medien entsteht ein immens hoher Entscheidungsdruck. Dieser geht in Krisen meist einher mit Unsicherheit, weil Wissen zur Situation fehlt, oder Fakten erst zusammengetragen werden müssen. Lösungsstrategien beruhen dann zwangsläufig auf Annahmen und Erfahrungswerten und müssen daher mehrfach angepasst werden. Ein hoher Grad an Komplexität der Unternehmensstruktur, unklare Berichtswege, der Mangel an Entscheidern oder gar zu viele Meinungen sind Faktoren die sich negativ auf den Prozess der Krisenbewältigung und damit auf die Außendarstellung auswirken. In der Krise ist zudem eine transparente, glaubwürdige und kontinuierliche Kommunikation – bei mehreren Sprechern mit möglichst einheitlichem Wortlaut -besonders wichtig, um Vertrauen wiederzugewinnen und Sicherheit auszustrahlen.

„Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Wir können die Verbreitung des Virus zwar nicht aufhalten, aber wir können die Ausbreitung  verlangsamen, indem wir voneinander Abstand halten.”

Es hat eine Weile gedauert bis diese einfache und wirkungsvolle Kernbotschaft allen Politikern geschmeidig über die Lippen kam. Zwei Sätze die gut zu merken sind, von jedem verstanden werden und gleich mehrere Anforderungen an Kommunikation in der Krise erfüllen: Es wird Stärke signalisiert, Sicherheit aufgebaut, Vertrauen erzeugt und um Verständnis geworben. Zuletzt hat sich sogar die Bundeskanzlerin eingeschaltet, um der Botschaft Nachdruck zu verleihen. Die Autorität des Sprechers ist in der Krise ebenso entscheidend, wie das was er sagt.

Bei der hohen Dynamik einer Krisensituation und der Geschwindigkeit mit der sich heute Informationen verbreiten ist eine parallele Auswertung der Maßnahmen zur Eindämmung der Krise von hoher Bedeutung. Dazu gehört auch die permanente Beobachtung des Medienechos und der Social Media-Plattformen. Und wenn dann wirklich alles vorbei ist, sorgt die abschließende Aufarbeitung dafür, dass aus Fehlern gelernt werden kann.

Krisenprävention

Sind wir also der Krise hilflos ausgeliefert? Nein! Ich möchte Ihnen hier aufzeigen, dass es wesentliche Schritte gibt, die im Rahmen einer Krisenpräventionsstrategie geplant UND geübt werden können, damit sich im stressigen Ernstfall jeder auf seine Aufgaben konzentrieren kann, anstatt wertvolle Zeit darüber zu verlieren das „wie“ und „was“ zu definieren.

Maßnahmen zur Krisenprävention

1. Krisenhandbuch erstellen

Es liegt in der Natur der Krise, dass niemand Zeit haben wird dicke Handbücher zu lesen. Das Krisenhandbuch sollte daher die absolut nötigsten Informationen enthalten (lose Blattsammlung), die in regelmäßigen Abständen auf Aktualität hin überprüft werden und jedem im Unternehmen bekannt sind.

Flussdiagramm: Entscheidungsbaum und Ablaufplan
Wesentlicher Bestandteil sind Diagramme die vor allem eines leisten sollen: Komplexität reduzieren – Zeit gewinnen. Wer einen Krisenherd feststellt – egal in welcher Position im Unternehmen er sich befindet – sollte rasch dazu in der Lage sein, die richtige Kontaktperson vom Auslöser zu unterrichten. Ein Entscheidungsbaum soll dann dazu anleiten die Information an die relevanten Unternehmensteile weiterzuleiten, damit sich umgehend der Krisenstab bilden kann, der über alle weiteren Handlungsschritte und Kommunikationswege entscheidet.

Kontaktlisten
Da sich die Diagramme auf Funktionen (z.B. Geschäftsleitung, Forschung, Recht, Marketing oder Kommunikation) beziehen ist es ratsam separat eine Kontaktliste zu pflegen. In dieser werden die aktuellen Daten der zum Krisenstab und den Entscheidern gehörenden Mitarbeiter leserlich eingetragen. Wichtig sind hier besonders die Mobiltelefon-Nummern, da sich Krisen nicht an Wochenenden oder den Feierabend halten.

Zuständigkeiten des Krisenstabes bzw. Kernteams
Je nach Art der Krise (z.B. Produktionsunfall, Crash der Börsenwerte oder Social-Media Shitstorm) kann die Zusammensetzung des Krisenstabs stark schwanken. Kernfunktionen werden jedoch immer involviert sein, wie die Kommunikations- oder die Rechtsabteilung. Es ist ratsam im Vorfeld festzulegen, wer sich im Ernstfall um welche Aufgaben kümmert, insbesondere wenn die Abläufe rechtlichen Vorgaben unterliegen (z.B. die Information bestimmter Behörden).

2. Szenarienplanung

Gerade weil sich in einer Krise die Ereignisse überschlagen ist es ratsam für potentielle Krisenherde die Fakten zur Hand zu haben. Diese Krisenherde zu identifizieren bedarf einer Analyse an der meist mehrere Fachabteilungen beteiligt sind.

In forschungsaktiven Unternehmen die z.B. mit neuen oder gefährlichen Substanzen arbeiten kann darüber hinaus wissenschaftliches Basiswissen aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von der PR-Abteilung bereits in allgemeinverständliche Informationen „übersetzt“ werden.

3. Krisensimulationsübung

Hocheffizient sind Workshops in denen der Ernstfall der Krise an einem fiktiven Beispiel im Verlauf eines Tages geübt wird. An einem neutralen Ort (ohne Ablenkung) wird eine Situation nachgestellt, die sich in dieser Form tatsächlich ereignen könnte. Alle an der Krisenbewältigung beteiligten Funktionen nehmen mit mindestens einem Mitarbeiter an dieser Übung teil. Was dabei erreicht werden soll ist nicht – wie gemeinhin von Mitarbeitern befürchtet – zu ermitteln wie stressfest der jeweilige Kollege ist, sondern wie gut der Personenkreis zusammenarbeitet, mit welchen Lösungsstrategien sie aufwarten und wie gut sie kommunizieren – innerhalb der Organisation UND mit der Außenwelt. Fester Bestandteil dieser Krisentrainings sind daher auch Medienanfragen (von versierten Medien-Trainern) durch die geübt werden kann wie sich Statements und Interviews in Krisensituationen anfühlen. Mitarbeiter merken dabei schnell welche Botschaften gut funktionieren und welche haarsträubenden Headlines Journalisten aus einer Bemerkung im Nebensatz generieren.

Diese Übungen sind in vielerlei Hinsicht aufschlussreich. Sie decken beispielsweise Lücken in der Organisationsstruktur auf. So mancher entdeckt aber auch sein Talent vor der Kamera und bietet sich als Sprecher aus der Fachabteilung an. Im besten Falle gehen die Mitarbeiter mit einem positiven Gefühl aus der Übung, weil sie die Herausforderung gemeinsam gemeistert haben. Ich jedenfalls habe sehr häufig am Ende solcher Tage das Feedback bekommen: „Das sollten wir viel häufiger machen!“

Lassen Sie mich zum Schluss versichern, dass es zahllose Beispiele für gelungene Kommunikation in der Krise gibt, aus der Unternehmen am Ende gestärkt und mit positivem Image hervorgegangen sind.

Ich wünsche uns allen, dass wir die Corona-Pandemie gut überstehen. Vielleicht werden die Historiker der Zukunft ja mit Stolz in ihren Büchern festhalten in welchem Maße wir über uns hinausgewachsen sind.

Bleiben Sie gesund und optimistisch!

Ihre

Heike Specht