Vom Wesen und Wandel der Kommunikation – Eine Annäherung

Ich inspiriere diesen Blog – zusammen mit Gastbloggern und Interviewpartnern – nun seit drei Jahren und stelle gerade fest, dass über die Kernfrage noch nie ein Wort verloren wurde.
Höchste Zeit dies nachzuholen.

“Warum kommunizieren wir und wie verändert sich unser Kommunikationsverhalten in diesen Zeiten?”

Ein gerne zitierter Satz aus den Public Relations lautet: „Wir können nicht nichtkommunizieren.“ Jeder der schon einmal erlebt hat, wie laut das Schweigen auf eine Situation oder eine Aussage hin sein kann weiß, dass das stimmt. Ich musste bei der jüngsten Bundestagswahl wieder daran denken. Wer seine Stimme verweigert oder ungültig macht setzt damit ein politisches Signal. Dieses reicht von: „Die da oben machen sowieso was sie wollen“, bis hin zu: „Ich stehe außerhalb der Gesellschaft und habe mit all dem nichts zu tun.“

Wenn die Stille bereits eine Botschaft aussendet, wie stark muss dann erst die Kraft der Worte sein?

Sprache unterscheidet uns Homo sapiens von allen anderen Spezies auf diesem Planeten und verschafft uns einen evolutionären Vorteil. Dabei dient sie weit mehr als dem reinen Informationsaustausch. Kommunikation stellt eine Art Grooming dar. Sie ersetzt das Lausen und Kraulen wie wir es beispielsweise von Schimpansen kennen. Das sorgt für gute Stimmung innerhalb der Gruppe. Zur Gemeinschaft gehört, wer die gleiche Sprache spricht. Darum bilden sich in jeder Generation sprachliche Neuschöpfungen aus. Wer sich von außerhalb dieser Rhetorik bedient, wird sofort als fremd entlarvt, weil etwa der Sprachfluss unnatürlich wirkt, oder die Worte auswendig gelernt klingen.

Kommunikation ist sozialer Kit. Sie vermeidet Konflikte und bewahrt den Frieden. Diplomaten können ein Lied davon singen. Wenn das Ende des Dialogs erreicht ist, bleiben nicht mehr viele Optionen. Aufrührer wissen genau, welcher Ausdruck als Waffe wirkt. Rhetorische Gefechte klären die Rangordnung, ohne dass Blut fließt. Wie gut jemand diese Kunst beherrscht entscheidet über seine soziale Stellung. Dies ist besonders eindrucksvoll in der höheren Unternehmensetagen zu beobachten und meiner Auffassung nach ein weiterer Grund dafür, warum Frauen in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert sind: Weil sie wenig Lust darauf verspüren, sich an diesen Scharmützeln zu beteiligen.

Seitdem wir über Sprache kommunizieren, hat der Fortschritt enorm an Fahrt aufgenommen, denn Kommunikation fördert den kreativen Prozess. Wir inspirieren uns im gegenseitigen Austausch, entwickeln Ideen des anderen weiter und ermöglichen Innovation. Es hat zwar in der Geschichte immer auch Individualisten gegeben, deren Genialität wir großartige Erfindungen zu verdanken haben, aber für alle anderen gilt: Kommunikation wirkt als Beschleuniger. Im intensiven Austausch (neudeutsch Brainstorming) kommen wir deutlich schneller ans Ziel.

Kommunikation ist durch verschiedene Faktoren extrem unter Druck geraten

Auch dieser Artikel kommt leider nicht ohne die Erwähnung von Corona aus. Abstand ist gut gegen die Virusübertragung, aber sie stellt unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt auf eine harte Zerreißprobe. Selbst wenn wir mit modernen Kommunikationstechniken allerhand Tools zur Verfügung haben, um die Distanz zu überbrücken, so kann das Zoom-Meeting den persönlichen Austausch an der Kaffeemaschine nicht ersetzen, weil es hier um mehr geht als die Präsentation von Arbeitsergebnissen. Als Hundebesitzerin war ich während des Lock Down meinem Labradoodle jeden Tag zutiefst dankbar, dass ich mich zumindest auf Distanz mit anderen Herrchen und Frauchen habe austauschen können. Bei vielen Mitmenschen habe ich den Eindruck, dass sie „smalltalk“ erst wieder lernen müssen. Welche Rolle Mimik und Gestik dabei spielen wird mir jedes Mal bewusst, wenn ich versuche mit der Maske auf der Nase einen Witz zu machen.

Aber Corona ist nicht unsere einzige Herausforderung. Es ist eine Binsenweisheit, dass die Digitalisierung Kommunikation im gleichen Maße erschwert, wie sie sie erleichtert. Wir können zwar in Echtzeit mit vielen Menschen gleichzeitig kommunizieren, aber um den Preis, dass unser Gegenüber die Klangfarbe unserer Stimme nicht hört und unseren Gesichtsausdruck nicht sehen kann. Jeder der schon einmal eine unerwartete Reaktion auf seine WhatsApp-Nachricht geerntet hat weiß, dass Kommunikation über elektronische Medien sehr wohl hohes Potenzial birgt falsch verstanden zu werden. Bei einer Konversation von Angesicht zu Angesicht kann ich Missverständnisse sofort klarstellen. Bei einer E-Mail, die unter Umständen erst Tage später gelesen wird, geht das nicht.

Elektronische Medien haben unsere Kommunikation geprägt wie keine andere Entwicklung. Sie wird verkürzt, verknappt und beschleunigt. Wir kommunizieren über mehrere Kanäle hinweg parallel und konzentrieren uns auf keines der “Gespräche” wirklich. Emotionen übertragen wir auf Emojis, die ein enges Spektrum abbilden. Gleichzeitig werden wir mit Inhalten (nicht zu verwechseln mit Informationen) zugeschüttet, elektronischer Kommunikations-Müll, für dessen Filterung wir uns mühsam Mechanismen antrainieren müssen.

Ein Forscherteam hat vor einiger Zeit in Nature Communication publiziert, dass unsere kollektive Aufmerksamkeitsspanne immer kürzer wird. Will heißen: Themen gewinnen schnell an Dynamik, aber der Hype nimmt auch genauso schnell wieder ab. Keine gute Botschaft für Menschen, deren Aufgabe es ist, Nachrichten zu erzeugen. Die spannende Frage wird sein, wie sich dies auf unsere Fähigkeit auswirkt, Informationen zu bewerten.

Zu guter Letzt bieten soziale Medien die Möglichkeit in der Anonymität eine Form der Kommunikation zu praktizieren, die wir uns im direkten Dialog niemals erlauben würden. Da wird gehetzt, gehasst, geschmäht und gemobbt. Nicht nur für die jüngere Generation, die mit sozialen Medien als einer Selbstverständlichkeit aufwächst, ist das sehr schwer auszuhalten. Hier ist eine Kommunikations-Ethik überfällig. Zu lange haben die Entwickler dieser Programme darauf vertraut, dass es die Community unter sich schon richten wird. Das an der Hochschule für Medien in Stuttgart angesiedelte Institut für Digitale Ethik hat sich genau das zur Aufgabe gemacht. Hier wird viel in Forschung aber auch in Bildung – insbesondere der Digital Natives –  investiert. Die 10 Gebote scheinen selbstverständlich, sind es aber bei weitem nicht.

Quelle: Institut für digitale Ethik: https://www.hdm-stuttgart.de/digitale-ethik/lehre/10_gebote

Der PR-Ethikrat in Österreich hat für die Zunft einen online-Kodex für digitale Kommunikation entwickelt der auf den 8 Punkten Fairness, Respekt, Verantwortung, Moderation, Klarheit, Transparenz, Höflichkeit und Privatsphäre basiert. Man möchte meinen, das läge auf der Hand.

Der dritte Punkt, der Kommunikation heute zu einem Experiment mit ungewissem Ausgang macht ist die Globalisierung. Wir sind soziale Wesen die durch Sprache vereint werden. So war der Versuch eine „Weltsprache“ zu etablieren durchaus lobenswert. Aber ob wir nun Englisch als die Sprache der globalen Gemeinschaft definieren oder Kunstsprachen wie Esperanto entwickeln, alle Versuche scheitern daran, dass Kommunikation mehr ist als der Austausch von Worten. Es ist zutiefst menschlich das was wir hören zu interpretieren. Den Rahmen für diese Interpretation liefern neben der persönlichen Erfahrung und der Erziehung, unser ideologischer und kultureller Hintergrund, also Einflüsse aus Kultur, Religion und Gesellschaft. Kein Wunder also, wenn der Dialog zwischen – sagen wir – einem Amerikaner und einem Perser im Desaster endet, wenn nicht zuvor ein interkulturelles Training absolviert wird.

Was bedeutet das für Kommunikation im Business?

Kommunikation die zum Ziel führen soll – egal wie dieses definiert ist – gelingt besser aus einer Position der Gelassenheit heraus. Eine angenehme Gesprächsatmosphäre ist der beste Nährboden, um Konflikte zu vermeiden und Probleme zu lösen. Wichtig ist, dass dabei ein Schutzraum erzeugt wird, in dem auch Ängste zur Sprache kommen können, denn wir haben deutlich weniger Angst vor dem, was wir benennen.

Ich halte es außerdem für essentiell, auf Kommunikation zu setzen, in der persönliches Erleben live und in Farbe möglich ist. Das gilt ebenso für Mitarbeiter eines Unternehmens untereinander wie für den Dialog zwischen Firmenrepräsentanten und ihren Kunden. Wir verbinden Werte wie Vertrauen, Verantwortung oder Authentizität mit Erfahrungen die wir mit Menschen machen, auch wenn immer wieder versucht wird, diese Qualitäten auf Marken zu übertragen. Unternehmer sind gut beraten, wenn sie diese Erlebniskultur der Kommunikation in ihre Corporate Identity integrieren. So wird auch der Rahmen dafür geschaffen, dass der Kunde das Produkt oder die Dienstleistung erleben kann, was eine Identifikation damit erst ermöglichen.

Digitale Kommunikation ist ein Stressfaktor. Als Entrepreneur trage ich Verantwortung dafür, meine Mitarbeiter vor Überanstrengung zu schützen. Dies gelingt, wenn permanente Erreichbarkeit nicht mehr als Kriterium der Identifikation mit dem Unternehmen herangezogen wird, oder die Erreichbarkeit in der Freizeit selbstverständlich ist. Viele Unternehmen haben hier Gegenmaßnahmen ergriffen, die von der Mailpause bis zur Anrechnung von mobilen Einsätzen als Überstunde reichen.

Kommunikation innerhalb des eigenen Business und nach außen ist dann erfolgreich, wenn sie aktiv gestaltet wird. Damit meine ich eine aktive Auseinandersetzung damit, wie die Kommunikationskultur aussehen soll. Wollen wir rhetorische Rangkämpfe oder setzen wir auf systemischen Konsens? Sind Gespräche geprägt von gegenseitiger Wertschätzung und Respekt? Finden sie auf Augenhöhe statt? Ist die Sprache gewaltfrei und inklusiv? Viele Unternehmen geben sich heute einen Kommunikationskodex, der diese Punkte für alle Ebenen verbindlich festzulegt.

Schließlich und endlich hängt der Erfolg eines Business davon ab, vom Kunden verstanden zu werden. Es ist ein Treppenwitz der PR, dass genau das in vielen Branchen scheitert, weil die Wortwahl des Unternehmens nicht mit der des Kunden zusammenpasst. Welche Fehler häufig sind und wie du sie in deinem Business vermeiden kannst, habe ich in dieser Grafik zusammengefasst. Du kannst sie kostenlos und ohne vorherige Anmeldung für einen Mailverteiler herunterladen. Ich freue mich aber natürlich, wenn dich meine Inhalte ansprechen und du dich deshalb dafür entscheidest meinen Newsletter zu abonnieren.

Darin findest du weit mehr als den Hinweis auf neue Blogbeiträge. Ich greife aktuelle Themen auf, die sich im Blog nicht unbedingt wiederfinden, stelle Talente aus meinem Netzwerk vor, oder gebe Tipps zu  neuen Tools, Apps und Techniken, die mir in der täglichen Arbeit begegnen.

Wenn du nun neugierig geworden bist, kannst du dich hier anmelden:

 

 

 

 

Im Gespräch mit Jana Seifert über „new work”

„Ich habe einfach zu meinem Arbeitgeber gesagt, dass ich das gerne machen möchte.“ So hat Jana Seifert den ersten wichtigen Schritt hin zu ihrem Sabbatjahr getan. Einige Jahre später war es dann soweit: Zehn Monate war sie unterwegs in Australien, Neuseeland und Japan. Das Narrativ, das hinter dem Sabbatjahr steckt ist ihrer Meinung nach mit vielen Erwartungen überfrachtet, etwa dass man danach fast zwangsläufig sein Leben ändert. Ihre Vorstellung, vielleicht für den Rest ihres Lebens Öl-verschmierte Pinguine waschen zu wollen, hat sich – zum Glück für ihren Arbeitgeber – nicht bestätigt.

Stattdessen hat sie die Menschen im Unternehmen und ihre Arbeit vermisst. Nach ihrer Rückkehr stand für sie fest, dass sie den Schritt in die Geschäftsführung wagen möchte. Dass eine Auszeit ein Karriereknick ist, kann sie nicht bestätigen. Sie liebt ihren festen Platz in einem Team, mit dem sie wirksam sein und mit anderen Menschen zusammen etwas bewegen kann.

Ich habe mit der Medienwissenschaftlerin und Wirtschaftspsychologin über die aktuellen Veränderungen und die Zukunft der Arbeit gesprochen.

Was war dein Motivator der Geschäftsführung beizutreten?

Ein wichtiger Motivator war die Organisationskultur. Bei Commha Consulting arbeiten sehr viele Leute, von denen ich lernen kann, die inspirierend und offen sind. Außerdem bin ich ein sehr neugieriger Mensch. Wenn ich einen Job eine Weile gemacht habe, dann habe ich Lust auf etwas Neues. Mir geht es im Job auch um persönliches Wachstum. Und da stellte sich mir die Frage, ob das immer in der gleichen Rolle geht.

Frauen sagen das nicht so gerne, aber ich habe einen Führungsanspruch. Und ich hatte einen Mentor, der mich auf dem Weg begleitet hat.

Jana was denkst du: Warum arbeiten wir?

Ich denke nicht, dass man sagen kann: „Alle Leute arbeiten vorrangig, weil…“ Arbeit bedient ein Bündel unterschiedlicher Motiv-Felder. Arbeit ist ein komplexer sozialer Raum, der viele menschliche Bedürfnisse befriedigt. Ich finde, wir müssen uns das stärker bewusst machen. Arbeit ist mehr als der reine Austausch von Zeit gegen Lohn. Bei der Arbeit kommen ureigene menschliche Bedürfnisse überhaupt erst zum Tragen. Dazu gehören Status, Anerkennung, Macht, Gestaltungswille, der Wunsch,  Neues zu lernen, sich weiterzuentwickeln und – das wird häufig unterschätzt – sozial eingebunden zu sein über eine gemeinsame Aufgabe und ein gemeinsames Ziel. Ich glaube, dass Menschen es brauchen zu sagen: „Dieses Ziel möchte ich mit meinem Stamm, meinem Clan erreichen.“

Unternehmen und Organisationen sind letztlich nichts anderes als Gebilde, die Menschen anziehen, die gemeinsam an einer Sache arbeiten wollen. Das ist der Grund, warum Unternehmen eine Mission und eine Vision formulieren: Um die Menschen anzuziehen, die das gleiche Ziel haben, sich für die gleiche Idee begeistern können.

„Die Frage ist also nicht, ob wir arbeiten wollen, sondern wie Arbeit gestaltet sein muss, damit wir sie für unser Leben als eine Bereicherung, als Lern- und Aktionsfeld empfinden.“ 

Was bezüglich der Arbeit verändert sich gerade deiner Ansicht nach?

Erwerbsbiographien verlaufen schon in den letzten Jahren anders als in den Jahrzehnten zuvor. Das liegt zum einen daran, dass Wissen schneller veraltet. Nach 12 Jahren kann ich mit dem Wissen, das ich mir einmal im Studium erworben habe, nur noch begrenzt etwas anfangen. Außerdem werden Tätigkeiten zunehmend von Maschinen übernommen. Davon ist keine Branche ausgenommen, und ich bin teilweise erstaunt, welche Qualität diese Arbeit inzwischen erreicht hat. Um ein Beispiel aus unserem Bereich zu nennen: Ich gehe davon aus, dass wir Übersetzer für Gebrauchstexte oder Betriebsanleitungen bald nicht mehr brauchen werden, sondern nur noch Spezialisten für bestimmte Bereiche, weil die Übersetzungsprogramme, also die dahinterstehende künstliche Intelligenz, immer besser wird.

Daher müssen wir Arbeitsleben stärker als Arbeitslernen begreifen. Die Jobs von heute verändern sich ständig. Die meisten Mitarbeiter machen sich das nicht bewusst, wie sehr sie sich permanent an diese Veränderungen anpassen. Im Kommunikationsbereich etwa werden Tools, Funktionalitäten und Plattformen stetig erweitert und wir lernen damit umzugehen. Auch neue Job-Profile kommen dazu, wie etwa der Social-Media Manager, den es bis vor wenigen Jahren noch nicht gegeben hat.

Diese Strömungen führen dazu, dass es in Unternehmen eine andere Führung und andere Organisationsstrukturen braucht. Hier klafft eine Lücke, denn viele Organisationen sind diesbezüglich noch sehr dem Alten verhaftet. Wenn ich sage, mein Arbeitsfeld ist dynamisch, aber ich habe ein statisches Organigramm, passt das nicht zusammen.

Wie kommen Unternehmen dahin, diese Lücke zu schließen?

Es gibt keine pauschale Antwort auf diese Frage, weil die Unternehmen dazu zu vielfältig sind und sich auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden. Zwei Ebenen sind meiner Meinung nach aber wesentlich:

1) Selbstorganisation – Ich halte selbstorganisierte Teams für sehr vielversprechend. In der IT und in der Produktion ist das in weiten Teilen schon Normalität. Hier wird agil gearbeitet, z.B. nach der Scrum-Methode, die aus der Software-Entwicklung kommt. Die Teams arbeiten dabei autonom, selbstorganisiert, setzen sich ihre Ziele selbst und arbeiten auf ein übergeordnetes Ganzes hin. Dazu gehört ein hohes Maß an Pflichtgefühl und Engagement, denn wer sich zu einer Aufgabe bereit erklärt, muss diese in der vorgegebenen Zeit bewältigen, und wer freie Kapazitäten hat, muss keinen Vorgesetzten fragen, um sich eine weitere Aufgabe auszusuchen. Das ist ein Prinzip, das ich in Unternehmen in einzelnen Inseln, mit kleinen Teams, in geschützten Räumen, gut ausprobieren kann, wenn ich es nicht direkt in der ganzen Firma ausrollen will.

2) Führungskräfte – Diese sollten stärker darauf achten, was Mitarbeiter im Unternehmen wirklich machen wollen. Der Arbeitsmarkt wird leerer, in bestimmten Feldern gibt es einen Fachkräftemangel. Führungskräfte sollten stärker auf ihre neue Rolle vorbereitet werden, in der sie nicht mehr anleiten, Kontrolle ausüben und selbst wissen, wie alles geht. Die Aufgabe der Unternehmen ist, diese Führungskräfte darin zu unterstützen im Team Lösungen zu finden, neue Ideen zu generieren, einen weiten Blick in die Zukunft zu haben und nicht so sehr auf das kleinteilige Tagesgeschäft zu schauen. Die neue Rolle der Führungskräfte ist die des Begleiters für ihre Mitarbeiter.

„New work“ ist in aller Munde. Was versteht man darunter?

Frithjof Bergmann, der Begründer der „New-Work“-Bewegung diagnostiziert die „Armut der Begierde“. Er stellt die These auf, dass die meisten Menschen gar nicht mehr spüren, welche Bedürfnisse, Träume und Visionen sie in Bezug auf ihre Arbeit eigentlich haben. Das ist doch traurig! Ein Grund dafür ist, dass sie nie gefragt wurden.

Die zentrale Frage bei „New-Work“ in seiner ursprünglichen Form ist daher: „Was ist es, was du wirklich, wirklich tun willst?“

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Aber sie ernsthaft zu stellen und dann zu schauen, wo dafür in der Organisation Raum ist, das ist der Kern von „New Work“.

Der Einwand, dass dann alle das Gleiche machen wollen und keiner mehr die vermeintlich unangenehmen Aufgaben übernehmen möchte, entspricht übrigens überhaupt nicht meiner Erfahrung. Irgendjemand meldet sich immer. Die meisten Aufgaben verteilen sich von selbst. Wenn sich tatsächlich niemand meldet, wirft das die Frage auf: „Ist diese Aufgabe wirklich nötig?“ Vielen Unternehmen würde es guttun diese Frage tatsächlich einmal ernsthaft zu stellen.

Frithjof Bergmann geht mit seinem Ansatz viel weiter, als das Label «New Work», der heute zu einem Sammelbegriff für eine andere Arbeitswelt geworden ist. Darunter versteht man Dinge wie flexible Arbeitszeiten, Vertrauensarbeitszeit oder dezentrales Arbeiten und Home-Office. Außerdem gehört zu diesem Themenkomplex die Art der Zusammenarbeit, also das agile Arbeiten sowie das Thema Führung, das mit „Leadership 2.0“ überschrieben ist, bei dem sich Manager mehr als Coaches und Prozessbegleiter verstehen.

Du hast agiles Arbeiten jetzt schon mehrfach erwähnt, was genau ist daran so beweglich und warum brauchen wir das gerade jetzt?

Für agiles Arbeiten sind drei Elemente zentral: Das ist zum einen die starke Fokussierung auf Kunden oder Nutzer, zum anderen eine hohe Autonomie der einzelnen Teams und zum dritten die kontinuierliche Anpassung an die aktuelle Lage.

Wir werden ständig mit neuen Aufgaben konfrontiert. Wer als Organisation zu schwerfällig ist, geht unter. Außerdem führt agiles Arbeiten meiner Ansicht nach zu mehr Selbstwirksamkeitserleben: Man kommt schnell zu ersten Ergebnissen, etwa einer neuen Idee oder einem Produktprototypen.

Arbeitskräfte-Mangel ist ein starkes Argument für agiles Arbeiten, denn einen bestimmten Schlag Mitarbeiter werde ich nur noch so ansprechen können: Menschen, die sich entwickeln wollen, die Freiraum wollen und diesen nutzen, um ihre Ideen zu verwirklichen.

Wer sind die Treiber neuer Arbeitsformen in Unternehmen?

Gerade jüngere Generationen wollen eingebunden sein und hinterfragen Entscheidungen kritisch. Es ist ein Employer-Branding-Faktor ob ich als Arbeitgeber eine Unternehmenskultur habe, die Autonomie und Weiterentwicklung im Job ermöglicht.

Außerdem führt Partizipation zu mehr Akzeptanz bei Entscheidungen – das Unternehmen kann sich dadurch schneller anpassen. So arbeiten wir auch mit unseren Kunden. Letztlich geht es bei unseren Mandaten oft darum, sie dabei zu unterstützen, selbst eine Lösung zu finden. Wir treten dann als Prozessbegleiter und nicht als Experte auf. Design Thinking ist beispielsweise ein Instrument aus der großen Toolbox des agilen Arbeitens, das in solchen Fällen zum Einsatz kommt.

Ist gewaltfreie Kommunikation Ursache oder Wirkung dieser neuen Arbeitskonzepte?

Gewaltfreie Kommunikation ist sehr hilfreich, um sich in New Work oder agilen Konzepten von Arbeit erfolgreich zu bewegen. Denn bei gewaltfreier Kommunikation geht es darum, dass ich meine Bedürfnisse spüre und diese auf eine Art und Weise zum Ausdruck bringe, dass mein Gegenüber damit gut umgehen kann. Im Rahmen der Selbststeuerung in agilen Teams ist diese Form der Kommunikation extrem nützlich. Agile Arbeitsformen liegt ein sehr humanistisches Menschenbild zugrunde, also die Erkenntnis, dass der Mensch ein eigenverantwortliches Wesen ist, das Dinge aus gutem Grund tut. Gewaltfreie Kommunikation kann ein gutes Mittel sein, um Mitarbeiter auf einer Meta-Ebene zu befähigen, sich im New-Work-Arbeitsfeld zurechtzufinden.

Wie unterstützt Commha-Consulting Unternehmen bei der Transformation hin zu neuen Arbeitsformen?

Wir leben das Prinzip vor, indem wir Methoden, Arbeitsweisen und Haltungen im Rahmen unserer Projekte in die Unternehmen hineintragen. So sammeln die Beteiligten erste Erfahrung und entwickeln eine positive Grundhaltung. Kompetenzaufbau ist eine weitere Basis, die aber oft vernachlässigt wird. Um es plastisch zu machen: Man würde jemandem, der noch niemals am Steuer saß, kein Auto hinstellen und sagen: „Fahr mal los“.

Die zweite Komponente ist die Arbeit mit den Führungskräften. Die Auftragsklärung steht hier am Anfang. Kunden kommen zu uns mit der Idee: „New work, das ist etwas, das wir unbedingt machen müssen!“. Letztlich haben sie aber noch keine Vorstellung davon, was sie damit erreichen wollen. Wir stellen dann gerne die Frage: „Was soll denn in Zukunft anders sein?“ Häufig ist die Antwort, dass schnellere Innovationszyklen gewünscht sind. Wer sich klar macht, mit welchem Ziel er die Transformation der Arbeit einleitet, hat eine gute Grundlage, um dies auch den Mitarbeitern zu erklären. 

Was hältst du selbst für die wichtigsten Trends in Bezug auf die Zukunft der Arbeit?

Das Thema Sinnorientierung neudeutsch „purpose“ wird uns sicher noch eine Weile begleiten – zumindest bei gut ausgebildeten Fachkräften.

Dazu kommt ein höherer Vernetzungsgrad. Unternehmen vernetzen sich untereinander und mit Menschen stärker – die Unternehmensgrenzen werden durchlässiger.

Menschen werden außerdem in zunehmendem Maße mehrere Berufe haben, die Lerndichte und -intensität wird sich weiter erhöhen. Das ist ein großes Thema für Unternehmen, denn Lernprozesse brauchen Zeit.

Unternehmen sollten außerdem nicht verpassen, sich zum echten Erleben und zu echten Begegnungen hinzuwenden, sozusagen als Antipode der Digitalisierung. Wir sind mit fünf Sinnen ausgestattet, die wir einsetzen, um Erfahrungen zu machen. Die Digitalisierung bedient nur einen Bruchteil. Sie entkoppelt uns vom Erleben. Seit der Erfindung der Touch-Screens gibt es ja nicht einmal mehr Knöpfe, die man bedienen kann. Wir wollen den Schweiß der anderen auf der Tanzfläche riechen. Klingt eklig – ist aber so.

„Zu jeder Bewegung gibt es eine Gegenbewegung und bei fortschreitender Digitalisierung wird es Stränge geben, die versuchen deren Effekte zu kompensieren. So können Bedürfnisse befriedigt werden, die im digitalen Raum zu kurz kommen.“

Jetzt hast du gleich mehrere spannende neue Themen aufs Tablett gelegt, über die wir ein anderes Mal sprechen können!

Sehr gerne.

Vorgestellt – Jana Seifert

Jana ist Geschäftsführerin bei Commha Consulting, einem Heidelberger Beratungshaus mit den Schwerpunkten Change, Communication und Collaboration. Die Medienwissenschaftlerin, Journalistin und Wirtschaftspsychologin kümmert sich vor allem um interne Kommunikation und Zusammenarbeit bei großen Konzernen und Mittelständlern. Arbeitsschwerpunkte sind Organisations- und Teamentwicklung, Projekt- und Change-Kommunikation. Auf ausgedehnten Wanderungen in Pfalz, Odenwald und dem Rest der Welt kommen ihr die besten Ideen. Sie war ein Jahr in Paris zu Hause und mehrere Monate in Australien und Neuseeland unterwegs – natürlich mit Wanderrucksack. Nachlesen kann man ihre Wanderabenteuer auf ihren Blog. Aktuell lebt sie in Mannheim.

Du erreichst Jana telefonisch: +49 6221 / 18 779-26

per Mail: jana.seifert@commhaconsulting.com

oder über LinkedIn: www.linkedin.com/in/jana-seifert

Zählst du zu den Experten deines Fachs oder kennst du eine Persönlichkeit, die zu einem zentralen Thema unserer Zeit unbedingt gehört werden sollte? Dann sprich mich gerne an. Ich bin immer offen für Vorschläge!

 

 

6 Dinge, die ich mir (als Selbstständige) nicht mehr antue

 Der Wecker klingelt und noch bevor ich die Augen aufschlage, rattert mein Hirn einem Uhrwerk gleich los: „Welche Termine stehen heute an? Worauf muss ich mich vorbereiten? Was darf ich auf keinen Fall vergessen? Mit wem muss ich mich abstimmen?“ Dazwischen huscht ein Gedanke, eine kreative Idee die mein Unterbewusstes im Schlaf produziert hat. Schnell aufschreiben, sonst ist sie wieder weg! Beim Frühstück scrolle ich durch die Headlines der wichtigsten Medien und checke meine Mails. Kurz darauf – ich bin gerade im Bad – klingelt der Postbote. Noch mit der Zahnbürste im Mund sprinte ich zum Türöffner und stolpere dabei über den Hund. Bruno hat einen siebten Sinn für Tage an denen ich das Haus verlasse – dann legt er sich im wahrsten Sinne des Wortes quer. Leicht gequält schlüpfe ich ins schicke Schuhwerk und steuere mein Auto sehenden Auges in den Stau auf der A5.

Kommt dir das bekannt vor? Auch wenn wir in jüngster Zeit nicht im Stau, sondern im Home-Office enden, wo wir für Stunden über Zoom ein Dauerlächeln aufsetzen und vor dem Rechner den Wirbelsäulenschaden zementieren. Ich wage die Prognose,  dass die meisten von uns Routinen etabliert haben, die wir wenig hinterfragen, die uns bei genauer Betrachtung aber gar nicht gut tun.

Als mir klar wurde, wie toxisch viele meiner Verhaltensweisen für meine Tagesform – und übrigens auch für meine Kommunikation – sind, habe ich bewusst mit Veränderung begonnen. Ich bin in einem Transformationsprozess der positive Effekte zeigt, was mich ermutigt, dies heute mit dir lieber LeserIn zu teilen.

Hier also die 6 Dinge, die ich mir nicht mehr antue – und meine Alternativen:

I. Der Sprint in den Arbeitstag

Es erschien mir die längste Zeit praktisch, dass mein Kopf sofort im Arbeitsmodus ist, sobald ich die Augen aufschlage. Nicht selten hieß dies sogar „der erste Weg führt vom Bett an den Schreibtisch“. Dies hat allerdings von vorne herein verhindert, dass ich im hier und jetzt ankomme. Ich nahm weder wahr wie sich mein Körper beim Aufwachen fühlt, noch was um mich herum vorgeht.

Wo zwickt es? Würde ein Strecken und Räkeln mir jetzt gut tun? Wie ist das Wetter vor dem Fenster? Das sind Fragen die ich mir jetzt als Erstes stelle. Und wenn ich schon darüber nachdenken muss wen ich heute sehe, dann verknüpfe ich das mit der Überlegung, wie ich positiv in dieses Treffen gehen kann.

Ich stehe inzwischen freiwillig 30 Minuten früher auf, um vor dem Frühstück Yoga-Übungen oder eine Meditation zu machen. Die Ruhe die sich dabei in mir ausbreitet nehme ich mit in den Tag. Das wirkt sich nicht nur auf mich aus, sondern überträgt sich auch auf Menschen, mit denen ich zusammentreffe. Dazu gleich etwas mehr.

Ich habe also immer noch eine Morgenroutine, diese sieht allerdings deutlich anders aus. Sie setzt auf Körperbewusstsein, positive Grundeinstellung und Konzentration auf das was gerade ansteht, statt mit dem Kopf permanent in der ungewissen Zukunft zu sein.

II. Der Knebel der Verkleidung

Hast du auch schon einmal gedacht, dass du für deinen Job in eine Art Verkleidung schlüpfst? Das kann hilfreich sein, denn das Äußere unterstreicht unsere Rolle, die wir annehmen, wenn wir auf Business-Modus umschalten. „Kleider machen Leute“ gilt eben besonders im Job. Was aber, wenn die Verkleidung zur Tortur wird?

Ich bin einmal auf dem Weg zu einer Pressekonferenz mit spitzen Absätzen im Gitterrost eines Eingangsportals hängengeblieben und habe damit nicht nur einen „Stau der Mächtigen“ provoziert, sondern mir auch – beim Versuch die peinliche Situation mit wildem Aktionismus zu beenden – besagten Absatz abgerissen. Das Humpeln danach hatte nur wenig damenhaftes.

Hochhackige Schuhe mögen eine tolle Wade formen und mich 8 cm größer machen, aber wenn ich mich darin nicht wohl fühle, wirkt sich das auf meine Körpersprache aus. Diese kommt beim Gegenüber an, noch bevor ich den Mund aufmache. Heute bewege ich mich auf bequemen flachen Schuhen. Ich bin darin nicht weniger souverän und mein Orthopäde ist begeistert.

Ich habe in einer längeren Übergangsphase meine Garderobe einem „Bequemlichkeitscheck“ unterzogen. Dem sind etliche sehr elegante, aber zwickende Kleidungsstücke zum Opfer gefallen, als mir klar wurde:

Wer nicht vernünftig Luft holen kann, dem fehlt auch der lange Atem, um die eigenen Argumente schlüssig vorzutragen.

Und schließlich nehme ich mir inzwischen die Freiheit den „grau-schwarz-weiß“-Büroduktus zu durchbrechen. Ich war schon immer eine Liebhaberin der Farbe „bunt“. Das hat mir zwar gelegentlich den Ruf des „Buntspechts“ eingebracht, aber damit bin ich wenigstens unverwechselbar.

III. Die Pein vermeidbarer Zeitfresser

Die Abstimmung mit Kunden, Mitarbeitern oder Kooperationspartnern kostet uns Selbstständige viel Zeit, die uns für die Umsetzung unserer Projekte fehlt. Damit wird Priorisierung zur KönigsdisziplinIch verabschiede mich nach und nach von Zeitfressern, bei denen ich gequält auf die Uhr schaue und hoffe, dass es bald vorbei ist. Meetings sind ein gutes Beispiel: Als Angestellte habe ich häufiger Meetings abgesessen, weil erwartet wurde, dass ich dort anwesend bin. Ich erspare mir heute viel Zeit und meinen Kunden  Kosten damit, dass ich im Vorfeld abkläre, bei welchen Besprechungen ich eine aktive Rolle habe. Wird mir aus der Agenda nicht verständlich worin mein Beitrag zu der Veranstaltung besteht, sage ich ab. Merke ich erst später, dass ich hier nicht richtig bin, klinke ich mich höflich aus. Oder ich komme nur zu bestimmten Agendapunkten dazu.
Solche Zeitfresser zu eliminieren halte ich nicht nur für fair dem Kunden gegenüber, es macht mich selbst glücklicher, weil ich im gewonnenen Freiraum ein messbares Ergebnis erzielen kann. 

IV. Der Kalender als Folterinstrument

Es ist in meinen Augen ein Missverständnis, dass Selbstständigkeit gerne mit dem Wortspiel selbst und ständig beschrieben wird. Das ist eine Haltung die wir – wenn wir dauerhaft durchhalten wollen – nicht von außen übernehmen sollten. Dazu braucht es Disziplin und einen Kalender, der uns Lust auf den Tag macht.

Ich habe mir angewöhnt „Me-Time“ in meinen Kalender zu integrieren, damit der Chat mit der Freundin, der Sport oder einfach mit einer Tasse Tee auf den Balkon hinauszutreten auch in stressigen Phasen möglich ist. Wenn Zeiten für Besorgungen oder Arztbesuche wie selbstverständlich im Kalender integriert sind, hinterfragt man sie nicht mehr. Das setzt allerdings voraus, dass ich sie nicht bereitwillig der nächsten Gelegenheit opfere.

Gleiches gilt übrigens für die Mittagspause. Ein guter Moment, um einmal wieder zu überprüfen, wie sich mein Körper fühlt und was er braucht. Vielleicht ist neben dem Snack auch ein bisschen frische Luft angesagt.

Und schließlich blockiere ich mir “Kreativzeiten”, zu Tageszeiten in denen mein System auf vollen Touren läuft, für konzentriertes strategisches Arbeiten oder zum Lösen besonders kniffliger Aufgaben.

Inzwischen gestehe ich mir auch ein, dass es Dinge gibt, für die ich kein Händchen habe oder für die ich viel zu lange brauche. Den Beruf des virtuellen Assistenten habe ich erst kürzlich für mich entdeckt. Eine VA kann theoretisch jede Aufgabe übernehmen, die via Internet erledigt werden kann, von der Administration über Transkription bis hin zu Webdesign. Manche bieten ein breites Portfolio, andere haben ein Spezialgebiet.
Im nächsten PICUS-Newsletter stellt sich übrigens eine VA vor, mit der ich schon sehr gut und erfolgreich zusammengearbeitet habe. Falls du noch nicht zu den AbonnentInnen gehörst, kannst du das jetzt nachholen.

Wenn du hier deine E-Mail-Adresse einträgst, bekommst du einmal im Monat Post rund um den PICUS Blog:

V. Permanente Erreichbarkeit

Im internationalen Geschäft ist immer irgendwo Tag, so dass Mails 24/7 hereinkommen. Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich mit so mancher aus der Hüfte geschossenen Antworten zu nachtschlafender Zeit mehr Porzellan zerschlagen, als Probleme gelöst.

So gesellt sich zu meiner Morgenroutine inzwischen eine Abendroutine. Zu dieser gehört es, die Funktion meines Mobiltelefons zu nutzen, mit der ich jede Form der Benachrichtigung abschalten kann. Zwischen 21 und 8 Uhr ist Ruhe: Keine Anrufe und keine Töne bei Maileingang oder Social Media-Aktivitäten. Zugegeben, an manchen Tagen muss ich mich dazu zwingen, nicht trotzdem einen Blick auf das Display zu werfen. Trotzdem ist die Funktion ungemein hilfreich. Räumliche Distanz tut ein Übriges: Das Mobiltelefon hat Schlafzimmerverbot.

Ich beende meine Tage gerne mit Journaling. Dazu habe ich einen Jahreskalender in den ich wenige Zeilen für jedes Datum eintragen kann. Ich bemühe mich dabei die positiven Ereignisse des Tages hervorzuheben und Aspekte zu finden, für die ich dankbar bin. Das bringt mich in eine positive Grundstimmung für die Nacht.

Für den Fall, dass mein unruhiger Geist vor dem Einschlafen noch Ideen produziert, habe ich einen Notizblock auf dem Nachttisch. Ein Stichwort muss genügen. Damit ist der Gedanke für den nächsten Tag „geparkt“ und ich kann ihn loslassen.

Als letzte Übung vor dem Schlafengehen mache ich den „Bodyscan“. Das ist eine Yoga-Übung bei der man im Geiste alle Körperteile abtastet, ohne die Befindlichkeiten darin zu bewerten. Ich komme inzwischen nicht einmal bis zum Bauchnabel, dann bin ich schon in die Traumwelten abgetaucht. Alleine der Beginn der Übung scheint meinem Gehirn zu signalisieren, dass Schlaf erwünscht ist.

VI. Konfrontative Kommunikation

Jeder hat schon einmal eine Gesprächssituationen erlebt, in der er sich unterlegen, missverstanden, hilflos oder gar misshandelt gefühlt hat. Mein “Tiefpunkt” in diesem Zusammenhang war ein Telefonat mit einer Dame, die den Versuch meine Expertise in ihr Projekt einzubringen klar als Angriff auf ihre Kompetenz interpretierte. Das hast sie so in Rage gebracht, dass sie ihre Argumente nur noch schreiend hervorbringen konnte. Ich habe ihr erklärt, dass sie mich gerne wieder anrufen kann, wenn sie sich beruhigt hat – und habe aufgelegt. Distanz ist ein legitimer Weg, um sich aus einer unangenehmen Gesprächssituationen zu befreien. Die Frage ist, hätte es überhaupt so weit kommen müssen?

Ein altes Sprichwort sagt, „wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus.“ Ich habe lange gebraucht, um die Bedeutung dieser Weisheit wirklich zu verstehen. Meine Gesprächspartner spiegeln mein Verhalten! Es kommt also ganz auf die innere Einstellung an, mit der ich in eine Unterhaltung gehe. Das fällt uns natürlich besonders leicht bei Menschen, die uns sympathisch sind, mit denen wir gerne zusammenarbeiten, die hilfsbereit und auskunftswillig sind. Um von der Einsicht zu profitieren, ist es also sehr viel hilfreicher, sich auf Gespräche positiv einzustimmen, die einen ungewissen Ausgang erahnen lassen, oder vor denen wir uns gar fürchten, weil uns das Gegenüber Angst einflößt. Solche Gespräche brauchen Vorbereitung.

Kommunikation ist eine Kunst, die man trainieren kann. Sie beginnt im Kopf, mit einem positiven Mindset.

Wenn ich mir zum Beispiel vorstelle, wie der Kunde vor unserer Unterredung seine Kinder zur Schule bringt und sie zum Abschied umarmt, oder wenn ich mir ins Gedächtnis rufe wie freundlich der Mitarbeiter mit dem ich es gleich zu tun habe neulich mit seiner Assistenz umgegangen ist, dann macht das etwas mit meiner inneren Einstellung. Die Neurowissenschaft kann sogar mit Studien belegen, dass bei jedem Zusammentreffen in unserem Gehirn eine Kaskade unbewusster Reaktionen abläuft. Dahinter steht der Versuch einzuordnen wie das Gegenüber gerade drauf ist, was für Absichten es hat, welche Ziele es verfolgt. Wenn ich mir die Zeit nehme diese Unterredung nicht nur inhaltlich, sondern auch emotional zu planen, dann kann ich die Kaskade bei meinem Gegenüber beeinflussen. Die Visualisierung des freundlichen Ablaufs eines Dialogs vor dem Zusammentreffen wirkt sich auf beide Gesprächspartner aus und bereitet den Boden für eine gute Gesprächsatmosphäre. So werde ich zum Beispiel nicht mehr als überrumpelnd, brüsk oder dogmatisch wahrgenommen, sondern als konsensorientiert und empathisch.

Das positive Mindset ist die Eintrittskarte zu guter Kommunikation.  Einfühlungsvermögen erhält sie aufrecht. Wichtig ist, dass ich sowohl meine eigene, als auch die Situation des anderen im Blick behalte. Wir haben alle die gleichen Bedürfnisse: Wir wünschen uns eine gute Lebensqualität und wollen gesehen werden. Dies zu respektieren ist ein wichtiger Schlüssel, wenn es darum geht, mit Kommunikation etwas zu erreichen.

Die Lehre der „gewaltfreien Kommunikation“ wurde entwickelt, um uns die Möglichkeit zu geben, aus gewohnheitsmäßiger, automatischer, lebensentfremdender Kommunikation wieder einen Prozess mit bewussten Antworten zu machen, der von respektvoller Aufmerksamkeit und Ehrlichkeit geleitet ist. Dabei kommt es darauf an unsere Ausdrucksweise und unser Zuhören durch die Fokussierung unseres Bewusstseins umzugestalten. Der „Vater der GFK“, Marshall B. Rosenberg, hat seinen Ansatz in 4 Schritte unterteilt, die uns auch dabei helfen Konflikte zu lösen: Beobachtung, Gefühle, Bedürfnisse und Bitten.  Sein Standardwerk „Gewaltfreie Kommunikation – Eine Sprache des Lebens“ geht auf alle 4 Bereiche im Detail ein und arbeitet mit vielen Beispielen. Da verstandenes Wissen erst durch Übung zu gelebtem Wissen wird, möchte ich dir die Seminare von Markus Rossmann empfehlen. Er ist spezialisiert auf gewaltfreie Kommunikation und systemisches Konsensieren. Du erreichst ihn per Mail unter: m.rossmann@mitwirksam.de  oder im Netz unter www.mitwirksam.de.

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Mich würde interessieren, welche Gesprächssituationen du in deinem Business als besonders herausfordernd erlebst. Sind es bestimmte Zielgruppen, an denen du dich abarbeitest? Welche Kommunikation hingegen empfindest du als bereichernd? An welcher Stelle hast du dazugelernt? Was hat dir dabei geholfen?  Ich bin gespannt auf deine Kommentare!