Im Gespräch mit Sascha Jillich über Bäume

Mein heutiger Gesprächspartner ist schon sein ganzes Leben hindurch unkonventionell. Im Kindergarten mithilfe der Bäume über den Zaun geklettert, verbringt er Stunden in der freien Natur. Schule war dem eigenen Vernehmen nach nichts für ihn. Der Schulabschluss nach der 10. Klasse ist mit dem Vater abgesprochen, der ihm auch sonst alle Freiheiten lässt. Nach der Ausbildung zum Forstwirt arbeitet er 10 Jahre im Wald – eine Zeit, die ihn gut auf seine Zukunft vorbereitet, denn heute weiß er oft schon beim Blick auf den Baum von außen, wie es in ihm aussieht.

Er durchquert gemeinsam mit seiner Freundin auf einer HPN (Geländemotorrad) den afrikanischen Kontinent gleich mehrfach. Von seiner Anstellung bei der Deutschen Bahn lässt er sich für diese Leidenschaft  häufiger freistellen, ebenso wie für die Weiterbildung zum Fachagrarwirt für Baumpflege und Baumsanierung. Heute ist Sascha öffentlich bestellter Sachverständiger und unterrichtet als Dozent an der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Heidelberg.

Sascha, du hattest bei der Deutschen Bahn einen sicheren Job mit vielen Freiheiten. Warum bist du dort gegangen?

Das ist meiner Spontanität geschuldet. Ich war für die Streckenpflege zuständig, also Baumfällungen, die jahrelang vernachlässigt worden waren. Entsprechend kam es zu Zwischenfällen. Ich hatte die Aufgabe ein schwieriges Projekt zu leiten, für das hohe Summen veranschlagt waren. Diese Aufgabe habe ich nicht nur zur vollsten Zufriedenheit erledigt, sondern habe dabei knapp 50% des Budgets eingespart, bei dem es um einen mittleren 6-stelligen Betrag ging. Ich war der Ansicht, dass mir dafür ein Bonus zusteht. Man hat mir an einem Freitag mitgeteilt, dass dieser Bonus nicht gewährt wird. Für mich hängt die Belohnung der Leistung ganz stark mit der Motivation zusammen. Ich wusste nach dieser Entscheidung, dass ich dort keine Zukunft habe. Am darauffolgenden Montag habe ich per Fax gekündigt, auch weil ich der Auffassung bin, dass gute Leistung honoriert werden muss, egal ob als Arbeiter oder als Projektleiter.

Wie bist Du von der Streckenpflege zu den urbanen Bäumen gekommen?

Ich habe mich schon immer gefragt, warum manche Bäume krank werden und andere nicht. Ich hatte sehr viele Fragen dieser Art, die ich mit mir herumtrug, weil sie niemand beantworten konnte. Nachdem ich von der Bahn weggegangen war habe ich geschaut, dass ich endlich Antworten auf all diese Fragen bekomme. So bin ich zum Studium der Arboristik in Göttingen gekommen. Ein Orchideenstudiengang, den es deutschlandweit nur einmal gibt und zu dem nur 40 Studenten pro Semester zugelassen werden. In diesem Studiengang lernt man kurz gesagt das Management des urbanen Grüns. Arboristen kümmern sich um die Aufrechterhaltung der Funktion einzelner Bäume im städtischen Raum unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Ansprüche (wie z.B. Verkehrssicherheit).

Was leistet ein städtischer Baum?

Stell dir eine Stadt ohne Bäume vor, das ist doch gruselig! Bäume übernehmen  vielfältige Funktionen: Gerade im urbanen Raum haben wir noch große, alte Bäume die auch Schäden aufweisen. Diese Schäden bieten Lebensraum für zahlreiche Tierarten, die dadurch im urbanen Raum Unterschlupf finden. Gerade in den Städten haben wir häufig eine hohe Vielfalt an Baumgattungen, die bewusst gewählt ist. Daher ist im urbanen Raum die Biodiversität (=Artenvielfalt) sehr viel höher als im Forst! Eine Stadt mit Bäumen weist außerdem ein deutlich besseres Klima auf, sowie bessere Luftqualität und selbst die Temperatur ist messbar niedriger, was bei unseren inzwischen heißen Sommern einen deutlichen Unterschied macht. Bäume übernehmen also sowohl gestalterische als auch ökologische Aufgaben.

Es gibt im Übrigen viele Richtlinien und Normen die Bäume im urbanen Raum schützen und es obliegt den Kommunen, dies konsequent umzusetzen. Hier gibt es natürlich unterschiedliche Herangehensweisen.

Zu früheren Zeiten wurde unter Bäumen Gericht gehalten oder auch Feste gefeiert. Wodurch denkst du ist diese zentrale Bedeutung verlorengegangen?

“Ich glaube die Naturverbundenheit unserer Gesellschaft hat generell sehr gelitten. Außerdem ist grundlegendes Wissen oft nicht mehr vorhanden und kann so auch nicht weitergegeben werden.” – Sascha Jillich

Hier nur ein Beispiel für die Art der Entfremdung die ich erlebe: Ich war neulich in einem Park zur Baumbegutachtung und konnte beobachten, wie ein kleiner Junge auf eine am Boden liegende stachelige Kapsel der Rosskastanienfrucht deutete. Er wollte von seinem Vater wissen was das ist. Dieser zuckte mit den Schultern und antwortete: „Wahrscheinlich eine Stachelbeere.“

Was sind die wesentlichen Ursachen dafür, dass es dem urbanen Baum nicht gut geht?

Bäume brauchen Wasser und davon bekommen sie durch den Klimawandel zu wenig. Unsere heißen Sommer setzen den Bäumen sehr zu. Hinzu kommt, dass im städtischen Bereich viele Flächen versiegelt und verdichtet wurden. Das führt dazu, dass der Regen der fällt schlecht in den Boden eindringen kann und oberflächlich abfließt. Das heißt, die Bäume können – selbst bei Starkregen – kaum vom Wasser profitieren. Dies führt zu Trockenstress. Über mehrere Jahre hinweg macht das die Bäume anfällig für Schwächeparasiten, die letztlich Krankheiten auslösen. Das ist vergleichbar mit der Situation beim Menschen. Gestresst sind auch wir sehr viel anfälliger für Krankheiten. Bäume erkranken häufig an Pilzinfektionen. Pilze haben verschiedene Strategien, um Bäume zu infizieren. Bei einem gesunden Baum geht das z.B. über Wunden, etwa nach Astabriss. Bei einem geschwächten Baum kann der Pilz durch die Rinde eindringen. Und schließlich gibt es auch noch Pilze die eigentlich „friedlich“ mit dem Baum zusammenleben und Aufgaben wie beispielsweise die Astreinigung übernehmen. Wenn die Abwehrbereitschaft des Baumes abnimmt, dann werden selbst diese Pilzarten zum Problem.

Kommunizieren Bäume miteinander?

Bäume sondern Stresshormone ab, die von anderen Bäumen wahrgenommen werden können. Ein klassisches Beispiel hierfür sind die Schirmakazien in Afrika. Wenn diese von Giraffen angefressen werden, sondern sie ein Hormon (ein Ethylen) ab, das von den umliegenden Bäumen in Windrichtung wahrgenommen wird. Diese produzieren dann Bitterstoffe für ihre Blätter, so dass sie ungenießbar werden. Nur: Giraffen haben den Trick inzwischen raus und laufen einfach gegen den Wind. Dann greift diese Strategie nicht mehr.

Was würdest du dir für den urbanen Baum wünschen?

Die Standortvorbereitung ist extrem wichtig. Es kommt also nicht nur darauf an einen geeigneten Baum zu pflanzen, es muss auch dafür gesorgt werden, dass der Boden für diesen Baum gute Bedingungen aufweist, damit er gedeihen kann. Ich kann beobachten, dass Kommunen verstärkt ihr Augenmerk darauflegen und entsprechend investieren. Es braucht zum Beispiel ein Substrat, das sich der Baum mit seinem Wurzelwerk überhaupt erschließen und feine Wurzeln bilden kann. Außerdem sind Bewässerungssysteme notwendig, gerade beim Wassermangel den wir in den letzten Jahren erlebt haben. Dies ist für Kommunen allerdings eine Herausforderung, denn wir reden von einem erheblichen Kostenfaktor. Ein guter Baumstandort mit entsprechender Bewässerung kostet teilweise über 10.000 Euro, da ist der Baum noch gar nicht mitgerechnet. Aber diese Investition lohnt sich, denn ein kranker Baum ist ein Pflegefall – um z.B. die Verkehrssicherheit zu erhalten – und das kostet dann noch viel mehr.

Ist es deiner Meinung nach sinnvoll den Forst nur aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten und hat unser Wald ein Problem?

Wir brauchen ein Mischkonzept aus Wirtschaftswald und Flächen, die der ökologischen Funktion gerecht werden. Es ist sinnvoll das Holz das wir verarbeiten lokal zu produzieren, schon alleine deshalb, weil die Transportwege dann kurz sind. Außerdem ist der Wald ein nachwachsender Rohstoff der CObindet. Ich würde nicht sagen der Wald in Deutschland hat ein Problem – der Anteil der Bewaldungsfläche ist in den letzten 30 Jahren, in denen ich das Geschehen beobachte, konstant bei rund 30% geblieben – aber die einzelnen Baumarten haben ein Problem. Ich sehe voraus, dass sich der Wald in der Artenzusammensetzung verändern wird. Denn Bäume haben ein entscheidendes Problem, sie sind zwar bei langsamen Veränderungen sehr anpassungsfähig, aber die schnellen Veränderungen, die durch den Klimawandel erzeugt werden, können Fichte, Buche und Co. nur sehr schwer kompensieren.

Unsere Probleme werden natürlich durch die Monokultur noch verstärk, aber man darf auch nicht vergessen, dass diese teilweise historisch bedingt ist, denn nach dem Krieg wurde viel Bauholz gebraucht. Und – was viele nicht wissen – wir haben einen Teil unserer Reparationszahlungen in Holz geleistet.

Was ist für dich der richtige Weg in die Zukunft?

Da sich die Auswirkungen des Wandels im Klima wahrscheinlich noch stärker zeigen werden, müssen wir mehr wagen: Ausprobieren, welche Baumarten bei uns zurechtkommen. Das gilt für den urbanen Bereich genauso wie für den Forst. Das müssen nicht unbedingt einheimische Bäume sein, sondern solche – z.B. aus Nordamerika oder dem Kaukasus – die an die Klimabedingungen, die bei uns zukünftig vorherrschen werden, besser angepasst sind. Der Vorteil des urbanen Raums gegenüber dem Forst ist, dass wir dort schon jetzt eine höhere Artenvielfalt haben. Wichtig ist, dass wir das Konzept Baum 4.0 schnell umsetzen, denn kurzfristige Lösungen wird es beim Baumbestand nicht geben.

Du hast als Lehrkraft eine besondere Vortragstechnik – Wie bindest du deine Zuhörer?

Vorträge oder Weiterbildungen müssen zwei Voraussetzungen erfüllen:

  1. Wer sich langweilt, schaltet ab. Ich muss also meine Zuhörer fesseln.
  2. Mein Publikum muss inhaltlich folgen können. Wer nur „Bahnhof“ versteht, driftet weg.

Ich habe zu Beginn zwei bis drei Minuten, in denen ich die volle Aufmerksamkeit auf mich lenken muss. Mir gelingt dies, indem ich etwas tue, was unerwartet ist. So rieseln mir schon mal Ahornblätter aus der Hose, während ich den Hörsaal betrete. Damit habe ich einen Aufhänger, um über die Entstehung der Herbstlaubfarben zu sprechen. Aber auch hier doziere ich nicht, sondern ich binde mein Publikum ein, indem ich Fragen stelle, möglichst an eine konkrete Person.

Oft bringe ich auch Exponate mit und handle daran eine bestimmte Fragestellung ab. Dabei wird das „Klassengehirn“ freigeschaltet, das im Kollektiv die Aufgabe löst. Mitmachen oder Mitdenken ist hier das Zauberwort. Dies fördere ich zum Beispiel auch, indem ich bewusst Fehler in meine Präsentationen einbaue, Fotos der falschen Baumart oder eines anderen Pilzes, als der, um den es gerade geht. Diese Fehler aufzudecken macht meinen Schülern Spaß.

“Ich erziehe meine Zuhörer dazu, nicht nur selbstständig sondern auch systemisch zu denken. Das facht Begeisterungsfähigkeit für das Thema an.”

Nicht in der Theorie zu verhaften, sondern möglichst viel der eigenen praktischen Erfahrung einfließen zu lassen ist sehr hilfreich. Damit bleiben meine Zuhörer aufmerksam.

Was war deine Motivation dich selbstständig zu machen?

Das war reiner Zufall! Ich mag Zustände nicht, die stagnieren. Alles muss einem Wechsel unterliegen, auch der Job. Ich hatte die Gelegenheit in das Betätigungsfeld des Baumgutachters hinein zu schnuppern und das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich entschieden habe meine Zeit in der Anstellung zu reduzieren und parallel erste Aufträge anzunehmen. Ich hatte damit die Absicherung des Gehalts aus der Festanstellung und konnte mich ausprobieren.

Was ist dein Erfolgskonzept, denn du betreibst kein Marketing und kannst dich – inzwischen selbstständig in Vollzeit – vor Aufträgen nicht retten?

Ich verweigere mich der Werbung nicht, ich habe schlichtweg keine Zeit dafür, weil ich mich darauf konzentriere mein Kerngeschäft zu erledigen. Fakt ist: Die Kunden finden mich. Da ich jetzt schon kaum hinterherkomme wäre Marketing kontraproduktiv, da ich mehr Aufträge gar nicht annehmen kann. Ich lebe von der Mundpropaganda, die wohl deshalb so gut ausfällt, weil ich einen sehr hohen Anspruch an meine eigene Arbeitsqualität habe. Meine Texte sind (hoffentlich) fehlerfrei und meine Schlussfolgerungen sind grundsätzlich nachvollziehbar und allgemeinverständlich. Meine Gutachten haben, so scheint es, auch einen hohen Unterhaltungswert, denn mir wurde schon zugetragen, dass sie sogar über die Weihnachtsfeiertage gelesen werden.

Mir ist auch der Punkt Ehrlichkeit gegenüber den Kunden sehr wichtig. Ich kann ohne Probleme nach einer Begutachtung sagen: „Die Situation kann ich jetzt noch nicht zu 100% einschätzen, dazu möchte ich mich gerne noch einmal beraten oder alle Einzelheiten überdenken.“ Das kommt sehr gut an, denn eine schnelle Lösung verursacht meist hohe Kosten und/oder bedeutet den Verlust des Baumes.

Ich bin vom Typus her eher emotional. Damit lebe ich, auch mit den Konsequenzen. Manchmal kommt mir das aber auch zugute, zum Beispiel bei Nachbarschaftsstreitigkeiten. Da sage ich auch schon mal „Liebe Nachbarn, es geht hier um ein paar Büsche! Schaut euch an, wo euch das jetzt schon hingebracht hat, da ihr gerade erst hierhergezogen seid. Wie soll das denn weitergehen? Wo steht ihr in 10 Jahren? Schießt ihr dann mit scharfer Munition aufeinander? Bedenkt, dass ihr noch viele Jahrzehnte miteinander in Frieden leben wollt.“  Dann mache ich einen Kompromiss-Vorschlag. Oft zeigt das Wirkung.

Deine Nische definiert sich durch deine sehr spezifische Kenntnis die du dir im Laufe der Jahre angeeignet hast und sicherlich auch über den Preis, denn deine Qualität muss der Kunde sich leisten können. Hast du einen Hinweis für Selbständige, die ihre Nische noch nicht gefunden haben?

Ich finde es ist sehr nützlich früh im Leben damit zu beginnen sich auszuprobieren. Nur so finde ich heraus was Spaß macht, was gut ankommt und auch, was nicht funktioniert. Es ist ein bisschen wie Versuch und Irrtum.

„Einfach machen“ hilft auch. Manchmal ergibt sich die Nische erst über die Zeit. Zu Beginn bietet man vielleicht ein breiteres Arbeitsfeld an und reduziert dann auf das was am Besten zu einem selbst und dem angestrebten Kundenkreis passt. So hat es zumindest für mich funktioniert. Was nicht heißt, dass das Angebot innerhalb dieser Nische nicht breit gefächert sein darf. Zu schmal in den Leistungen unterwegs zu sein kann sich negativ auf den Erfolg auswirken.

Was war oder ist deine größte Herausforderung als Selbstständiger? Wie gehst du damit um? Was ist dein Tipp für andere Selbstständige?

Ich gehe mit der Herausforderung offenbar schlecht um, denn mir war zwar bewusst, dass meine Arbeitsbelastung zu hoch ist, denn ich habe über ein halbes Jahr 7 Tage die Woche gearbeitet. Aber es hat mir Spaß gemacht und mein Portemonnaie gefüllt. Es hat etwas Beruhigendes zu wissen, dass Geld kein limitierender Faktor ist. Aber Zeit kann man nicht kaufen.

Ich habe über diese Süße und den Spaß an der Sache die Warnschüsse meines Körpers übersehen oder ich habe sie nicht deuten können. Die Schwierigkeit besteht darin, die Balance zu finden zwischen dem Bedürfnis des Körpers nach Erholung und dem Bedürfnis gute Kunden zufrieden zu stellen. Ich weiß jetzt, dass ich reduzieren muss, aber wie das in der Ausgestaltung aussieht, kann ich noch nicht sagen. Mein Wunsch für die Zukunft ist, dass ich Partner finde, mit denen ich vertrauensvoll zusammenarbeiten kann, damit wir die Aufträge auf mehrere Schultern verteilen können.

Mein Fazit für Selbstständige ist also: Es wird sich nicht vermeiden lassen selbst-und-ständig zu arbeiten, die „Welle zu reiten“, aber jeder muss für sich einen Weg finden die „Life-Work-Balance“ aufrecht zu erhalten. An der eigenen Einstellung zu arbeiten hilft hier sehr. Ich habe mich über den halben freien Sonntag ab 16 Uhr gefreut. Rückblickend hätte ich mir gewünscht, vorher zu merken, dass da etwas nicht mehr rund läuft. Aber dazu hat mir die Erfahrung gefehlt. Erfahrung heißt es, ist die „Summe aller Irrtümer“. Jetzt habe ich diese Erfahrung gemacht und gehe anders mit meiner Situation um, denn Qualität ist mir nach wie vor wichtig und auch Zeit ist ein Qualitätsfaktor.

Vorgestellt – Sascha Jillich

Mein Gesprächspartner heute war Sascha Jillich, der seit 6 Jahren als öffentlich bestellter Sachverständiger selbstständig ist. Nach einer Ausbildung zum Forstwirt sowie einer Weiterbildung zum Fachagrarwirt für Baumpflege hat er Arboristik in Göttingen studiert. Er unterrichtet als Dozent an der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Heidelberg angehende Fachagrarwirte für Baumpflege.

Sascha ist zu erreichen unter jillich@baumuntersuchung.eu.

Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite von Urban Tree Consulting.

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Dieses Interview ist Teil meiner Serie “Im Gespräch mit…” in der ich Menschen mit außergewöhnlichen Lebenswegen befrage, damit wir an ihren Einsichten und Inspirationen im eigenen  Business wachsen können.  Wenn Du jemanden aus Deinem Netzwerk vorschlagen möchtest, dessen Stimme gehört werden sollte, dann schreibe mich gerne an!

Im Gespräch mit: Lilli Mixich – über Freiheit

“Ich visualisiere meinen Glückspunkt – Das trägt mich zu diesem Ziel hin” 

Die Frau in bunten Kleidern und einem farbigen Zopf im weißblonden Haar fiel mir auf dem Festival für Afrika-Freunde sofort ins Auge. Eigentlich heißt sie Elisabeth Karolina Mixich und ist im tiefsten Bayern aufgewachsen. Schon in jungen Jahren selbstbewusst, hat sie sich nach dem Schlagervorbild ihrer Mutter, Lili Marleen, umbenannt. Den Nachnamen verdankt sie ihrem rumänischen Vater. Sie hat erst geheiratet, als es für Frauen möglich war, ihren eigenen Namen zu behalten. Während zahlreicher Besuche bei den Verwandten in Rumänien, kam sie mit dem „fahrenden Volk“ in Berührung, hat mit ihnen gerastet und am Feuer gesessen. Schon als Kind fand sie diese mobile Lebensweise im eigenen Fahrzeug faszinierend. Heute bereist sie als Frau alleine Afrika in ihrem 30 Jahre alten Toyota Land Cruiser. Als Social Media-Inspirer nimmt sie ihre Follower zu den einsamsten Plätzen und den wildesten Abenteuern mit.

Dein Pseudonym auf Facebook ist Lilli Pilli. Was hat es damit auf sich?

Ich bin Pharmazeutisch-Technische Assistentin (PTA) und habe gelernt Pillen zu drehen. In der Apotheke haben sie gesagt „Lilli Pilli, mach mal die Pillen!“ Als ich einen Facebook-Namen gesucht habe ist mir dieser alte Spitzname wieder eingefallen.

ELISABETH bedeutet übrigens „ich schwöre.“ Eine Elisabeth steht zu den Dingen die sie macht und übernimmt Verantwortung. KAROLINA bedeutet „die freie Frau“.  Ich finde interessant, wie der Name aufs Leben passt und auf das was einem wichtig ist. Bei mir jedenfalls ist der Name Programm.

Gab es ein Schlüsselerlebnis das dich zum Reisen gebracht hat?

Als ich meinen ersten Langzeitpartner Willi kennen gelernt habe, hatte dieser gerade eine Reise mit seinem VW-Käfer nach Venedig geplant und hat mich spontan eingeladen. Ich dachte „Bingo, das ist genau das Richtige!“ Vom Campingplatz aus habe ich über das Meer geschaut, diese Freiheit gespürt und gedacht: „Das ist das was ich will, das freie Leben, hinter den Horizont schauen! Ich will raus und wissen was hinter der nächsten Ecke kommt.“

Wie kommt es, dass du dich hauptsächlich in Afrika bewegst?

Willi und ich haben das Reisen zusammen entwickelt und entdeckt. Wir haben mehrere Afrika-Reisen unternommen und ich habe damals gefühlt: „Das ist mein Kontinent.“ Wir waren beide vom Afrika-Virus befallen. Es war wie „nach Hause kommen”. Die Schwarzafrikaner waren herzlich und humorvoll und ich habe mich angenommen gefühlt. Wir haben damals beschlossen „in den Sack“ zu hauen, alles aufzulösen, die Möbel unterzustellen und open-end zu reisen. Das war genau das, was ich schon immer wollte.

Hattest du nie Angst vor dem schwarzen Kontinent?

Ich bin neugierig und finde Ungewissheit spannend, solange sie mich nicht existenziell bedroht. Ich wollte z.B. auf der Michelin-Karte dort hin wo alle Wege aufhörten. Oder besser, wo inmitten des Urwalds im Zentrum des afrikanischen Kontinents ein kleines Stück Asphalt eingezeichnet war. Ich wollte wissen, warum in der Mitte von Nichts ein Stück Straße ist. Wir sind an dem Versuch allerdings gescheitert, weil wir in der Regenzeit unterwegs waren und die Pisten unpassierbar wurden.

Ich kenne aber auch den Kontrollverlust. Wir haben uns z.B. einmal in der Sahara verfahren und waren am „point of no return“, also an einem Ort (abseits der regulären Route) wo wir entscheiden mussten, ob wir umkehren oder weiterfahren – in der Hoffnung, die nächste Piste mit dem verbleibenden Sprit zu erreichen. Damals waren wir mit zwei Fahrzeugen unterwegs. Ich mit drei Männern. Und die Herren haben entschieden, dass wir weiterfahren. Da hatte ich tatsächlich Todesangst, weil ich das Gefühl hatte, dass die anderen über mein Leben entscheiden. In dem Moment hatte ich auch Angst vor der Ungewissheit. Es ist damals alles gut gegangen, wir haben die Haupt-Piste erreicht ohne Sprit von einem Fahrzeug ins andere umzupumpen, aber ich hatte die schlimmste Zeit meines Lebens.

Du hast in Südafrika gelebt, als Nelson Mandela zum Ministerpräsident gewählt wurde. Hast du diese Zeit als Moment der Befreiung für das Land erlebt?

Die Aufbruchsstimmung, die davon ausging, war in unserem Wohnviertel stark zu spüren, in Kaffees bei den Studenten und in den Theatern. In Downtown habe ich auf dem Weg zur Arbeit aber auch die Demonstrationen des ANC (African National Congress) miterlebt und wie mit Tränengas und Schusswaffen gegen die Demonstranten vorgegangen wurde.

Ich fand gut was damals passiert ist und habe mich selbst auch nie bedroht gefühlt. Wir sind den Menschen respektvoll begegnet und freundlich, daher hatte ich nie Grund  Angst zu haben. Vielleicht lag das auch daran, dass ich mich automatisch den Menschen angeschlossen habe die in dieser Zeit in Aufbruchsstimmung waren. Es gab unglaublich viel positive Energie und ein großes Potenzial. Da war so etwas wie eine Energie-Potenzierung spürbar, die fast größer war, als die Ereignisse selbst. Im englischen sagt man Vibes – Schwingungen. Ich finde das trifft es. Ich fand sehr spannend diesen Umbruch persönlich mitzuerleben.

Interessant fand ich auch, was damals in den Beziehungen zu den Nachbarländern passiert ist. Das rassistische Südafrika hatte bislang isoliert am Kap gelegen, weil niemand etwas mit ihnen zu tun haben wollte. Jetzt, nach dem Regierungswechsel wollten die Nachbarländer am Aufschwung partizipieren. Aber die Träger der Wirtschaftskraft, die ja immer noch hauptsächlich weiß waren, trauten sich nicht sich zu öffnen. Das war ein Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas.

Wenn ich jetzt durch Afrika fahre spüre ich manchmal noch diese Aufbruchsstimmung von damals, allerdings sind auch viele Entwicklungen ausgebremst worden. Was ich beobachte ist, dass durch die Erteilung der Berechtigung auf Ämter und Positionen in der Industrie – dem sogenannten Entitlement per Quote – viele Südafrikaner in Positionen kommen, für die sie weder eine Qualifikation noch ein echtes inhaltliches Interesse haben. Das hat der Entwicklung des Landes eher geschadet.

Zurück in Deutschland hast du mit deinem zweiten Partner zusammen den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Was war euer Erfolgskonzept?

Wir hatten beide sehr gute Reiseerfahrung und er konnte diese handwerklich umsetzen. Außerdem hatten wir eine Werkhalle und das Werkzeug. Das war im Grunde genommen das Startkapital für unser Business. Wir haben in der Selbstständigkeit aus unseren Begabungen ein Geschäft gemacht und so Alu-Star gegründet. Zunächst haben wir kleinere Geländewagen ausgebaut und dann große LKW zu Expeditionsmobilen umgebaut. Das hat eingeschlagen und war sehr erfolgreich. Warum? Weil wir mit unserer Erfahrung die Träume anderer Menschen zu Realität werden ließen. Menschen haben unsere Philosophie mitgekauft. Was ich daraus gelernt habe ist:

“Jeder der die Fähigkeit hat – aufgrund von Erfahrung und weil er etwas gerne tut – die Ideen, Wünsche und Vorstellungen anderer Leute aufzugreifen und zu realisieren, hat ein funktionierendes Geschäftsmodell. Wer anderen hilft, ihre Ideen zum Leben zu erwecken, der kann damit Geld verdienen.” – Lilli Mixich

Mit den LKW sind wir mit unserem Business allerdings in die Hochpreisschiene gerutscht und damit begann für uns das Problem, denn wir hatten Kunden mit viel Geld, die dachten sie kaufen nicht nur das perfekte Fahrzeug, sondern sie kaufen auch uns. Wenn sie unterwegs Probleme hatten, wollten sie uns einfliegen, statt ihr Fahrzeug selbst zu beherrschen. Wir mussten also viel von unserer Kraft, eigenen Energie und unserer Lebenszeit geben. Und dafür war uns das Leben dann doch zu kurz. Daher sind wir an dem Punkt als wir uns eigentlich hätten vergrößern müssen, mit 45 Jahren, ausgestiegen und waren danach 10 Jahre lang in der Welt unterwegs. Mit meinem zweiten Partner habe ich das Langzeitreisen perfektioniert.

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In deiner Lebensmitte kam die Krise und du hast sie als Chance zur persönlichen Freiheit genutzt. Wie kam es dazu?

Unsere Ehe scheiterte letztlich an sich ändernden Lebensvorstellungen. So haben wir uns schließlich getrennt. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass ich mit 55 Jahren alleine und mit wenig Geld dastehen würde. Ich hatte immer Ideen für uns beide gehabt oder für andere Leute. Jetzt stand ich vor der Situation dass ich mir zum ersten Mal für mich selbst überlegen musste was ich jetzt mache. Ich wusste nicht was ich kann und wozu ich fähig bin. Darüber hatte ich nie nachgedacht. In Konstellation mit anderen hatte ich bisher immer meine Talente eingebracht, aber ich war mir dieser Talente einfach nicht bewusst.

Jetzt wäre es natürlich eine Alternative gewesen wieder als PTA zu arbeiten. Zehn Jahre bis zur Rente. Dann verdienst du was, aber du musst da leben, wo du einen Job bekommst, ohne soziales Umfeld und kannst gerade deine Rechnungen bezahlen. Und an der Rente, bei der ich sowieso so große Lücken habe durch die Reisen, hätte sich kaum etwas geändert. Da dachte ich: “Nein, dann kannst du dich gleich erschießen!” Ich war 10 Jahre unabhängig unterwegs. Einen Job als Angestellte konnte ich mir nicht mehr vorstellen.

Also habe ich einen neuen Plan gemacht. Dabei war mein Motto: 1. „start where you are – beginne dort wo du bist.“  Wir hatten drei Autos auf drei Kontinenten. Das in Australien haben wir verkauft. Mein Partner hat das in Europa behalten und ich habe den Toyota Land Cruiser in Afrika übernommen. Der 2. Schritt war „use what you have – nutze was du zur Verfügung hast.“ Also war klar, ich mache meine Reisen jetzt in Afrika mit dem Toyota. Hier hat mir geholfen, dass ich einen sehr starken Willen habe. Und schließlich 3. „do what you can – tu was du kannst.“ Ich hatte immer Angst vor allem technischen und fahrtechnischen. Und ich war gut im Verdrängen. Aber dem Auto muss es gut gehen, denn das ist mein Vehikel für meine persönliche Freiheit. Also habe ich irgendwann die volle Verantwortung dafür übernommen und bin vorausschauender geworden. Das heißt nicht, dass ich jetzt Automechanikerin bin, ich mache mir nicht so gerne die Finger dreckig. Aber ich sorge dafür, dass der Wagen gut gewartet und in gutem technischen Zustand ist, so dass ich auch in abgelegene Gebiete fahren kann, ohne nochmal einen Kontrollverlust erleben zu müssen.

Die andere Seite ist: Das Poppo-Feeling das es braucht, um durch Sand oder Schlamm zu fahren, musst du selbst erleben, das kann dir niemand beibringen. Ich habe das mit 55 Jahren gelernt, weil ich jetzt auf dem Fahrersitz saß und selber stecken geblieben bin. Zu zweit ist das etwas anderes, weil man sich mental stützen kann. Ist ein Mann dabei, ist der meist kräftiger und kann anders agieren. Aber ich kann nicht bei 45 Grad ein Auto ausbuddeln. Also habe ich Angst davor, solche Strecken zu fahren. So bin ich gezwungen nach Lösungen zu suchen, z.B. indem ich mich für kurze Zeit einer Gruppe anschließe, um solche Strecken gemeinsam zu fahren.

“Wenn ich im Toyota sitze und das Steuer in der Hand halte bin ich an meinem Glückspunkt. Ich visualisiere das. Ich sehe die Landschaft vor mir. Meine mentale Stütze ist, dass ich das erreichen will. Und ich habe das Gefühl, dass diese Reisen mich und meine Persönlichkeit jetzt vervollständigen. Also kann ich nur vertrauen haben ins Leben und in die Menschen, die es gut mit mir meinen. Das trägt mich zu diesem Ziel hin.” – Lilli Mixich

Für viele Frauen ist die Börse ein Buch mit sieben Siegeln. Dein Finanzmodell war und ist auf Börsenkapital aufgebaut. Liebst du auch beim Thema Geld das Risiko?

Mein zweiter Partner und ich hatten über einen Finanzberater an der Börse spekuliert und dabei zwei Crashes miterlebt, den ersten bei 9/11 und den zweiten im Jahr 2008. Unser Kapital hat sich dadurch sehr reduziert und der Plan von den Zinsen zu leben hat natürlich nicht mehr funktioniert. Aber ich habe den Teil der für mich nach der Trennung übrig war wieder angelegt und dann unheimliches Glück gehabt.

Ich habe auch in Afrika mehrfach als Lodge Managerin gearbeitet und dabei genug Geld verdient, um weiter reisen zu können, ohne mein Kapital angreifen zu müssen.

Wenn ich irgendwo investieren will, dann schaue ich mir die Firma vorher an. Es gibt ja Kriterien nach denen man den Wert beurteilen kann. Das ist erlernbar. Meist beobachte ich die Firmen eine ganze Weile. Außerdem schaue ich, was für mich ethisch vertretbar ist. Goldminen oder seltene Erden sind z.B. etwas, worin ich niemals investieren würde, weil ich die Folgen davon in Afrika mitbekomme. Damit kann ich mich nicht identifizieren. Da ich aber aus der Pharmazie bin, investiere ich z.B. in Pharma-Werte. Ich investiere auch in Technologien der Zukunft oder Energien der Zukunft, Ideen die ich verstehen kann und an die ich glaube.

Für jemanden der nicht so gebunden sein will wie ich, für den ist der Kapitalmarkt perfekt, weil ich Geld einsetze, ohne viel dafür tun zu müssen. Wenn ich eine Immobilie hätte, dann müsste ich mich darum kümmern. Das lässt sich mit dem Reisen nur schwer vereinbaren. Ich hatte auch nie Versicherungen oder einen Sparvertrag, damit ich keine Fixkosten habe, die ich auch bedienen muss in Zeiten in denen ich nichts verdiene. Das lief allerdings eher unbewusst ab.

Du bist heute sehr erfolgreich auf Social Media aktiv. Welche Tipps hast du für Solo- und Kleinunternehmer die sich noch schwer tun?

Ich bin als Frau aus dem Schatten meines Mannes getreten, als wir uns getrennt haben. Zuvor hatte ich mich nie öffentlich gezeigt und mehr im Hintergrund gehalten. Als ich dann alleine war, war ich auf mich zurückgeworfen. Also musste ich erst einmal sehen  „Wer bin ich überhaupt?“ Einflüsse von außen haben mich darin bestärkt meinen Traum von Afrika zu leben und so habe ich auch angefangen, auf Social Media aktiv zu werden, mich zu zeigen. Zunächst erst wenig, über Facebook unter dem Pseudonym Lilli Pilli.

Am Anfang bestand meine „Community“ aus Menschen die ich kannte. Dann habe ich mich verbandelt mit Fotografen und anderen Globetrottern. Ich sehe meine „Timeline“ als Inspiration und deshalb verbinde ich mich auch mit Leuten, die mir diese Inspiration geben können.

Ich binde über meine Sichtbarkeit meine Follower ein in mein Leben. Manche sind dann so fasziniert von dem was ich tue, dass sie mir in schwierigen Situationen helfen, z.B. als ich neue Reifen brauchte. Da hat sich jemand angeboten Unterstützer zu finden, was auch geklappt hat. So werde ich dann auch in Orte eingeladen, in die man nicht so ohne weiteres kommt.

Ich finde es z.B. wichtig auf Facebook in Gruppen zu sein und sich dort auch zu engagieren. Inzwischen bin ich Mit-Administratorin für eine Gruppe deutschsprachiger Afrika-Reisender. Manche können sich in der Muttersprache doch besser verständlich machen. Und Ellen, ,eine andere allein reisende Frau, die ich in unterwegs in Afrika kennengelernt habe, hatte die Idee zu der Gruppe „Afrika auf eigene Faust“. Zusammen haben wir so viel Erfahrung und gute Kontakte, dass Gruppenmitglieder davon profitieren können.

Was bei mir auf Instagram am besten funktioniert sind Bilder von meinem archaisch anmutenden Auto und Aufnahmen von mir selbst. Ich finde ein Bild ohne persönliche Geschichte allerdings wertlos. Deshalb erzähle ich auf Instagram die Geschichte hinter dem Foto das ich poste, denn das bringt erst die Emotionalität. Das ist das, was die Leute mitnimmt. Ich klicke selbst bei den Accounts denen ich folge immer auf den Text, weil ich sehen will, was die Person zu dem Bild schreibt. Das macht die Aufnahme für mich erst spannend. Bilder ohne Text bekommen von mir keine Likes. Ich halte Geschichten zu erzählen (Storytelling) für ein sehr gutes Konzept, um Menschen auf sich aufmerksam zu machen.

Menschen kommen bei Instagram über die Hashtags auf dich, nicht über dein Profil. Daher ist es meiner Meinung nach auch wichtig so viele Hashtags wie möglich zu verwenden. Ich benutze immer die maximale Zahl von 30. Wenn mir Beiträge von anderen Menschen gefallen, dann fotografiere ich die Hashtags darunter ab und mache Recherche. Ich analysiere also z.B. wie viele Beiträge ein Hashtag schon hat. Gute Hashtags haben mehrere Tausend Beiträge. Bei Beiträgen im Millionen-Bereich wäge ich ab, ob ich sie benutze. Das kommt dann auf das Bild an. Ein Sonnenuntergang braucht nun mal den Hashtag “sunset”. Wichtig ist, dass die Hashtags zu dem passen, was ich mit dem Bild wirklich sagen will. Ich stelle damit auch eine Emotionalität her.

Ich habe Listen von Hashtags für verschiedene Szenarien die ich kontinuierlich benutze und immer wieder aktualisiere. Meine Kategorien sind: Auto, Landschaften, Wildlife und Selfies. Wenn es z.B. um das Auto geht, dann kommen Fahrzeug-spezifische Hashtags vor wie etwa “Toyota Land Cruiser” oder “4×4” oder “adventure”. Wenn ich auf dem Bild zu sehen bin, verwende ich z.B. “woman overlanding the world”.

Was ist dein Tipp für Menschen, die frei sein wollen so wie du, sich aber nicht trauen?

Ich bin ein Kontroll-Freak. Also habe ich mir zuerst den finanziellen Rahmen geschaffen, um meinen Traum zu verwirklichen, vor allem auch durch konsequentes Sparen. Ich pflege Minimalismus und überlege genau ob ich Dinge wirklich brauche. Vielleicht ist es hilfreich mit kleinen Schritten zu beginnen. Und dann kann ich empfehlen einen Termin zu setzen. Vieles ergibt sich auch einfach.

“Der Weg zeigt sich, wenn man ihn geht.”

Liebe Lilli, ich danke dir für dieses Gespräch!

Ja bitte, gerne!

Vorgestellt – Lilli Mixich

Auf den vom Elternhaus vorgegebenen Realschulabschluss folgte die Ausbildung zur Pharmazeutisch-Technischen Assistentin. Das Abitur hat Lilli im Tageskolleg in drei Jahren später nachgeholt.  Sie hat in diversen Jobs in unterschiedlichen Ländern in Afrika gearbeitet. Mit ihrem Ehemann zusammen betrieb sie in Deutschland die Firma Alu-Star. Seit sie 55 Jahre alt ist, lebt sie ihren persönlichen Traum von einem freien selbstbestimmten Leben als Vollzeitnomadin.

Ihr könnt ihren Abenteuern folgen: Auf Instagram ist sie als @lillitogo zu finden, auf Facebook als @Lilli Pilli.

Dieses Interview ist Teil meiner Serie “Im Gespräch mit…” von und für Menschen die inspirieren, quer denken, vernetzen, verändern und eine positive Einstellung ins Leben tragen.

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Heike Specht

Eine Chefredakteurin erzählt: Barcamps, Masterminds, Blogparaden – was soll das eigentlich alles?

In diesem Monat bloggt für Sie Angela (Gela) Löhr. Sie ist die Initiatorin, Herausgeberin und Chefredakteurin von LEMONDAYS. Mit diesem Online-Magazin möchte sie Frauen ab Vierzig unterstützen, inspirieren und vernetzen. Frisch und rebellisch. Weiblich und positiv. Mit femininer Weisheit für eine bessere Welt.

Die Tageszeitungen liegen mit frischen gelben Markierungen geordnet auf dem Schreibtisch, die Espressomaschine ist vorgewärmt und die Tasten der Redakteure klappern im vorgelagerten Großraumbüro schon seit Stunden um die Wette.

Spätestens seit Meryl Streep uns in „Der Teufel trägt Prada“ in den glamourösen Alltag der Zeitschriftenverlage hat schauen lassen, haben wir eine gewisse Vorstellung vom Leben einer Herausgeberin und Chefredakteurin.

Cut.

Montagmorgen, halb neun in Hamburg. Mein Blick fällt direkt auf die Rechnungen, die seit Tagen darauf warten, in die Finanzbuchhaltungssoftware einlesen zu werden. „Heute aber!“, denke ich, schnappe mir mein Notizbuch und schlappe in die Küche. Mit einem dampfenden Darjeeling bewaffnet, widme ich mich als erstes der To Do Liste. Direkt an der Küchentheke, weil sich an einem aufgeräumten Platz auch die Gedanken besser sortieren lassen.

Beim Durchsehen der aktuellen Projekte fällt mir wieder einmal auf, wie abwechslungsreich mein Chefredakteurinnen-Alltag ist. Ich konzipiere, schreibe, plane, telefoniere, brainstorme, redigiere, lektoriere, lese, lerne und rechne. Ab und an feiere ich auch, denn das gehört ebenfalls dazu.

Das Herzstück eines Magazins ist jedoch die Redaktion mit RedakteurInnen und GastautorInnen und dem großen Redaktionsplan, mit seinen Monatsthemen und einzelnen Artikeln.

Wenn ich mich in den LEMONDAYS Redaktionsplan vertiefe, bin ich in meinem Element. Ich liebe es, mir gute Themen und konkrete Artikel für unsere Leserinnen zu überlegen, Ideen für neue Bereiche im Magazin zu entwickeln, brandneue Projekte zu konzipieren und LEMONDAYS in meinem Kopf bis über Brigitte Women und Donna hinaus wachsen zu lassen. (Ja, Träume sollten zugelassen und aufgeschrieben werden!)

Fast noch lieber mag ich es allerdings, wenn ich dabei nicht still in meinem Kämmerlein meine Gedanken Pingpong spielen lasse, sondern mir ein echtes Gegenüber auch mal die ehrliche Meinung zu so manch spinnerter Idee geigt.

Zusammen ist man nämlich nicht nur weniger allein, sondern kann auch mehr bewegen. Viel schneller. Und einfach besser.

Für Online-Unternehmer gibt es viele Möglichkeiten, zusammen zu arbeiten oder sogar geschäftlich zu kooperieren.

Einige Kooperationsideen, mit denen ich gute Erfahrungen gesammelt habe, stelle ich  hier vor:

Mastermind-Gruppen

In Mastermind-Gruppen treffen sich Selbstständige, die sich zu ihren geschäftlichen Themen austauschen wollen. Sie erzählen sich von ihren aktuellen Projekten, geben einander Feedback und helfen auf jedwede mögliche Art. Die Treffen erfolgen regelmäßig oder unregelmäßig, persönlich oder per Videokonferenz.

Meine Empfehlung für Mastermind-Gruppen ist, sich Menschen zu suchen, die nicht unbedingt genauso ticken wie man selbst. Das mag durchaus herausfordernd sein, öffnet aber den Blick für manch neue Sichtweise. Wer sich mit seinem Business weiterentwickeln möchte, sollte auch Mastermind-Partner haben, die vielleicht schon einen Schritt weiter sind als man selbst. Der Mix macht´s.

Facebook-Gruppen

Mit persönlich geführten Facebook-Gruppen mache ich immer wieder sehr gute Erfahrungen, um schnell Antworten auf – besonders technische – Fragen zu bekommen. Dabei ist entscheidend, die richtigen Gruppe zu finden, in der Fragen willkommen sind und sich gern gegenseitig unterstützt wird. Gegenseitig meint hier, nicht nur selbst Fragen zu stellen, sondern sich auch mit hilfreichen Beiträgen zu fremden Fragen einzubringen und die Wünsche des Gruppenbetreibers unbedingt zu akzeptieren.

Eine Gruppe zu führen, bedeutet viel Engagement und verfolgt immer auch einen bestimmten (Geschäfts-)Zweck. Erkenntlich und dankbar zeigen kann man sich übrigens beim Gruppenbetreiber neben dem Kauf seiner Angebote auch mit einer positiven Bewertung.

Achtung: Wie bei allen Aktivitäten in Social Media Kanälen besteht die Gefahr der Verzettelitis. Daher unbedingt die Zeit im Auge behalten und gegebenenfalls vorab limitieren.

Netzwerktreffen, Barcamps und andere Offline-Events

Online-Menschen treffen sich manchmal auch draußen in der realen Welt. Es gibt klassische Netzwerktreffen, zu denen über die sozialen Medien eingeladen wird und die oft mit einem ausgiebigen Frühstück oder abendlichen Restaurantbesuch verbunden sind. Die Teilnehmer stellen sich einander vor und überlegen, wie sie sich in ihrem Business gegenseitig unterstützen können. Manche Netzwerktreffen haben ein Rahmenprogramm wie fachliche Impulsvorträge, Mini-Workshops oder integriertes Masterminden.

Barcamps sind sogenannte Un-Konferenzen. Ganz im Gegensatz zu einer klassischen Konferenz gibt es keine feste Agenda mit vorab terminierten Fachvorträgen oder Workshops. Zu Beginn eines Barcamps stellen Teilnehmer, die zu einer sogenannten Session einladen wollen, Thema und Ziel dieser Session vor und sehen dann, ob und wie viele Interessenten zur festgelegten Zeit kommen. Sessions müssen nicht zwingend Vorträge oder Workshops sein, auch offene Diskussionsrunden zu einem bestimmten Thema sind gern gesehen.

Andere Offline-Events können beispielsweise Kongresse sein, auf denen es Keynotes (Inspirations- oder Motivationsvorträge), fachliche Referate oder auch praktische Workshops gibt. Viele Kongresse oder auch Messen für Online-Unternehmer haben heutzutage einen starken Eventcharakter mit gutem Unterhaltungswert, zum Beispiel Entertainment-Abende.

Kooperationen

Viele Selbstständige aus der digitalen Branche setzen inzwischen  auf Kooperationen, das heißt, sie arbeiten geschäftlich zusammen. Eine Kooperation kann dabei zeitlich begrenzt sein, ausschließlich auf ein gemeinsames Projekt bezogen oder beides. Einfache Kooperationen sind beispielsweise Gastartikel oder Blogparaden.

Gastartikel

Gastartikel selbst zu schreiben oder Artikel von anderen im eigenen Blog/Magazin zu veröffentlichen ist für viele Online-Unternehmer die erste Art der Kooperation. Wer einen Gastartikel schreiben möchte, fragt mit einem konkreten Themenvorschlag oder am besten mit einem ausführlichen Artikel-Exposé beim Blogger seiner Wahl an.

Wer die Anfrage erhält, sollte sich über die Bedingungen für Gastartikel im eigenen Blog/Magazin im Klaren sein und diese auch (schriftlich) kommunizieren. Nur dann können beide Seiten entscheiden, ob die Kooperation passt. Es ist das Recht jedes Blog-/Magazinherausgebers, Gastbeiträge abzulehnen. Gastbeiträge aufzunehmen ist übrigens aufwändiger, als es von außen aussieht, aber das ist ein anderes Thema. Und weil wir vorhin schon über das Give & Take sprachen: Auch ein Gastautor sollte sich überlegen, wie er die Kooperation maximal unterstützen kann.

Blogparaden

Blogparaden sind ebenfalls eine gute Möglichkeit zur Kooperation. Sie dienen genau wie Gastbeiträge der Vernetzung, Sichtbarkeit und Stärkung der eigenen Expertise. Eine Blogparade hat ein großes Thema, zu dem der Gastgeber dieser Blogparade offiziell einlädt und den Zeitrahmen und Ablauf kommuniziert. Wer mitmachen möchte, schreibt seinen Beitrag im eigenen Blog und kommuniziert den Link entsprechend der Vorgaben an den Host der Blogparade.

In unserem Magazin LEMONDAYS findet jeden Herbst eine fest organisierte Blogparade statt. Zur Blogparade im vergangenen Jahr hat Heike selbst sich dem Thema „Sex, Drugs & Rock´n Roll“ gewidmet. Im kommenden Herbst wird es in unserer Blogparade um das Thema „Wohlfühlgewicht in den Wechseljahren“ gehen. Wer als Autor gern teilnehmen würde, kann sich ab sofort per eMail bei uns melden redaktion@lemondays.de

Und wer ausführlicher lesen möchte, wie Blogparaden funktionieren und wann sie sinnvoll sind, dem empfehle ich den Artikel meiner geschätzten Online-Kollegin Birgit Schultz „Was ist eigentlich eine Blogparade? Chancen und Risiken…

Gemeinsame Produkte

Wenn es thematisch passt und die Chemie stimmt, bieten sich auch tiefergehende Kooperationen an. Ich kenne Kollegen, die sehr erfolgreich Online-Kurse oder Wochenend-Workshops gemeinsam durchführen.

Der große Vorteil ist, dass mit einer solchen Kooperation alle Ressourcen nahezu verdoppelt werden. Zu zweit kann mehr Zeit in die Vorbereitung gesteckt werden, der Verkauf läuft intensiver und gleichzeitig an ein größeres Publikum und zudem macht die Durchführung gemeinsam viel mehr Spaß. Und nicht zu vergessen: Wenn man sich optimal ergänzt, vergrößert sich auch das fachliche KnowHow und das Angebot wird für den Kunden attraktiver.

Fazit

Kooperationen sind großartig, um Einzelkämpfer erfolgreiche Unternehmen aufbauen zu lassen. Ein Online-Business bietet vielfältige Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Wer strategisch denkt, wird die passenden Ideen finden und seine Chancen somit vervielfältigen. Und wer gedanklich flexibel bleibt, wird auch wissen, wann es Zeit für einen Wechsel ist. Ob Mastermind-Partner oder gemeinsamer Workshop – nichts muss für immer sein. Hinter allen Entscheidungen sollte die Frage stehen, ob diese Kooperation mir und meinem Business genau jetzt guttut.

Meine große LEMONDAYS Vision führt mich definitiv nicht in einen Alltag wie in „Der Teufel trägt Prada“. Die Zusammenarbeit mit Experten wie Redakteuren, Gastautoren, Technikspezialisten, Grafikdesignern, Steuer- und Rechtsberatern, usw. ist jedoch auch für mich einer der größten Erfolgsfaktoren. In Fettnäpfchen bin ich dabei auch schon getreten und Fehler mache ich auch. Für mich entscheidend ist jedoch die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren und uns und unsere Arbeit gegenseitig wertschätzen. Jede Kooperation kann beflügeln und stärken.

Von Herzen,

Gela Löhr

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