Mein Abend mit Tom Hanks – Wie VIPs dir helfen dein Unternehmen bekannt zu machen

Blitzlicht-Gewitter, Tom Hanks betritt die Bühne. Es ist nicht sein erster Oscar, aber die Rührung ist echt. Er findet blumige Worte des Dankes für seinen Regisseur, für seine Frau und – für mich – seine Kommunikationsberaterin!
Ich erhebe mich mit Tränen in den Augen und verneige mich vor der versammelten Hollywood-Elite. Mit zittriger Hand greife ich nach der Stuhllehne hinter mir. In diesem Moment poltert die Nachttischlampe zu Boden. Augenaufschlag – ich liege in meinem Bett in Sinzheim, Deutschland und wische mir ein bisschen verlegen die letzten Tränen aus dem Gesicht. Leider nur ein Traum, aber das wäre was: Eine Empfehlung von Tom Hanks für mein Business!

Du kennst diese Gedanken sicher auch: „Ich habe so tolle Angebote und kaum jemand weiß davon.“ „Ich kann doch nicht den ganzen Tag auf Social Media verbringen, dann komme ich ja zu sonst nichts mehr.“ „Was kann ich denn nur tun, um bekannter zu werden?“ Die gute Nachricht ist: Du musst gar nicht alleine kommunizieren, du hast Helfer. Der Batman unter den Helfern ist der MultiplikatorMultiplikatoren sind Beschleuniger für deine Geschichten. Sie wirken wie ein Megafon, weil sie über ihren Status, über ihre Expertise oder ihren Bekanntheitsgrad sehr viele Menschen erreichen können. Tom Hanks ist zugegeben ein sehr hochfliegendes Beispiel. Daher schauen wir uns einmal genauer an, wer realistisch zu deinen Multiplikatoren gehört.

In der Public Relations unterscheiden wir zwei Formen von Multiplikatoren: Meinungsbildner und Meinungsmittler.

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Meinungsbildner – Vorbilder denen wir vertrauen

Meinungsbildner oder auch Meinungsführer sind Menschen mit hohem Ansehen und großer Glaubwürdigkeit. Es sind Vorbilder, denen wir gerne zuhören, deren Urteil Gewicht hat, deren Wort man Vertrauen schenkt. Daher lohnt es sich, sie von der eigenen Sache zu überzeugen.

Du hast sicher im Zusammenhang mit Social Media schon den Begriff Influencer gehört. Das sind Meinungsbildner im Online-Bereich mit vielen Followern. Wenn sie zu einem Thema Stellung nehmen, hat das Einfluss auf die Meinung vieler anderer.

Ein anderer Begriff ist Opinion Leader oder Key Opinion Leader. Damit sind Menschen gemeint, die in ihrem Themengebiet als Koryphäe angesehen werden. Ihnen traut man zu, dass sie neue Entwicklungen in den größeren Zusammenhang einordnen und Erfolge von Neuerungen einschätzen können. Jeder Bereich hat seine eigenen Opinion Leader. Ein aktuelles Beispiel aus der Medizin wäre der Virologe Christian Drosten, der uns auf allen Kanälen durch die Corona-Krise begleitet hat.

Wahrscheinlich kennst du viele Meinungsbildner aus deinem Bereich schon, weil du selbst von ihnen inspiriert bist. Sonst genügt ein Blick in die einschlägige Fachliteratur, um die Top 5 herauszufinden. Schau dir an, wer zu deinem Themenbereich Bücher schreibt. Wer wird von Journalisten zum Interview gebeten? Wer spricht auf Messen und Kongressen? Für den online-Bereich gibt es hilfreiche Tools, um Influencer nach Branchen ausfindig zu machen, z.B. https://www.influma.com

Überlege,wie du diese Menschen für deine Sache gewinnen kannst. Eine mögliche Variante ist die Zusammenarbeit an einem Projekt. Ein Beispiel aus der Pharmabranche: Renommierte Ärzte sind klassische Key Opinion Leader. Sie werden gerne angesprochen, um klinische Studien durchzuführen. Der KOL präsentiert die Ergebnisse der Studie am Ende anderen Ärzten auf einem internationalen Kongress. So erreichen die Daten über eine einzige Veranstaltung tausende potenzieller Kunden.

Eine Bewertung deiner Leistung durch Meinungsbildner ist eine weitere Möglichkeit, um auf dich aufmerksam zu machen. Bist du z.B. Autorin und hast ein neues Buch veröffentlicht, dann kannst du dieses an Influencer verschicken und sie um eine Rezension bitten. Diese wird im besten Fall auf deinem Kanal, auf dem Kanal des Influencers selbst und auf dem Portal über das du verkaufst (beispielsweise Amazon) veröffentlicht. Das schafft Reichweite.

Schließlich ist denkbar, den Meinungsführer um Rat zu fragen. Experten sind freigiebiger mit ihrem Wissen, als man gemeinhin vermutet. Ein Beratergremium ist in vielen Branchen üblich. Wer auf Basis dieses Experten-Inputs eine Neuentwicklung herausbringt, die den Markt von hinten aufrollt, kann sich der Öffentlichkeitswirkung sicher sein.

Meinungsmittler – Sprungbrett von dir zu deinen Kunden

Die zweite Form des Multiplikators ist der Meinungsmittler. Unter diesem Begriff werden Menschen zusammengefasst, die Informationen z.B. in Form von Meinungen oder Nachrichten verbreiten. Dazu zählen Journalisten, Blogger, Podcaster aber auch Fachgesellschaften, Selbsthilfegruppen, Verbände und Organisationen oder andere Gruppen, die einen gemeinsamen Interessenschwerpunkt vertreten.

Mach dir die Mühe herauszufinden, wer für deine Themen von Bedeutung ist und fertige Kontaktlisten an. Für Journalisten existieren Datenbanken nach Themengebieten, so genannte Verteiler. Das Standardwerk ist der Zimpel (https://www.zimpel.de) Aber auch Agenturen oder selbstständige Kommunikationsberater verfügen über solche Listen und belastbare Kontakte zu den Meinungsmittlern, die du nutzen kannst.

Wichtig für Multiplikatoren ist nicht nur die proaktive Information, sondern auch das Zuhören. Halte deinen Kanal für sie offen. Du tust gut daran, regelmäßig Kontakt zu diesem Personenkreis zu pflegen, damit du auf ihre Unterstützung zählen kannst, wenn es zählt.

 Fazit: Ein belastbares Netzwerk aus Multiplikatoren hilft, dich in der Kommunikation zu entlasten und erhöht deine Sichtbarkeit. Vielleicht wäre es ein gutes Businessziel für dich, dein Netzwerk aus Multiplikatoren in den nächsten Monaten auszubauen.

Ich habe Tom Hanks übrigens noch nie getroffen, auch wenn er zu meinen großen Vorbildern zählt. Aber ich habe unlängst einen langen Brief an Michelle Obama geschrieben, weil ich auf ihre Stimme bei einem meiner aktuellen Herzensprojekte zähle. Warum ich dir das sage? Weil es dir zeigen soll, dass du keine Angst haben musst, den ersten Schritt zu tun, denn…

„Der schlechteste Kontakt zu einem Multiplikator ist der, den es nie gegeben hat!“ 

Meine Checkliste mit den wichtigsten Fragen für dein persönliches Multiplikator-Netzwerk unterstützt dich dabei:

Du kannst sie hier herunterladen. Wenn du aber sagst: „Ich verstehe, dass dies wichtig ist, doch mir fehlt der Zugang“, dann biete ich dir meine Hilfe an.

Bis dahin – gutes Gelingen bei allem, was du gerade anpackst!

Heike

Im Gespräch mit: Lilli Mixich – über Freiheit

“Ich visualisiere meinen Glückspunkt – Das trägt mich zu diesem Ziel hin” 

Die Frau in bunten Kleidern und einem farbigen Zopf im weißblonden Haar fiel mir auf dem Festival für Afrika-Freunde sofort ins Auge. Eigentlich heißt sie Elisabeth Karolina Mixich und ist im tiefsten Bayern aufgewachsen. Schon in jungen Jahren selbstbewusst, hat sie sich nach dem Schlagervorbild ihrer Mutter, Lili Marleen, umbenannt. Den Nachnamen verdankt sie ihrem rumänischen Vater. Sie hat erst geheiratet, als es für Frauen möglich war, ihren eigenen Namen zu behalten. Während zahlreicher Besuche bei den Verwandten in Rumänien, kam sie mit dem „fahrenden Volk“ in Berührung, hat mit ihnen gerastet und am Feuer gesessen. Schon als Kind fand sie diese mobile Lebensweise im eigenen Fahrzeug faszinierend. Heute bereist sie als Frau alleine Afrika in ihrem 30 Jahre alten Toyota Land Cruiser. Als Social Media-Inspirer nimmt sie ihre Follower zu den einsamsten Plätzen und den wildesten Abenteuern mit.

Dein Pseudonym auf Facebook ist Lilli Pilli. Was hat es damit auf sich?

Ich bin Pharmazeutisch-Technische Assistentin (PTA) und habe gelernt Pillen zu drehen. In der Apotheke haben sie gesagt „Lilli Pilli, mach mal die Pillen!“ Als ich einen Facebook-Namen gesucht habe ist mir dieser alte Spitzname wieder eingefallen.

ELISABETH bedeutet übrigens „ich schwöre.“ Eine Elisabeth steht zu den Dingen die sie macht und übernimmt Verantwortung. KAROLINA bedeutet „die freie Frau“.  Ich finde interessant, wie der Name aufs Leben passt und auf das was einem wichtig ist. Bei mir jedenfalls ist der Name Programm.

Gab es ein Schlüsselerlebnis das dich zum Reisen gebracht hat?

Als ich meinen ersten Langzeitpartner Willi kennen gelernt habe, hatte dieser gerade eine Reise mit seinem VW-Käfer nach Venedig geplant und hat mich spontan eingeladen. Ich dachte „Bingo, das ist genau das Richtige!“ Vom Campingplatz aus habe ich über das Meer geschaut, diese Freiheit gespürt und gedacht: „Das ist das was ich will, das freie Leben, hinter den Horizont schauen! Ich will raus und wissen was hinter der nächsten Ecke kommt.“

Wie kommt es, dass du dich hauptsächlich in Afrika bewegst?

Willi und ich haben das Reisen zusammen entwickelt und entdeckt. Wir haben mehrere Afrika-Reisen unternommen und ich habe damals gefühlt: „Das ist mein Kontinent.“ Wir waren beide vom Afrika-Virus befallen. Es war wie „nach Hause kommen”. Die Schwarzafrikaner waren herzlich und humorvoll und ich habe mich angenommen gefühlt. Wir haben damals beschlossen „in den Sack“ zu hauen, alles aufzulösen, die Möbel unterzustellen und open-end zu reisen. Das war genau das, was ich schon immer wollte.

Hattest du nie Angst vor dem schwarzen Kontinent?

Ich bin neugierig und finde Ungewissheit spannend, solange sie mich nicht existenziell bedroht. Ich wollte z.B. auf der Michelin-Karte dort hin wo alle Wege aufhörten. Oder besser, wo inmitten des Urwalds im Zentrum des afrikanischen Kontinents ein kleines Stück Asphalt eingezeichnet war. Ich wollte wissen, warum in der Mitte von Nichts ein Stück Straße ist. Wir sind an dem Versuch allerdings gescheitert, weil wir in der Regenzeit unterwegs waren und die Pisten unpassierbar wurden.

Ich kenne aber auch den Kontrollverlust. Wir haben uns z.B. einmal in der Sahara verfahren und waren am „point of no return“, also an einem Ort (abseits der regulären Route) wo wir entscheiden mussten, ob wir umkehren oder weiterfahren – in der Hoffnung, die nächste Piste mit dem verbleibenden Sprit zu erreichen. Damals waren wir mit zwei Fahrzeugen unterwegs. Ich mit drei Männern. Und die Herren haben entschieden, dass wir weiterfahren. Da hatte ich tatsächlich Todesangst, weil ich das Gefühl hatte, dass die anderen über mein Leben entscheiden. In dem Moment hatte ich auch Angst vor der Ungewissheit. Es ist damals alles gut gegangen, wir haben die Haupt-Piste erreicht ohne Sprit von einem Fahrzeug ins andere umzupumpen, aber ich hatte die schlimmste Zeit meines Lebens.

Du hast in Südafrika gelebt, als Nelson Mandela zum Ministerpräsident gewählt wurde. Hast du diese Zeit als Moment der Befreiung für das Land erlebt?

Die Aufbruchsstimmung, die davon ausging, war in unserem Wohnviertel stark zu spüren, in Kaffees bei den Studenten und in den Theatern. In Downtown habe ich auf dem Weg zur Arbeit aber auch die Demonstrationen des ANC (African National Congress) miterlebt und wie mit Tränengas und Schusswaffen gegen die Demonstranten vorgegangen wurde.

Ich fand gut was damals passiert ist und habe mich selbst auch nie bedroht gefühlt. Wir sind den Menschen respektvoll begegnet und freundlich, daher hatte ich nie Grund  Angst zu haben. Vielleicht lag das auch daran, dass ich mich automatisch den Menschen angeschlossen habe die in dieser Zeit in Aufbruchsstimmung waren. Es gab unglaublich viel positive Energie und ein großes Potenzial. Da war so etwas wie eine Energie-Potenzierung spürbar, die fast größer war, als die Ereignisse selbst. Im englischen sagt man Vibes – Schwingungen. Ich finde das trifft es. Ich fand sehr spannend diesen Umbruch persönlich mitzuerleben.

Interessant fand ich auch, was damals in den Beziehungen zu den Nachbarländern passiert ist. Das rassistische Südafrika hatte bislang isoliert am Kap gelegen, weil niemand etwas mit ihnen zu tun haben wollte. Jetzt, nach dem Regierungswechsel wollten die Nachbarländer am Aufschwung partizipieren. Aber die Träger der Wirtschaftskraft, die ja immer noch hauptsächlich weiß waren, trauten sich nicht sich zu öffnen. Das war ein Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas.

Wenn ich jetzt durch Afrika fahre spüre ich manchmal noch diese Aufbruchsstimmung von damals, allerdings sind auch viele Entwicklungen ausgebremst worden. Was ich beobachte ist, dass durch die Erteilung der Berechtigung auf Ämter und Positionen in der Industrie – dem sogenannten Entitlement per Quote – viele Südafrikaner in Positionen kommen, für die sie weder eine Qualifikation noch ein echtes inhaltliches Interesse haben. Das hat der Entwicklung des Landes eher geschadet.

Zurück in Deutschland hast du mit deinem zweiten Partner zusammen den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Was war euer Erfolgskonzept?

Wir hatten beide sehr gute Reiseerfahrung und er konnte diese handwerklich umsetzen. Außerdem hatten wir eine Werkhalle und das Werkzeug. Das war im Grunde genommen das Startkapital für unser Business. Wir haben in der Selbstständigkeit aus unseren Begabungen ein Geschäft gemacht und so Alu-Star gegründet. Zunächst haben wir kleinere Geländewagen ausgebaut und dann große LKW zu Expeditionsmobilen umgebaut. Das hat eingeschlagen und war sehr erfolgreich. Warum? Weil wir mit unserer Erfahrung die Träume anderer Menschen zu Realität werden ließen. Menschen haben unsere Philosophie mitgekauft. Was ich daraus gelernt habe ist:

“Jeder der die Fähigkeit hat – aufgrund von Erfahrung und weil er etwas gerne tut – die Ideen, Wünsche und Vorstellungen anderer Leute aufzugreifen und zu realisieren, hat ein funktionierendes Geschäftsmodell. Wer anderen hilft, ihre Ideen zum Leben zu erwecken, der kann damit Geld verdienen.” – Lilli Mixich

Mit den LKW sind wir mit unserem Business allerdings in die Hochpreisschiene gerutscht und damit begann für uns das Problem, denn wir hatten Kunden mit viel Geld, die dachten sie kaufen nicht nur das perfekte Fahrzeug, sondern sie kaufen auch uns. Wenn sie unterwegs Probleme hatten, wollten sie uns einfliegen, statt ihr Fahrzeug selbst zu beherrschen. Wir mussten also viel von unserer Kraft, eigenen Energie und unserer Lebenszeit geben. Und dafür war uns das Leben dann doch zu kurz. Daher sind wir an dem Punkt als wir uns eigentlich hätten vergrößern müssen, mit 45 Jahren, ausgestiegen und waren danach 10 Jahre lang in der Welt unterwegs. Mit meinem zweiten Partner habe ich das Langzeitreisen perfektioniert.

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In deiner Lebensmitte kam die Krise und du hast sie als Chance zur persönlichen Freiheit genutzt. Wie kam es dazu?

Unsere Ehe scheiterte letztlich an sich ändernden Lebensvorstellungen. So haben wir uns schließlich getrennt. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass ich mit 55 Jahren alleine und mit wenig Geld dastehen würde. Ich hatte immer Ideen für uns beide gehabt oder für andere Leute. Jetzt stand ich vor der Situation dass ich mir zum ersten Mal für mich selbst überlegen musste was ich jetzt mache. Ich wusste nicht was ich kann und wozu ich fähig bin. Darüber hatte ich nie nachgedacht. In Konstellation mit anderen hatte ich bisher immer meine Talente eingebracht, aber ich war mir dieser Talente einfach nicht bewusst.

Jetzt wäre es natürlich eine Alternative gewesen wieder als PTA zu arbeiten. Zehn Jahre bis zur Rente. Dann verdienst du was, aber du musst da leben, wo du einen Job bekommst, ohne soziales Umfeld und kannst gerade deine Rechnungen bezahlen. Und an der Rente, bei der ich sowieso so große Lücken habe durch die Reisen, hätte sich kaum etwas geändert. Da dachte ich: “Nein, dann kannst du dich gleich erschießen!” Ich war 10 Jahre unabhängig unterwegs. Einen Job als Angestellte konnte ich mir nicht mehr vorstellen.

Also habe ich einen neuen Plan gemacht. Dabei war mein Motto: 1. „start where you are – beginne dort wo du bist.“  Wir hatten drei Autos auf drei Kontinenten. Das in Australien haben wir verkauft. Mein Partner hat das in Europa behalten und ich habe den Toyota Land Cruiser in Afrika übernommen. Der 2. Schritt war „use what you have – nutze was du zur Verfügung hast.“ Also war klar, ich mache meine Reisen jetzt in Afrika mit dem Toyota. Hier hat mir geholfen, dass ich einen sehr starken Willen habe. Und schließlich 3. „do what you can – tu was du kannst.“ Ich hatte immer Angst vor allem technischen und fahrtechnischen. Und ich war gut im Verdrängen. Aber dem Auto muss es gut gehen, denn das ist mein Vehikel für meine persönliche Freiheit. Also habe ich irgendwann die volle Verantwortung dafür übernommen und bin vorausschauender geworden. Das heißt nicht, dass ich jetzt Automechanikerin bin, ich mache mir nicht so gerne die Finger dreckig. Aber ich sorge dafür, dass der Wagen gut gewartet und in gutem technischen Zustand ist, so dass ich auch in abgelegene Gebiete fahren kann, ohne nochmal einen Kontrollverlust erleben zu müssen.

Die andere Seite ist: Das Poppo-Feeling das es braucht, um durch Sand oder Schlamm zu fahren, musst du selbst erleben, das kann dir niemand beibringen. Ich habe das mit 55 Jahren gelernt, weil ich jetzt auf dem Fahrersitz saß und selber stecken geblieben bin. Zu zweit ist das etwas anderes, weil man sich mental stützen kann. Ist ein Mann dabei, ist der meist kräftiger und kann anders agieren. Aber ich kann nicht bei 45 Grad ein Auto ausbuddeln. Also habe ich Angst davor, solche Strecken zu fahren. So bin ich gezwungen nach Lösungen zu suchen, z.B. indem ich mich für kurze Zeit einer Gruppe anschließe, um solche Strecken gemeinsam zu fahren.

“Wenn ich im Toyota sitze und das Steuer in der Hand halte bin ich an meinem Glückspunkt. Ich visualisiere das. Ich sehe die Landschaft vor mir. Meine mentale Stütze ist, dass ich das erreichen will. Und ich habe das Gefühl, dass diese Reisen mich und meine Persönlichkeit jetzt vervollständigen. Also kann ich nur vertrauen haben ins Leben und in die Menschen, die es gut mit mir meinen. Das trägt mich zu diesem Ziel hin.” – Lilli Mixich

Für viele Frauen ist die Börse ein Buch mit sieben Siegeln. Dein Finanzmodell war und ist auf Börsenkapital aufgebaut. Liebst du auch beim Thema Geld das Risiko?

Mein zweiter Partner und ich hatten über einen Finanzberater an der Börse spekuliert und dabei zwei Crashes miterlebt, den ersten bei 9/11 und den zweiten im Jahr 2008. Unser Kapital hat sich dadurch sehr reduziert und der Plan von den Zinsen zu leben hat natürlich nicht mehr funktioniert. Aber ich habe den Teil der für mich nach der Trennung übrig war wieder angelegt und dann unheimliches Glück gehabt.

Ich habe auch in Afrika mehrfach als Lodge Managerin gearbeitet und dabei genug Geld verdient, um weiter reisen zu können, ohne mein Kapital angreifen zu müssen.

Wenn ich irgendwo investieren will, dann schaue ich mir die Firma vorher an. Es gibt ja Kriterien nach denen man den Wert beurteilen kann. Das ist erlernbar. Meist beobachte ich die Firmen eine ganze Weile. Außerdem schaue ich, was für mich ethisch vertretbar ist. Goldminen oder seltene Erden sind z.B. etwas, worin ich niemals investieren würde, weil ich die Folgen davon in Afrika mitbekomme. Damit kann ich mich nicht identifizieren. Da ich aber aus der Pharmazie bin, investiere ich z.B. in Pharma-Werte. Ich investiere auch in Technologien der Zukunft oder Energien der Zukunft, Ideen die ich verstehen kann und an die ich glaube.

Für jemanden der nicht so gebunden sein will wie ich, für den ist der Kapitalmarkt perfekt, weil ich Geld einsetze, ohne viel dafür tun zu müssen. Wenn ich eine Immobilie hätte, dann müsste ich mich darum kümmern. Das lässt sich mit dem Reisen nur schwer vereinbaren. Ich hatte auch nie Versicherungen oder einen Sparvertrag, damit ich keine Fixkosten habe, die ich auch bedienen muss in Zeiten in denen ich nichts verdiene. Das lief allerdings eher unbewusst ab.

Du bist heute sehr erfolgreich auf Social Media aktiv. Welche Tipps hast du für Solo- und Kleinunternehmer die sich noch schwer tun?

Ich bin als Frau aus dem Schatten meines Mannes getreten, als wir uns getrennt haben. Zuvor hatte ich mich nie öffentlich gezeigt und mehr im Hintergrund gehalten. Als ich dann alleine war, war ich auf mich zurückgeworfen. Also musste ich erst einmal sehen  „Wer bin ich überhaupt?“ Einflüsse von außen haben mich darin bestärkt meinen Traum von Afrika zu leben und so habe ich auch angefangen, auf Social Media aktiv zu werden, mich zu zeigen. Zunächst erst wenig, über Facebook unter dem Pseudonym Lilli Pilli.

Am Anfang bestand meine „Community“ aus Menschen die ich kannte. Dann habe ich mich verbandelt mit Fotografen und anderen Globetrottern. Ich sehe meine „Timeline“ als Inspiration und deshalb verbinde ich mich auch mit Leuten, die mir diese Inspiration geben können.

Ich binde über meine Sichtbarkeit meine Follower ein in mein Leben. Manche sind dann so fasziniert von dem was ich tue, dass sie mir in schwierigen Situationen helfen, z.B. als ich neue Reifen brauchte. Da hat sich jemand angeboten Unterstützer zu finden, was auch geklappt hat. So werde ich dann auch in Orte eingeladen, in die man nicht so ohne weiteres kommt.

Ich finde es z.B. wichtig auf Facebook in Gruppen zu sein und sich dort auch zu engagieren. Inzwischen bin ich Mit-Administratorin für eine Gruppe deutschsprachiger Afrika-Reisender. Manche können sich in der Muttersprache doch besser verständlich machen. Und Ellen, ,eine andere allein reisende Frau, die ich in unterwegs in Afrika kennengelernt habe, hatte die Idee zu der Gruppe „Afrika auf eigene Faust“. Zusammen haben wir so viel Erfahrung und gute Kontakte, dass Gruppenmitglieder davon profitieren können.

Was bei mir auf Instagram am besten funktioniert sind Bilder von meinem archaisch anmutenden Auto und Aufnahmen von mir selbst. Ich finde ein Bild ohne persönliche Geschichte allerdings wertlos. Deshalb erzähle ich auf Instagram die Geschichte hinter dem Foto das ich poste, denn das bringt erst die Emotionalität. Das ist das, was die Leute mitnimmt. Ich klicke selbst bei den Accounts denen ich folge immer auf den Text, weil ich sehen will, was die Person zu dem Bild schreibt. Das macht die Aufnahme für mich erst spannend. Bilder ohne Text bekommen von mir keine Likes. Ich halte Geschichten zu erzählen (Storytelling) für ein sehr gutes Konzept, um Menschen auf sich aufmerksam zu machen.

Menschen kommen bei Instagram über die Hashtags auf dich, nicht über dein Profil. Daher ist es meiner Meinung nach auch wichtig so viele Hashtags wie möglich zu verwenden. Ich benutze immer die maximale Zahl von 30. Wenn mir Beiträge von anderen Menschen gefallen, dann fotografiere ich die Hashtags darunter ab und mache Recherche. Ich analysiere also z.B. wie viele Beiträge ein Hashtag schon hat. Gute Hashtags haben mehrere Tausend Beiträge. Bei Beiträgen im Millionen-Bereich wäge ich ab, ob ich sie benutze. Das kommt dann auf das Bild an. Ein Sonnenuntergang braucht nun mal den Hashtag “sunset”. Wichtig ist, dass die Hashtags zu dem passen, was ich mit dem Bild wirklich sagen will. Ich stelle damit auch eine Emotionalität her.

Ich habe Listen von Hashtags für verschiedene Szenarien die ich kontinuierlich benutze und immer wieder aktualisiere. Meine Kategorien sind: Auto, Landschaften, Wildlife und Selfies. Wenn es z.B. um das Auto geht, dann kommen Fahrzeug-spezifische Hashtags vor wie etwa “Toyota Land Cruiser” oder “4×4” oder “adventure”. Wenn ich auf dem Bild zu sehen bin, verwende ich z.B. “woman overlanding the world”.

Was ist dein Tipp für Menschen, die frei sein wollen so wie du, sich aber nicht trauen?

Ich bin ein Kontroll-Freak. Also habe ich mir zuerst den finanziellen Rahmen geschaffen, um meinen Traum zu verwirklichen, vor allem auch durch konsequentes Sparen. Ich pflege Minimalismus und überlege genau ob ich Dinge wirklich brauche. Vielleicht ist es hilfreich mit kleinen Schritten zu beginnen. Und dann kann ich empfehlen einen Termin zu setzen. Vieles ergibt sich auch einfach.

“Der Weg zeigt sich, wenn man ihn geht.”

Liebe Lilli, ich danke dir für dieses Gespräch!

Ja bitte, gerne!

Vorgestellt – Lilli Mixich

Auf den vom Elternhaus vorgegebenen Realschulabschluss folgte die Ausbildung zur Pharmazeutisch-Technischen Assistentin. Das Abitur hat Lilli im Tageskolleg in drei Jahren später nachgeholt.  Sie hat in diversen Jobs in unterschiedlichen Ländern in Afrika gearbeitet. Mit ihrem Ehemann zusammen betrieb sie in Deutschland die Firma Alu-Star. Seit sie 55 Jahre alt ist, lebt sie ihren persönlichen Traum von einem freien selbstbestimmten Leben als Vollzeitnomadin.

Ihr könnt ihren Abenteuern folgen: Auf Instagram ist sie als @lillitogo zu finden, auf Facebook als @Lilli Pilli.

Dieses Interview ist Teil meiner Serie “Im Gespräch mit…” von und für Menschen die inspirieren, quer denken, vernetzen, verändern und eine positive Einstellung ins Leben tragen.

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Heike Specht

Von lokaler Corporate Social Responsibility zum globalen Social Engagement

Gastbeitrag – Wie Gesellschaft und Unternehmen soziales Engagement innovativ leben und davon profitieren können

In den späten 1940er und frühen 1950er Jahren wurden eine Reihe von internationalen sozialen Organisationen gegründet. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds erweiterten zunehmend ihre Aktionsfront und förderten bald die “internationale Entwicklung”. Es entstanden neben den großen Entwicklungsorganisationen – u.a. WHO und UNICEF – viele gemeinnützige Organisationen, die sich in unterschiedlichsten gesellschaftlichen Belangen engagierten. Viele davon wurden in mehreren Ländern, meist punktuell, aktiv. Die Gründung dieser multilateralen Organisationen und NGOs (Non Governmental Organizations, „Nicht Regierungsorganisationen“) trug entscheidend zur Internationalisierung des Entwicklungskonzepts bei. Die Wirtschaft spielte in jenen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine sehr kleine Rolle, und wenn dann ausschließlich als „Geldgeber“.

Das ändert sich nun im neuen Jahrtausend, in welchem gleich zu Anfang „Vernetzung“ zu den großen Erfolgen und Treibern zählt. Der Siegeszug des Internets und die Diskussionen um neue vernetze Strukturen innerhalb von Unternehmen sind nur einige Beispiele hierfür.

Und im Kontext des sozialen Engagements? Die Bedeutung der Privatwirtschaft wurde größer, sogenannte PPPs (Private Public Partnerships) entstanden. Allerdings, auch hier treten Unternehmen zunächst meist nur in der Rolle als Geldgeber auf. Mit den in 2016 veröffentlichten UN Zielen für nachhaltige Entwicklung /Agenda 2030 sind Industrien und Firmen nun mehr denn je gefragt, aktiv und nachhaltig Beiträge zu leisten, die weit über Spenden, CSR (Corporate Social Responsibility) Aktionstage oder CSR Abteilungen hinausgehen. In einigen Ländern wie zum Beispiel Indien, sind regelmäßige Investitionen der Firmen in den sozialen Sektor sogar gesetzlich geregelt. Hierbei geht es nicht nur um Gelder, sondern auch die Vermittlung von Expertise und Vernetzung.

Die strikte Trennung zwischen sozialem, gesellschaftlichem Engagement einerseits und Business mit dem Ziel des maximalen Profits andererseits ist im Auflösungsprozess begriffen und wird zunehmend hinterfragt. Zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele bedarf es deutlich mehr als Spendengelder seitens Unternehmen und rein NGO getriebener Projekte „on the ground“. Die Missstände und Armut in vielen Ländern sind auch nach vielen Jahrzehnten des Engagements zahlreich und wirkliche systemübergreifende Änderungen bisher kaum sichtbar. Dafür gibt es sicherlich unterschiedliche Gründe. Deutlich wird jedoch: Es bedarf tiefergehender, systemischer Veränderungen, wie wir Entwicklung und Entwicklungsarbeit, aber auch Business verstehen und verbinden.

Im Zeitalter der Vernetzungen wird Entwicklungsarbeit noch immer sehr traditionell angegangen. Schaut man sich an, welche Entwicklungsarbeit stattfindet und in den Medien beschrieben wird, fällt auf: Es geht meist um große Kampagnen, wie Initiativen gegen Malaria oder HIV, es geht häufig um klar definierte, abgegrenzte und themenspezifischen Projekte und Zielgruppen – mehr Bildung bei Frauen, Kinderrechte, Brunnenbau und Wasserversorgung, landwirtschaftliche Projekte usw. NGOs und Unternehmen haben sich spezialisiert und nutzen ihre Expertise, um an von ihnen bestimmten Orten aktiv zu werden. Es wird viel getan, allerdings beschränken Firmen und NGOs sich häufig auf ihre eigenen Themen und ihre lokalen Engagement-Gebiete. Vernetzung? Ja, warum denn und mit wem? Und was würde das bringen?

„Vernetzt zu denken und zu handeln, also über Sektoren, Funktionen, Organisationsformen hinweg, gemeinsam mit anderen gleichzeitig und parallel in einem Entwicklungsgebiet aktiv zu sein, all das scheint noch ein weiter Weg zu sein, denn der Mehrwert wird erst im Laufe der Jahre sichtbar werden.”
– Manuela Pastore –

Es geht nicht um Wettbewerb, sondern um ein Miteinander. Es ist komplex und viele Prozesse müssten neu definiert werden. Es ist definitiv einfacher, wenn es nur um die eigenen Belange und Projekte geht – und man engagiert sich ja schließlich. Das kann man gezielt zeigen, den eigenen Aktivitäten zuschreiben, es dauert nicht ewig und es versteht jeder. Man hilft dort, wo es offensichtlich am meisten brennt. Und für die eigene Organisation am besten passt. Das Entwicklungsengagement geschieht im Rahmen der eigenen innerorganisatorischen Rahmenbedingungen, der eigenen Satzung und Expertise, offensichtlich sinnvoll und vertretbar. Firmen und NGOs engagieren sich gerne dort, wo ihre Expertise liegt. Eine IT Firma im IT Bereich, ein Pharmaunternehmen im gesundheitlichen Bereich, ein Bildungsunternehmen im Bildungsbereich. Das macht ja auch Sinn. Und ist nach innen hin auch gut nachvollziehbar.

Über egozentrische Ansätze und das große „Aber“

Das ist allerdings der Blick aus Sicht unserer Organisationen und unseres Organisationsverständnisses. Wir engagieren uns, tun, was wir im Rahmen unserer sozialen Verantwortung als für unsere Organisation sinnvoll und moralisch wertvoll erachten. Individuell, erfolgreich, klare Zielsetzung und – wenn es gut läuft – auch eine perfekte Zielerreichung, so wie wir sie definiert haben. Business-like, prozessorientiert und -optimiert, messbar. Eigentlich perfekt, oder? Es geht um uns und unsere Ziele, um Projekte, um Zahlen – und klar, auch um die Menschen, für die wir etwas tun.

Allerdings geht es weniger um Vernetzung und systemverändernde Ansätze. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg… und auch viel schwieriger. Denn dazu wäre ein eher langfristiges Engagement gefragt, risikoreicher, schwieriger messbar und damit auch schlechter zu kommunizieren – nach innen und außen. Wer spendet, mag es am liebsten sehr konkret. Wer im größeren Rahmen investiert, ebenfalls – und zwar genau für das eine auserwählte Projekt, nicht aber unbedingt, um dieses eine Projekt mit anderen zu verknüpfen, auch wenn langfristig 1 und 1 = 3 oder mehr machen könnte.

Richtet man einmal den Blick weg von uns hin zu den Bedürftigen, sieht es anders aus. Was nutzt das beste Screening-Programm, wenn an anderer Stelle viele Krankheiten durch verunreinigtes Wasser entstehen oder das Einkommen fehlt, um sich gesund zu ernähren und zu bewegen? Wenn es keine Möglichkeiten gibt, sich Hände zu waschen und Seife zu bekommen? Wenn Internetflat und Handys verteilt sind, aber die Menschen nicht wissen, wie sie das Internet bedienen und welche Risiken es birgt? Wenn Business-Skills fehlen, um das eigene Einkommen weiterzuentwickeln? Wenn es keine Arbeit gibt, wenn Bildung fehlt?

Genau hier ist ein strategisches Umdenken nötig. Weg von uns und unseren Organisationszielen und hin zu den Menschen, die es betrifft.

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Doch nun ein wenig Konkretes: Mein Name ist Manuela Pastore, ich leite seit 7 Jahren eine globale sozialunternehmerische Initiative bei Boehringer Ingelheim, einem internationalen Pharmaunternehmen mit rund 50 000 Mitarbeitern. Im Rahmen dieser Initiative, Making More Health (MMH) fördern wir viele Sozialunternehmen weltweit, bauen Netzwerke und binden MitarbeiterINNEN aus unterschiedlichsten Abteilungen und Ländern aktiv in die Projekte ein. In unseren zwei Hauptregionen in Südindien und Westkenia haben wir viele Projekte auf einem Gebiet von jeweils 30, 40 qkm angestoßen und arbeiten mit unterschiedlichen Zielgruppen parallel und verknüpfen diese. Projekte entstehen nach und nach, basierend auf den Bedarfen der Menschen vor Ort. Auch solche, die nicht unmittelbar mit Gesundheit zu tun haben.

Dahinter steckt die Idee, statt einiger weniger fokussierter Projekte eine holistische Systemveränderung herbeizuführen. Zusammen MIT den Mensch vor Ort, nicht FÜR sie. Unter Einbindung von lokalen NGOs, Sozialunternehmen aus unserem Netzwerk, Mitarbeitern und ersten externen Partnern. Partnerschaftlich, in einer Weise, die alle profitieren lässt – auf unterschiedliche Weise. Wir sehen MMH nicht vorrangig als CSR, nicht als soziales Engagement, sondern vor allem auch als eine Möglichkeit, Dinge anders zu sehen und zu erfahren, andere Fragen gestellt zu bekommen und anders zu fragen, folglich auch Dinge anders zu tun. Und haben festgestellt: Das bietet einen enormen Raum für Innovation, auch für das eigene Business.

Wir machen Gesundheitstrainings und fragen dabei die Menschen, welche Themen sie interessieren. Das ist nicht unbedingt das, was wir aus unserer Expertise heraus anbieten würden. Übrigens, was meinen Sie, welche Gesundheitsthemen hier genannt wurden? (siehe *Auflösung am Ende des Blogbeitrags)

Eröffnung eines health awareness centers im tribal hospital, Kotthara, Indien
Hygienetraining ländliches Indien
Digital Training in Indien

Zudem finden auch digitale Trainings statt, um den Zugang zu Wissen zu erleichtern, wir schicken unsere ChemikerINNEN und PharmazeutikerINNEN vor Ort, damit einkommensschaffende Maßnahmen wie Seifenherstellung trainiert werden können.

Seifenherstellung in Indien

Wir sammeln Materialien aus unseren eigenen Trainings und von unseren Partnern und stellen sie auf einer Plattform kostenfrei allen Interessenten zur Verfügung, die an anderen Orten ähnliche Trainings durchführen wollen. Es macht ja keinen Sinn, das Rad immer wieder neu zu erfinden. Besser damit zu arbeiten und Dinge zu implementieren, oder? Poster, Flyer, einen Covid19 Awareness-Song, Spielkarten, die Gesundheitswissen vermitteln und vieles mehr finden sich hier.

Falls Sie Material haben, das für die Plattform interessant ist, kontaktieren Sie mich gerne.

Bei einwöchigen Führungskräfte-Trainings engagieren sich unsere MitarbeiterINNen gleich vor Ort und unterrichten unsere Selbsthilfegruppen und weitere Interessierte in Marketing und Vermarktung, Businessplanung, Tiergesundheit und Sicherheit im Alltag. Ein Großunternehmen hat Experten aus fast allen Bereichen. Warum sollten wir also nur Gesundheit unterrichten? Was am meisten verwundert? Wir, die Menschen aus entwickelten Ländern, sehen Dinge plötzlich anders, erkennen neue Zusammenhänge und verstehen, dass Armsein nicht automatisch bedeutet weniger glücklich zu sein – im Gegenteil. Zurück im Berufsalltag stellen wir neue Fragen und finden andere Antworten. Mehr dazu unter: https://www.makingmorehealth.org/shared-value/leadership-programs

MMH Leadership Insights Week

Und was lernen wir vor Ort aus den Projekten und in unserem Netzwerk mit Sozialunternehmern? 

Gesundheitswissen alleine reicht nicht, um mehr Gesundheit zu schaffen. Die Menschen vor Ort brauchen holistische Lösungen, auf denen sie ihren Alltag aufbauen können. Es bedarf neben mehr Gesundheit auch Infrastrukturen, Möglichkeiten Geld zu verdienen, Bildung. All das muss so aufgebaut sein, dass die Menschen ihre Werte und Kulturen darin wiedererkennen, möglichst viel selbst daran beteiligt sind und Lösungen auch krisenresistent sind. Krisensituationen wie Covid-19 oder Überflutungen können schnell Erreichtes zunichte machen – oder auch zeigen, dass unsere Trainings erfolgreich sind.

So wurde in den vergangenen COVID-19 Monaten unsere Community mit Menschen mit Albinismus ( wir arbeiten hier zur Zeit mit 130 Familien ) – in Webuye, Westkenia – zu „Helden“. Menschen mit Albinismus werden in Ostafrika häufig verfolgt, angegriffen und sogar getötet; es gibt viel Aberglaube und viel Elend. Anders in Webuye: Unsere Community hat die Kleinstadt mit Flüssigseife und Hygienewissen versorgt, ob es die Boda-Bodas ( Motorrad nutzende Taxifahrer) waren, ob Schüler oder ältere Nachbarn. Die lokalen Medien berichteten mehrfach darüber. Unsere Community setzt sich nicht nur für andere ein, sondern verkauft auch Seife, wo möglich. Inzwischen züchten sie auch Hühner, bauen Schultische und bilden sich ständig weiter. Sie engagieren sich auch für andere Menschen mit Albinismus und teilen ihr Wissen mit Armen. Die Seifenrezeptur wurde kurzerhand gefilmt und digital weitergegeben. So kann Seife und Basiswissen zum Thema Händewaschen nun auch von Slumbewohnern in Nairobi hergestellt und weitergegeben werden. Ebenso am Viktoriasee. Und innerhalb landesübergreifender Albinismus-Communities.

Was bei diesem vernetzten Ansatz weiterhin auffällt: Die Betroffenen entwickeln eigene Ideen, sind selbstbewusst und – sie sehen sich selbst anders und werden anders gesehen. Basierend auf dem Netzwerkansatz.
Ein schönes Beispiel, was möglich ist. Doch lange nicht genug. Mehr dazu: https://www.makingmorehealth.org/content/covid-19-our-project-partners-africa-help-others-protection-virus

Albinism Webuye

Ein einzelnes Unternehmen, eine einzelne Organisation wird nicht in der Lage sein alle notwendigen Änderungen herbeizuführen

Die Menschen vor Ort stehen vor komplexen Herausforderungen. Tag für Tag, von morgens bis abends. Fehlende Infrastrukturen, fehlendes Wissen. Armut, wenig Gesundheit … Ähnlich eines Marktplatzes bedarf es nicht nur eines Apfelverkaufsstandes, um einen Markt nachhaltig aufzubauen. So geht es auch nicht darum, als einzelner Investor möglichst viele auf bestimmte Themen oder Zielgruppen fokussierte Projekte durchzuführen und zu skalieren, sondern auch und vor allem darum, gemeinsam mit den Menschen vor Ort und vielen weiteren Investoren/Partnern zeitlich und örtlich parallel Systemveränderungen in unterschiedlichsten Lebensbereichen herbeizuführen und diese zu vernetzen.

“Daher suchen wir mit MMH nach Partnern, Sozialunternehmen, NGOs, anderen Firmen aus unterschiedlichsten Sektoren, die sich gemeinsam mit uns, aber vor allem auch mit den lokalen Vertretern und Bevölkerungsgruppen engagieren, Lösungen entwickeln und zusammenbringen.” – Manuela Pastore

Das wichtigste dabei ist Vertrauen zu schaffen, in alle Richtungen. Zu verstehen, was wirklich benötigt wird (und nicht unsere eigenen Ziele in den Vordergrund zu stellen) und dabei die Menschen vor Ort so zu stärken, dass sie es eigenverantwortlich weiterführen und aufbauen können. Wir müssen weg von individuellen Zielen hin zu Netzwerkstrukturen und systemischen  Veränderungen. Und hierbei einen Mehrwert für alle schaffen, auch für die Organisationen selbst. Weg von individuellen, egozentrisch getrieben Projekt-Kennwerten und -Messungen hin zu einem tatsächlichen Mehrwert, der Innovationen für eine bessere Zukunft bringen kann. Aus sozialem Engagement heraus. Für die Menschen in Not, für unsere Umwelt und auch für unser Business der Zukunft. Ich bin sicher wir in unserer „entwickelten“ Welt werden viel dabei lernen und entdecken, neue Fragen stellen und andere Antworten finden.

„Innovationen beginnen dort, wo neue, ungewohnte Partnerschaften entstehen.” – Manuela Pastore

Wo wir neue Partnerschaften entdecken und fördern, wie solche mit Sozialunternehmen, die ähnlich wie Startups unternehmerische – teils „wilde“ – Ideen verfolgen, hierbei aber gesellschaftliche Herausforderungen in den Mittelpunkt stellen. Ashoka, eine sehr große und globale NGO, und einer unserer langjährigen MMH Partner, sucht nach solchen engagierten Startups, bringt sie durch Selektionsprozesse (hierbei werden nur ca. 5 von 100 Sozialunternehmer Ashoka fellows auf Lebenszeit) und bildet ein Netzwerk mit „Ashoka fellows“. In unserer MMH Initiative unterstützen wir diese und versuchen sie an unsere Projekte anzudocken oder auch unsere Erfahrungen an sie weiterzugeben. Das wiederum hilft den Sozialunternehmen, ihre Startups mit mehr Expertise zu führen und wirkt sich auf deren Arbeit in der Gesellschaft aus. Und es hilft unseren Führungskräften voneinander zu lernen und Mehrwert für alle zu schaffen. Es ist ein längerer, vielleicht auch ungewohnter und vor allem neuer Weg, diese notwendigen Netzwerke und damit vernetzte Entwicklungsarbeit weiterzuentwickeln. In den vergangenen zehn Jahren haben wir hierbei viele Dinge gemeinsam erlebt, getestet, und weiter entwickelt, und MMH ist zwischenzeitlich zu einer Bewegung geworden, die sich über Funktionen intern und sehr unterschiedliche Zusammenarbeit mit externen Partnern hinweg aufbaut. Es ist dort angekommen, wo es vor vielen Jahren als Vision begonnen hat – eine Brücke zu bauen zwischen sozialer und Businesswelt. Mit vielen Facetten und netzwerkartiger „ansteckender“ Ausbreitung.

Es gibt viele begeisterte Menschen, die Sinnhaftigkeit suchen und innerhalb MMH nun auch Möglichkeiten finden, ihren beruflichen Alltag und gesellschaftliches Engagement zu verbinden, und dabei Businessideen entwickeln, die der künstlichen Trennung von sozialer Welt und Businesswelt entgegenwirkt. Schließlich gibt es nur diese eine Welt. Wir werden zukünftig besonders fokussiert auch nach weiteren externen Partnern suchen, um die nächsten Schritte gemeinsam voranzutreiben. Nach der internen funktionsübergreifenden Ausbreitung von MMH und aktivem, fortlaufendem Mitarbeiterengagement aus unterschiedlichsten Richtungen, die wieder zu vielen weiteren Ideen und Beiträgen vor Ort geführt haben, werden externe Partner hier noch viel mehr Impact schaffen können. Und auch davon profitieren.

Falls das für Sie interessant ist und Sie auch einmal dabei sein wollen – wir haben unsere Führungskräftewochen nach extern geöffnet:
Informationen zu unseren Führungskräftewochen (PDF)

Wir werden es schaffen, wenn… ja, wenn wir – jeder einzelne von uns – wo und in welchem Bereich auch immer wir arbeiten, traditionelles isoliertes „CSR versus Business“-Denken überwinden und eine Chance darin erkennen, gemeinsam mit anderen eine bessere Welt zu schaffen. Ob bei Businessentscheidungen im Alltag generell oder bei konkreten gesellschaftlich orientierten Projekten vor Ort. Wenn wir nicht nur in technische Entwicklungen investieren, sondern auch in soziale Innovationen und dabei auch Risiken auf uns nehmen. Denn nicht alle Ansätze werden zum Erfolg führen. Aber das tun sie auch bei technischen Innovationen nicht. Wenn wir Partner in anderen Unternehmen finden, die auch über die üblichen Nachhaltigkeitsprojekte und CSR-Abteilungen hinaus mehr erreichen wollen. Das ist nicht einfach.

Nur: Innovationen und Systemveränderungen waren nie einfach, wenn sie Großes bewirkt haben. Aber eine bessere Welt sollte es uns wert sein und wir sollten es versuchen, oder?

Ihre

Manuela Pastore,
Global Lead Making More Health (MMH), Boehringer Ingelheim

Manuela Pastore – Global Lead MMH Boehringer Ingelheim

Manuela wurde früh geprägt durch Erfahrungen in länglichen Regionen Süditaliens, wo sie die Herausforderungen von Jobverlust, Armut und Umwelteingriffen miterlebte. Heute packt sie in Indien und Kenya persönlich an, unter anderem durch Trainingsprogramme und den Aufbau von Kleinstgewerben. Sie führt regelmäßig Leadership-Trainings im ländlichen Indien und in Westkenya durch, an denen „Influencer“ mit unterschiedlichen Schwerpunkten, aus verschiedener Unternehmen, teilnehmen. Dadurch hat sie eine regelrechte Bewegung sozialer Intrapreneure geschaffen, die durch systemveränderndes Denken und Handeln – auch im täglichen Kerngeschäft – auffallen. Manuela ist bekannt als Sprecherin von MMH und als Netzwerkerin, die sich unermüdlich für die Erweiterung der Zusammenarbeit von NGOs und sozialer Entrepreneure einsetzt.

Kontakt:

mailto:pastore.manuela@googlemail.com

Vernetzen:

https://de.linkedin.com/in/manuelapastore

Weiter Infos:

Making Health: Wie Manuela die Welt ein bisschen gesünder macht

www.makingmorehealth.com

www.gokenyagofuture.com (privater Blog)

www.goIndiagofuture.com (privater Blog)

*Auflösung der Frage im Text, für welche Gesundheitsthemen sich Menschen vor Ort interessieren: Wir haben ca. 20 Dörfer befragt, dort vor allem Selbsthilfegruppen/Frauen. Dabei wurde als wichtigstes Thema Tiergesundheit genannt. Hintergrund ist, dass Tiere häufig die erste und einzige Einkommensquelle sind. Weitere Themen waren v.a. Hygiene, Schwangerschaft, Ernährung, mentale Gesundheit, Sicherheit, Erste Hilfe, Gesundheitschecks, die selbst durchgeführt werden können ( wie Bluthochdruck messen), und – in dieser Reihenfolge – auch mehr Wissen zu Infektionskrankheiten und chronischen Erkrankungen.

Im Gespräch mit: Prof. Dagmar Fischer – über Netzwerke

“Die Schlüssel zum Erfolg sind gute Kommunikation und ein hoher Grad an Vernetzung” – Prof. D. Fischer

Man möchte meinen der Professorin für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, die derzeit auch Präsidentin der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) ist, sei die Wissenschaft bereits in die Wiege gelegt. Weit gefehlt: Die bayerische „Landpflanze“ (Originalton) war ihre Kindheit und Jugend hindurch fest davon überzeugt, dass sie einmal Tierärztin wird. Zahlreiche Wesen, darunter Kätzchen, Tauben und sogar Goldfische haben von dieser Ambition profitiert. Vom Leben auf dem Land hat sie das Gärtnern auf den Balkon hinübergerettet, fein getrennt, rechts Blumen, links Kräuter und Gemüse. Noch heute fährt sie – wenn sie richtig gestresst ist und Abstand braucht – zur Familie auf´s Land. Das heimische Netzwerk und die Wasseroberfläche beim Schwimmen, allein am Morgen, trägt sie dann – bis der Akku wieder voll ist.

Dagmar, warum bist du eigentlich nicht Tierärztin geworden?

Das liegt tatsächlich am Berufsberater der Schule. Ich hatte neben der Medizin noch viele andere Interessen und er hat mich gefragt, warum ich nicht Apothekerin werde. Das Berufsbild des Apothekers um die Ecke fand ich allerdings zunächst nicht so stylish. Ich habe mich dann doch intensiver mit dem Berufsfeld befasst und festgestellt, dass ich damit sehr viele Möglichkeiten habe. Ich kann auch in die Industrie gehen, in Krankenhausapotheken und natürlich in die Forschung.

Ich habe als Pharmazeutisch-technische Assistentin angefangen. In der Apotheke hat mir die praktische Arbeit der PTA sehr viel Spaß gemacht, aber der Alltag hat mir auch gezeigt, dass ich mit mehr Wissen weiterkommen kann. So habe ich das Studium der Pharmazie begonnen, das ich finanziert habe, indem ich als PTA weiter gearbeitet habe.

Als ich an der Universität mit der Wissenschaft und Forschung in Berührung kam wusste ich: „Das ist meins!“ Dinge auszuprobieren, von denen andere sagen, „das kann überhaupt nicht klappen!“ Ich fand es spannend völlig neue Sachen zu machen.

Hast du deine Karriere in der Wissenschaft geplant?

Mein Lebenslauf ist alles andere als geradlinig und nicht geplant. Wenn ich bei einer Karrierestufe ans Ende kam habe ich immer geschaut welche Möglichkeiten ich habe, was sich mir als nächstes bietet. Ich habe immer geschaut welche Wege mir offenstehen und mich gefragt: „Welche Chancen habe ich dort und was kann ich lernen? Was ist für mich neu?“

Mir haben Kollegen vorausgesagt in die Industrie zu gehen sei ein Karrierebruch. Das würde nie wieder in die Universität zurückführen. Ich habe es trotzdem gemacht und bin an die Universität zurückgekehrt. Das was ich in den Jahren in der Industrie gelernt habe ist heute für mich unbezahlbar. Dieser Ausreißer ist einer, der mich von vielen Kollegen unterscheidet.

Das klingt ein bisschen so als würdest du – um bei deinem Sport zu bleiben – gerne gegen den Strom schwimmen. Stimmt das?

Nicht notwendigerweise. Es ist eher so: Wenn ich eine Weile lang Dinge gemacht habe und feststelle, dass ich sie kann, dann muss eine neue Herausforderung kommen. Dann muss ich etwas ausprobieren, um zu schauen ob das auch noch geht. Wenn ich mir ein neues Feld anschaue, dann frage ich mich ob ich dazu etwas beizutragen habe. So bin ich Studiendekanin geworden oder Präsidentin der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG). Ich schaue also immer, ob ich etwas beitragen kann in einem Betätigungsfeld in dem ich bisher noch nicht aktiv war. So kommt es zu meinem „Sammelsurium“ an Erfahrungen.

Was wäre dein Rat an Frauen, die Professorin werden wollen?

Sie brauchen zunächst einmal einen langen Atem und Durchhaltevermögen. Was für mich gut funktioniert hat waren universitäre Mentoring-Programme. Hier habe ich Frauen kennengelernt, die auch andere Wege gegangen sind. Für mich waren diese Begegnungen ein Schlüsselerlebnis. Bis heute ist es nämlich so, dass ich hauptsächlich Männer um mich habe. Als ich diese Frauen kennenlernte, wuchs in mir das Vertrauen, dass so eine Karriere machbar ist. Inzwischen bin ich selbst Mentorin im Postdoktorandinnen-Programm des Universitätsbundes Halle-Jena-Leipzig

Was denkst du, warum es so wenige Frauen in oberen Führungsebenen gibt?

Frauen stehen sich an vielen Stellen selbst im Weg, z.B. was unser Kommunikationsverhalten angeht. Wir sind sehr viel realistischer in der Einschätzung was wir können und was wir nicht können. Männer sind deutlich aktiver darin ihre Vorzüge darzustellen.

Bei den Studentinnen hier an der Universität beobachte ich oft auch ein anderes Selbstverständnis. Ihre Ansprüche sind andere. Da geht es gar nicht so sehr um „Frauen nach vorne!“, sondern oft um eine Ausbildung bei der sie ihren Beruf mit ihrer Familienplanung gut verbinden können. Wo wir noch das Gefühl hatten kämpfen zu müssen, ist es für Frauen heute in vielen Bereichen selbstverständlich geworden, dass es Gleichberechtigung gibt. Sie nehmen die sogenannte gläserne Decke für sich gar nicht wahr. Ich bin allerdings überzeugt, dass es sie gibt. Auch heute gibt es noch reine Männergesellschaften, die wir nur ganz langsam erobern.

Du hast sehr viele Positionen inne. Wie organisierst du dich und dein Umfeld, um den Überblick über die Aufgaben zu behalten?

Dass ich keine Familie zu koordinieren habe erleichtert natürlich vieles. Um alle meine verschiedenen Aufgaben zu erfüllen brauche ich viel Disziplin, was nicht so den Eindruck erweckt, wenn man die Papierstapel auf und unter meinem Schreibtisch sieht. Da fragt sich so mancher, ob ich noch den Überblick habe. Ich habe einen Trick, um mich zu organisieren, der für mich als optischer Typ gut funktioniert: Ich male mir einen Wochenplan optisch, grafisch auf ein Blatt Papier. Das liegt auf meinem Schreibtisch ganz oben. Was da draufsteht, darf ich auf keinen Fall vergessen. Meine Erfahrung in den verschiedenen Positionen in denen ich mich um Projektmanagement gekümmert habe hilft mir natürlich Aufgaben auch zeitlich gut zu koordinieren.

Noch wichtiger ist aber mein Team. Ich habe Mitarbeiter die alle super zusammenarbeiten und ihre Aufgaben im Griff haben. Der Schlüssel ist gute Kommunikation und ein hoher Grad an Vernetzung. So weiß jeder was er zu tun hat. Gute Kommunikation heißt für mich auch extrem kurze Wege zu meinen Mitarbeitern, meine Tür steht immer offen. Transparenz ist wichtig, jeder weiß was läuft. So können Mitarbeiter sich gegenseitig und natürlich auch mich entlasten. Dieses Netzwerk funktioniert hervorragend ohne dass ich eingreifen muss. Ich habe ein Labor, ein Sekretariat und in der DPhG eine Geschäftsstelle. Dort sitzen Leute die wissen was zu tun ist und alles im Griff haben.

Wie stellst du sicher, dass neue Mitarbeiter in dieses Netzwerk passen?

Kommunikationsfähigkeit ist ein wichtiger Punkt. Apotheker kommunizieren von sich aus schon sehr gerne, das haben sie gelernt. Ich schaue darauf, dass die Menschen teamfähig sind. Da verlasse ich mich nicht nur auf mein Urteil. Jeder Bewerber verbringt mit dem gesamten Team eine Kaffeepause. Mein Team hat dann auch das letzte Wort, denn Bewerber öffnen sich im Team ganz anders als bei mir. Selbst wenn die wissenschaftliche Qualifikation stimmt stelle ich die Person nur ein, wenn sie zur Gruppe passt.

Auch die Forschung braucht Netzwerke. Magst du allgemeinverständlich beschreiben woran du forschst?

Wir beschäftigen uns mit Nanomaterialien – also winzigen synthetischen oder natürlichen Werkstoffen – die wir in Arzneistoffträger verwandeln. Anders gesagt: Wir entwickeln neue Wirkstoffträgersysteme. Wir schauen also, wie wir medizinische Wirkstoffe verpacken können, so dass sie zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Weg im Körper finden können. Wir konzentrieren uns auf Infektionen und Entzündungen oder entzündungsassoziierte Erkrankungen die in der alternden Gesellschaft eine Rolle spielen. Diese Erkrankungen sind ähnlich, hängen miteinander zusammen und sind hochaktuell.

In den letzten Jahren fokussieren wir außerdem auf das Thema Nachhaltigkeit. Hier habe ich in Jena verschiedene Partner zusammengebracht. Es gab hier schon Ansätze Trägermaterial – die Nanozellulose –  durch Bakterien auf natürlichem Wege herzustellen. Die Bakterien „spinnen“ dabei Nanozellulosefasern zu einem Netz. Außerdem wurden zusammen mit dem Polysaccharid-Zentrum in Jena Zuckerderivate zu Trägersystemen umgewandelt. Andere Kollegen untersuchen natürliche Substanzen wie z.B. Weihrauch als Wirkstoffe. Die dritte Komponente ist der Prozess der Verpackung, also wie bringe ich die natürlichen Wirkstoffe in die natürlichen Trägersysteme. Dazu verwendet man üblicherweise z.B. organische Lösungsmittel. Wir erforschen z.B. wie wir diese Lösungsmittel durch nachhaltige Komponenten austauschen können.

Und dann gehen wir noch einen Schritt weiter, denn Arzneimittel müssen getestet werden. Wir haben als Alternative zum Tierversuch eine Methode mit Hühnereiern entwickelt. Damit können wir beispielsweise Wirkstoff-Verteilung und -Freisetzung sowie Verträglichkeit untersuchen. Wir haben uns also auf allen Ebenen, vom Wirkstoff über das Trägersystem bis hin zu den Tests in Richtung Nachhaltigkeit bewegt.

Du kümmerst dich auch um die Verankerung von Unternehmertum und Entrepreneurship an der Universität. Wie sieht das praktisch aus?

Gründungen werden in ganz Thüringen stark gefördert. Die Universität Jena hat ein sehr ausgeprägtes Gründersystem mit Gründungsbotschaftern. Ich bin die Gründungsbotschafterin für den Bereich Biowissenschaften. Damit stehe ich den Gründern als Ansprechpartnerin von der wissenschaftlichen Seite her zur Verfügung. Wir schauen uns in einer sehr frühen Phase an, ob die Gründungsidee Erfolg haben kann. Wir geben auch Tipps z.B. zum Thema Dokumentation. Das ist wichtig damit die Idee patentfähig ist oder von Behörden anerkannt werden kann. Wir knüpfen Verbindungen z.B. zu Patentanwälten oder bei der Organisation von Gründerräumlichkeiten.

Unsere Studierenden lernen schon im Studium was Patente sind, wie die Qualität der Idee gesichert werden kann. Außerdem werden sie sensibilisiert dafür was für die Unternehmensgründung gebraucht wird. Von der Universität werden z.B. Workshops durchgeführt, wie man ein kleines Unternehmen aufbaut, wie man Unternehmer wird und was eine Unternehmerpersönlichkeit ist. Das heißt von der Theorie bis hin zum praktischen Handwerk werden Grundlagen vermittelt.

Dass die Universität dabei erfolgreich ist zeigt das Beispiel meiner Mitarbeiterin, die schon während ihrer Habilitation ein kleines Unternehmen gegründet hat. Heute hat sie mehr als 20 Mitarbeiter und ist im Bereich Kosmetik und Medizinprodukte am Markt erfolgreich etabliert.

Der Erfolg liegt sicher auch an der besonderen Art wie wir hier in Jena interagieren. Das fällt auch Stiftungsgebern auf, die Großprojekte oder Sonderforschungsbereiche begutachten. Dann hören wir häufig, dass wir hier eine besondere Kooperationsmentalität haben. Der Informationsfluss über verschiedene Bereiche hinweg ist enorm.

Die Tatsache, dass sich hier viele Unternehmen bereits etabliert haben zieht natürlich auch andere Unternehmen an. Die Thüringer Pharma-Community unterstützt dies. Alle Pharma-Unternehmen treffen sich regelmäßig – auch mit den Pharmazeuten an den Hochschulen. Es erfolgt ein reger Austausch darüber, was gerade an Projekten bearbeitet wird. Wir schauen beispielsweise, ob wir gemeinsame Anträge stellen oder an Projekten gemeinsam arbeiten können. Wir haben sogar eine gemeinsame Homepage.

Dieses aufeinander zugehen – das Netzwerken – ist sicher außergewöhnlich und zeichnet Jena besonders aus.

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Gründer sind anfangs häufig überwältigt von den Aufgaben und erleben zahlreiche Niederlagen. Wie gehst du mit Niederlagen um und wie motivierst du dich danach?

Winston Churchill soll einmal gesagt haben, „Erfolg besteht darin sich von Niederlage zu Niederlage zu hangeln, ohne den Enthusiasmus zu verlieren.“

Ich kenne Misserfolg als heftigen emotionalen Peak in dem ich mich meist über mich selbst aufrege. Aber dann werde ich schon vom nächsten Problem eingeholt, so dass ich gar keine Zeit habe mich lange damit zu befassen. Was ich versuche ist, die Einstellung die ich aus meiner Zeit in den USA mitgebracht habe zu kultivieren. Wenn dort jemand scheitert, sagen die Menschen: „Super, er hat etwas ausprobiert! Er ist zwar damit gescheitert, aber er ist einen neuen Weg gegangen.“ Ich für mich versuche nach dem Scheitern auf einem anderen Weg trotzdem zum Ziel zu kommen.

Du bist bis 2023 Präsidentin der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft. Wie lässt sich die Aufgabe der DPhG zusammenfassen?

Die DPhG beschäftigt sich mit der wissenschaftlichen Seite der Pharmazie. Wir fördern Wissenschaft auf allen Gebieten der Pharmazie. Was heißt das? Zum einen stärken wir die Kooperation der verschiedenen Fachdisziplinen untereinander und fördern damit die experimentelle Forschung und die wissenschaftlich orientierte Fortbildung.

Unsere zweite Aufgabe ist es, die Interessen derer zu vertreten, die pharmazeutisch-wissenschaftlich orientiert sind und z.B. Stellung zu nehmen zu aktuellen Problemen und Fragestellungen. Wir vertreten die wissenschaftliche Pharmazie gegenüber der Bundesregierung, aber auch anderen Anspruchsgruppen. Und schließlich beraten wir auch: Zu Ausbildungsfragen oder zu Fragen über Arzneimittel, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Was hast du dir für deine Zeit als Präsidentin vorgenommen?

Ich versuche den Spagat zu machen zwischen der wissenschaftlichen Pharmazie und der Pharmazie in der täglichen Anwendung. Damit meine ich, die Erkenntnisse aus dem Elfenbeinturm Wissenschaft hinein in die Praxis zu transferieren.

Dazu brauchen wir Fortbildung der Apotheker in öffentlichen Apotheken und im Krankenhaus. Dazu brauchen wir auch aktuelle Ausbildungsinhalte, also die Modernisierung des Studiums der Pharmazie und die Stärkung der klinischen Pharmazie.

Was sind die Herausforderungen für diesen Transfer und wie können sie gemeistert werden?

Die Pharmazie ist ein Gebiet das sich rasant schnell entwickelt. Hier alle Bereiche mitzunehmen und aktuell zu halten ist eine Herausforderung, der wir uns stellen. Wir stehen ständig vor neuen Problemen – wie sich aktuell in der Corona-Krise gezeigt hat. Hier brauchen wir neue Konzepte und auch neue Kommunikationswege.

Mein Vorteil ist, dass ich genau in diesem Transferbereich arbeite, in dem Grundlagenforschung in Anwendung übersetzt wird. Wir hören uns von allen Fachdisziplinen an wo die Bedürfnisse liegen und reagieren entsprechend darauf.

Was bedeutet das für die pharmazeutische Ausbildung?

Wir nehmen uns vor, die Veränderungen bereits in das Pharmazie-Studium einzubringen, z.B. die Orientierung hin zur Forschung und die wissenschaftliche Herangehensweise. Darüber hinaus haben Themen wie Digitalisierung oder Personalisierung oder Qualitätssicherung Bedarf zur Aktualisierung.

Ganz wichtig ist mir: Wir wollen hin zum kompetenzorientiertem Lernen, also weg vom Faktenwissen hin zu Problemlösungen. Dazu bringen wir Studenten in Kontakt mit verschiedenen Stakeholdern. So lernen sie nicht nur Apotheker kennen, sondern haben auch Kontakt mit Mitarbeitern aus der pharmazeutischen Industrie, die z.B. aus praktischer Sicht Vorträge halten. Wir veranstalten mit der Pharma-Industrie zusammen auch Workshops oder Doktorandentagungen vor Ort, was Studenten und Doktoranden auch die Möglichkeit gibt, potenzielle Arbeitgeber kennenzulernen.

Meine Doktoranden bekommen außerdem Trainings, z.B. zum Thema Projektmanagement. Denn was ich häufig erlebe ist, dass es Schwierigkeiten bereitet schon alleine die eigene Projektidee zu formulieren. Was ist mein Produkt? Was ist mein Alleinstellungsmerkmal? Wer sind die Zielgruppen mit denen ich kommunizieren muss?

Welche Inhalte wünschen sich denn die Studenten?

Studenten wünschen sich, dass Interdisziplinarität und Kommunikation verstärkt trainiert werden. An vielen Universitäten werden z.B. Pharmazie- oder Anatomie-Kurse für Mediziner und Pharmazeuten gemeinsam veranstaltet, was das gegenseitige Kennenlernen über die Disziplinen hinweg fördert. Fachgespräche zwischen Ärzten und Apothekern werden simuliert, um die Denkweise des anderen zu verstehen.

Zum Abschluss noch drei persönliche Fragen: Worauf bist du stolz?

Der größte Brocken den ich zu stemmen hatte war meine Habilitation. Das ging über viele Jahre mit Aufbau eines eigenen Forschungsprofils, Profilierung in der Lehre und Auslandsaufenthalt. Das war ein Projekt mit vielen Facetten das mich sehr lange begleitet hat. Es fiel zudem in die Zeit als Junior-Professuren aufkamen und die damals Habilitierenden als „verlorene Generation“ bezeichnet wurden.

In der unmittelbaren Zeit habe ich 2018 den Phoenix Pharmazie Wissenschaftspreis in der Kategorie „Pharmazeutische Technologie“ bekommen für unsere Arbeiten zur Entwicklung moderner Wundauflagen auf Basis der schon erwähnten Nanocellulose.

Wenn ich es persönlich formuliere bin ich stolz darauf, dass ich inzwischen ein Alter erreicht habe, in dem ich nicht mehr von der Meinung anderer abhängig bin. Ich betrachte viele Dinge inzwischen deutlich entspannter.

Wie sorgst du für „das Alter“ vor?

Diese Frage hat für mich sehr viele Komponenten. Die erste ist, wo ich im Alter gerne sein möchte. Den deutschen Winter finde ich nicht so erstrebenswert. Ich könnte mir einen zweiten Wohnsitz irgendwo im Süden vorstellen. Städtereisen möchte ich gerne machen, in Ländern die ich noch nicht gut kenne. Und ich wollte auch immer Archäologie und Geschichte studieren. Es erschien mir zwar damals eher brotlos aber es hat mich über die Jahre hinweg verfolgt. Ich würde mich diesen ganz anderen Themenbereichen gerne zuwenden, für die ich im Moment keine Zeit habe.

Bezüglich der Gesundheitsvorsorge hat mir der Corona-Lockdown in die Hände gespielt. Da ich dauerhaft zu Hause war, habe ich wieder angefangen Sport und Krafttraining zu machen. Und ich habe meine Ernährung umgestellt. Ich möchte das gerne beibehalten, da ich mich fitter und angenehmer fühle.

Was das finanzielle angeht verlasse ich mich auch hier auf mein Netzwerk. Ich habe Fachleute die mich optimal beraten und auf die ich mich verlassen kann.

Du sagst selbst, wenn du in einem Job alles gelernt hast, dann muss etwas Neues kommen. Welche Ziele hast du noch?

Ich habe grundsätzlich ein Problem damit, wenn sich Dinge nicht in die Richtung bewegen die ich mir vorstellen könnte, oder schlimmer noch, wenn sich gar nichts bewegt. Die Pharmazie braucht noch mehr frischen Wind und in der pharmazeutischen Politik habe ich noch viel Luft nach oben. Ich könnte über die DPhG hinaus beispielsweise an der Universität stärker politisch aktiv werden. Hier stehen mir sicher noch viele Wege offen, um neue Strukturen und neue Ideen abseits der bisher üblichen Wege einzubringen.

Liebe Dagmar, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast das Thema Netzwerke auf vielen Ebenen zu beleuchten!

Vorgestellt – Prof. Dagmar Fischer:

Meine Gesprächspartnerin heute war Prof. Dr. Dagmar Fischer, Professorin für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Präsidentin der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) von 2020-2023 und Trägerin des Phoenix Pharmazie Wissenschaftspreis in der Kategorie „Pharmazeutische Technologie“. Zudem war und ist sie in Gremien und Vorständen verschiedener Gesellschaften aktiv: In der Fachgruppe „Ausbildung und Wissenschaft“ der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik e.V. (APV), im Vorstand des Freundeskreis des Institutes für Pharmazie der Universität Jena sowie in der  Controlled Release Society Germany Local Chapter, dem sie in verschiedenen Funktionen, u.a. von 2011-2012 als Präsidentin, vorstand.
Ihr Publikationsverzeichnis umfasst mehr als 120 wissenschaftliche Veröffentlichungen und sie ist Autorin des Buches “Die Pharmaindustrie: Einblick, Durchblick, Perspektiven.”

Dieses Gespräch ist Teil meiner Serie “Im Gespräch mit…” von und für Menschen die inspirieren, quer denken, vernetzen, verändern und eine positive Einstellung ins Leben tragen.

Sie möchten jemanden aus Ihrem Netzwerk vorschlagen, dessen Stimme gehört werden sollte? Dann schreiben Sie mich gerne an!

Ihre

Heike Specht

Vier sichere Wege, um in die Medien zu kommen

Zugegeben, die wenigsten Dinge im Leben sind sicher, aber über die Headline habe ich eines erreicht: Du bist neugierig geworden. Journalisten geht es nicht anders. Sie bekommen mehrere hundert Emails am Tag und müssen in Bruchteilen einer Minute entscheiden, ob der Inhalt für ihre Leser relevant ist. Du kannst ihnen dabei helfen.
Mit diesen vier Tipps zeige ich dir wie.

Das richtige Medium auswählen

Die erste Frage die du dir stellen musst ist: Wo treffe ich die Menschen an, die ich mit meinen Botschaften  erreichen will? Oder anders gesagt: Was lesen meine Kunden? In Deutschland gibt es neben einer ausgeprägten Zeitungslandschaft eine Vielfalt an Zeitschriften für teils eng umgrenzte Interessengebiete, von A wie Auto bis Z wie Zen. Dazu kommen Fachzeitschriften für unterschiedliche Disziplinen wie z.B. Medizin, Forschung oder Technik. Es ist sinnlos einen Artikel über Autos einem Magazin vorzuschlagen das Backrezepte druckt. Klingt logisch, kommt aber immer wieder vor. Der sogenannte „Verteiler“ für die Aussendung der Medieninformation ist eine Gießkanne. Es besser zu machen erfordert einiges an Rechercheaufwand, der sich im Ergebnis aber lohnt.

Helfen statt zu nerven

Stell dir folgendes vor: Eine gute Fee begegnet einem Journalisten und gewährt ihm einen Wunsch. Was glaubst du antwortet er? Meine Vermutung ist, „mehr Zeit für meine Artikel.“ Journalisten leiden chronisch unter Zeitmangel, für die Recherche ebenso wie für den Beitrag. Darüber hinaus müssen sie sich permanent in neue Themengebiete einarbeiten. Heute ein Artikel über Viren, morgen über Venenleiden. Das heißt, sie können in einem Thema nie so tief drinstecken wie ein Experte. Sie sind also auf die Unterstützung von Menschen angewiesen, die sich auskennen. Das ist deine Chance! Biete dich als Experte auf deinem Themengebiet an. Aber Vorsicht, Falle: Faktenwissen ist zwar wichtig, aber damit alleine überzeugst du keinen Journalisten, denn:

“Journalisten suchen vor allem Geschichten die ihre Leser fesseln.”

Gute Geschichten machen neugierig, überraschen mit unerwarteten Wendungen, sind emotional und bauen einen Bezug zum Leben der Leser auf. Sie sind ganz sicher keine Aneinanderreihung von Marketing-Botschaften über ein Produkt. Frage dich also, wie du deine persönliche oder Unternehmens-Geschichte zu einem Leser-Erlebnis machst. Welche Hürden hast du genommen, um zum Erfolg zu kommen? Es geht um Erfahrungen, weniger um Eigenschaften. Ich gebe dir ein Beispiel: Wer heute über Autos schreibt nutzt selten die Begriffe Beschleunigung oder Spritverbrauch. Artikel über Fahrzeuge sprechen von Sicherheit der Familie oder dem Spaß im Urlaub. Wenn du Journalisten mit deiner Geschichte in ihrer Arbeit entlastest, werden sie dir mit Interesse zuhören, statt dich genervt loswerden zu wollen.

Zeigen, dass du „einer von ihnen“ bist

Journalisten schreiben nicht zum Selbstzweck. Sie sind von den Geschichten die sie erzählen häufig nicht einmal betroffen. Was bedeutet das? Ein Journalist trägt die Brille seiner Leser. Er versetzt sich in die Lage der Menschen, die seine Zeitung, Zeitschrift oder online-Publikation abonnieren. Für dich bedeutet das, dich mit dem Medium auseinanderzusetzen. Du weißt inzwischen, welche Medien deine Kunden lesen (Punkt 1 in dieser Liste). Frage dich also, welche Bedürfnisse diese Menschen haben. Wie kannst du diese befriedigen? Kannst du z.B. ein Problem lösen das die Leser umtreibt?

Leser springen selten wie Bienen von einer Blüte zur anderen. Sie fühlen sich ihrem Medium verpflichtet, mit dem sie gemeinsame Werte teilen. Für welche Werte stehst du? Gibt es hier Anknüpfungspunkte? Wie passt deine Dienstleistung oder dein Produkt in dieses Bild? Aktuelle Stichworte wären beispielsweise Nachhaltigkeit, ökologisches Bewusstsein, Gleichberechtigung oder soziale Verantwortung.

Leser fühlen sich bei einem Medium gut aufgehoben, das ihre Sprache spricht. Daraus ergibt sich, dass einheitlich formulierte Pressetexte die an hunderte Redaktionen gleichzeitig verschickt werden nur selten gelesen werden. Es sei denn es handelt sich um Revolutionen ihres Bereichs, die das Leben der Menschen auf grundlegende Weise verändern. Das ist zugegeben rar.

Ausnahmen von dieser Regel stellen Fachzeitschriften dar. Fachjournalisten sind explizit an Ergebnissen aus der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung interessiert. Aber auch hier gilt: Selbst wenn Fachjournalisten ein Spezialgebiet haben – in dem sie sich sehr gut auskennen – eine Fachbegriff-Schlacht ist unangebracht. Die Essenz der Veröffentlichung sollte für jeden verständlich formuliert sein.

Wenn dich das Thema Pressetexte intensiver beschäftigt, dann empfehle ich dir meinen Blogbeitrag „Mantren zur Königsdisziplin Pressetext“.

Einen Anlass haben

Eines ist bis hierhin wahrscheinlich deutlich geworden: Du kannst viel verbrannte Erde hinterlassen, wenn du Journalisten ihre Zeit stielst. Es gilt der viel zitierte Grundsatz, „keine zweite Chance für einen guten ersten Eindruck.“ Kommuniziere mit Journalisten, wenn du wirklich etwas zu sagen hast. Der Anlass kann aus dem Unternehmen selbst geboren sein, wie z.B. die offizielle Eröffnung bei Firmengründung oder ein Jubiläum. Die Aufmerksamkeit wird in diesem Fall natürlich lokal begrenzt sein, schafft dafür aber Möglichkeiten nicht nur die Lokalredakteure der Zeitungen, sondern auch von Rundfunk und Fernsehen einzuladen.

Wenn du mit deiner Geschichte in die Medien kommen willst, dann verbinde sie mit Anlässen die zum Thema passen. Das kann eine bestimmte Jahreszeit oder ein Feiertag sein (z.B. besinnliche Weihnachten oder der Tag der Arbeit). Es gibt auch nationale wie internationale Aktionstage (z.B. Valentinstag oder Muttertag). Schließlich sind fixe Tage, Wochen oder gar Monate im Jahr einem bestimmten Thema gewidmet, um die Aufmerksamkeit dafür zu erhöhen. So gibt es z.B. für verschiedene Krankheiten Aktionstage, um auf das Schicksal und die Bedürfnisse der Menschen mit diesen Krankheiten aufmerksam zu machen. Journalisten sind immer auf der Suche nach Menschen – Beispielen – die zu diesen Anlässen passen. Das kannst du nutzen.

Wenn deine Geschichte gereift ist, suche den direkten Kontakt zum Journalisten in der Redaktion. Da ein Telefonat den Ungeübten meist Schweißperlen auf die Stirn treibt, kannst du zur Alternative Email greifen. Zuvor solltest du allerdings die Adresse recherchiert haben, denn die allgemeinen „Briefkästen“ der Redaktionen die mit info@, kontakt@ oder redaktion@ anfangen sind ein schwarzes Loch. Jetzt brauchst du noch eine Betreff-Zeile, die zum Klick führt und dann „ab die Post!“

Das Beste zum Schluss

Du hast bis hierhin gelesen, daher beschäftigt dich das Thema offenbar intensiv. Wenn du zum Team „Pressearbeit selber machen“ gehörst, dann habe ich zwei Empfehlungen für dich (unbezahlte Werbung):

  • Marike Frick hält auf ihrer Plattform „Was Journalisten wollen“ sehr viele praktische Tipps bereit. Auf ihrem YouTube Kanal plaudert sie locker aus ihrem journalistischen Nähkästchen.
  • Angela Löhr bietet in ihrer Schreibwerkstatt zum Beispiel Kurse über „griffige Headlines“ an.

Falls du jedoch denkst: „Ich gebe die Kompetenz Public Relations lieber an einen Profi ab, weil ich mich so besser auf mein Kerngeschäft konzentrieren kann“, dann bist du bei mir richtig.

Ich schaue mir an wo du in Sachen Außendarstellung stehst und wir überlegen gemeinsam, wie die nächsten Schritte aussehen können. Nimm dazu gerne Kontakt auf.

Du möchtest zuerst mehr über mich erfahren? Dann empfehle ich dir einen Blick  in die Rubrik „so arbeite ich“.

Viel Erfolg bei deinen Projekten wünscht dir

P.S.: Dir als aufmerksamem PICUS-Blog Leser ist sicher aufgefallen, dass ich vom „sie” zum „du” übergegangen bin. Mir fällt es jetzt viel leichter einen Bezug zu dir und deinen täglichen kommunikativen Herausforderungen aufzubauen. Ich möchte gerne mit dir in einen Dialog kommen. Das heißt aber nicht, dass ich im realen Umgang auf professionelle Etikette verzichte. Ich halte es, wie es für meine Kunden angenehm ist. Ob „Sie”, „Sie und Vorname” oder „Du” macht für mich keinen Unterschied. Wenn ich für Sie arbeite, sind wir ein starkes Team.

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Ein Gespräch über Wandel mit Dr. Kristin Jakobs: „An die eigene Sonne zu glauben ist ganz wichtig“

Wie so vieles dieser Tage findet unsere Begegnung im virtuellen Raum statt. Die Frau die mich vom Bildschirm aus fröhlich begrüßt sieht gar nicht aus wie jemand der bereits seit 8 Wochen aus dem Home-Office agiert. Die blonde Kurzhaarfrisur sitzt perfekt, weil zufällig direkt vor dem Lock-down mutig gekürzt, die Bluse ist farbenfroh und ihr Lachen ist strahlend und offen. Sie hat nach zahlreichen Wochen im Dauer-Krisenmodus endlich ein paar Tage frei und verbringt ihre Zeit nun wieder vor dem Rechner – für dieses Interview.
Ich bin geschmeichelt.

Kristin, du leitest die Kommunikation zu verschreibungspflichtigen Medikamenten bei Boehringer Ingelheim, einem globalen Top 20 Unternehmen der Pharma-Branche. Was hat Corona für euch im Job verändert?

Corona ist aus meiner Sicht auch ein großes gesellschaftliches Experiment. Durch Corona teilen wir mit anderen, was wir sonst nicht teilen würden. Durch das Home-Office lassen wir Kollegen in unser Haus, an den Arbeitsplatz dort. Ich halte es oft für hilfreich, eine Trennung zu ziehen zwischen der Privatperson und dem Business-Menschen. Aber durch Home-Office nähern sich die Privatperson und die Business-Person an. Wir zeigen mehr von uns. Man wird dadurch authentischer, nahbarer, das finde ich sehr schön.

Diese Veränderung macht einen anderen Umgang miteinander möglich. Für mich ist der wichtigste Punkt dabei, dass dieser neue Umgang Vertrauen aufbaut. Ich hoffe, dass wir davon viel behalten. Es ist ein altes Lied: Wenn man gemeinsam durch eine Krise gegangen bist, begegnet man sich ganz anders. Wir sehen gerade wie wir uns in einer Krisensituation verhalten, wie wir uns gegenseitig helfen, wie wir dabei miteinander umgehen und wie wir aufeinander zählen können. Das stärkt das Vertrauen.

Außerdem sind wir natürlich alle ins digitale Zeitalter katapultiert worden. Wir arbeiten jetzt permanent mit Meeting-Software und es ist ganz selbstverständlich. Dabei kommunizieren wir vorsichtiger, weil uns die Rückmeldung aus dem direkten Gespräch fehlt, also z.B. die feine Veränderung im Gesichtsausdruck oder der Körperhaltung. Und auch das ist eine positive Entwicklung.

Ich finde es gibt jede Menge Aspekte die wir uns über die Corona-Krise hinaus erhalten sollten und ich hoffe, dass wir die Chance nach Corona ein besseres „neu“ zu machen ergreifen.

Du hast gerade vom Business-Ich gesprochen. Was glaubst du, warum haben wir eine Business-Persönlichkeit?

Zum einen ist das eine Maske. Wir alle tragen Masken und fühlen uns weniger verwundbar, wenn wir sie vor uns her tragen. Von vielen Masken wissen wir selbst schon gar nichts mehr, weil wir sie schon so lange tragen und sie sich bewährt haben, dass wir manchmal gar nicht mehr wissen was darunter ist. Corona ist eine wunderbare Chance hier genauer hinzusehen.

Zum anderen haben wir alle im Beruf eine Rolle. Von mir als Führungskraft erwartet mein Team, dass ich diese Rolle ausfülle, inklusive meiner Handlungsweisen und einer bestimmten Form des Seins.

Was machst du in Bezug auf dein Team zu Corona-Zeiten anders?

Normalerweise gehe ich morgens immer einmal durchs Büro und begrüße die Kollegen. Das geht jetzt nicht. Aber, wir telefonieren zwei Mal in der Woche als Team. Im Vordergrund dieser Telefonate steht die Frage, „wie geht es dir?“ Wir besprechen, wo Hilfe gebraucht wird oder wo welche angeboten werden kann. Die Atmosphäre in der wir uns bei diesen Gesprächen austauschen ist besonders. Wir kümmern uns umeinander. Das stärkt den Zusammenhalt.

Wie motivierst du dein Team in diesen Zeiten?

Das muss ich gar nicht, denn wir alle sind motiviert durch unsere Aufgabe. Es ist gerade offensichtlich wie wichtig das ist was wir tun. Medikamente werden gebraucht, sie müssen erforscht und produziert werden. Das gibt unserer täglichen Arbeit einen Sinn. Das war immer so, wird aber jetzt offensichtlicher. Aber es gibt noch einen anderen Aspekt: Für mein Gefühl merkt die ganze Welt gerade, wie wichtig Wissenschaft ist, weil wir von deren Informationen abhängen. Wir lernen Wissenschaftlern zu vertrauen und zu begreifen, dass man mit der Unsicherheit in der Wissenschaft leben muss, weil es keine absolute Wahrheit gibt.

Ich möchte mit dir gerne über Public Relations sprechen. Du bist approbierte Apothekerin und schon seit Jahrzehnten in der PR tätig. Wie hat sich die Aufgabe verändert?

PR geht immer stärker in Richtung Storytelling. Ich begeistere einen Leser für eine Geschichte die ihn mitnimmt. Hier geht es um das große Ganze und nicht mehr um ein spezifisches Produkt. Wir kommen davon weg Marketing- oder Medizin-Botschaften für eine journalistische Klientel umzuschreiben. Das setzt ein anderes Selbstverständnis voraus und führt zu hochwertiger PR und besseren Ergebnissen.

Von den Kanälen her betrachtet findet das meiste heute digital statt. Die sozialen Kanäle sind am Wichtigsten geworden. Wir schreiben auch noch Pressemitteilungen, aber das ist fast schon Beiwerk. Vieles was wir verkünden, findet über die Internetseite und unsere Social-Media Kanäle statt.

Auch in der PR ist die nächste große Veränderung wahrscheinlich künstliche Intelligenz. Was glaubst du wird sich durch KI verändern? Viele verbinden damit ja vor allem die Angst um Jobverlust.

Niemand muss Angst vor KI haben, denn unsere menschlichen Fähigkeiten gehen immer noch über das hinaus was Roboter oder KI können. KI wird in vielen Bereichen Jobs bzw. Arbeitsbereiche übernehmen, wo sie besser ist, weil wir die Datenmengen so schnell nicht verarbeiten können wie ein Computer. Ich denke auch an die Produktion von Medikamenten. Maschinen können uns Arbeit abnehmen, dort wo wir gefährdet sind. Aber wir sind durch unsere Vorstellungskraft und Imagination sehr viel besser. Nur wir können neue Dinge denken und entwickeln. Dafür werden wir in allen Bereichen, auch der Kommunikation, immer gebraucht werden. Wenn mir dann ein Schreibcomputer monotone Tätigkeiten abnimmt, fein!

Es wird eine Verschiebung im Bereich der Jobs geben, ja – aber wir haben es in der Hand, das zu gestalten. Das bedeutet auch, dass wir Missbrauch unterbinden und Risiken eindämmen müssen. Ich nehme das Thema nicht auf die leichte Schulter, aber ich sehe für uns mehr Chancen darin als Risiken.

Sich selbstständig zu machen ist vielleicht einer der größten Schritte des Wandels. Welchen Tipp hast du für Menschen die gerade damit beginnen?

Ich denke, das Wichtigste wenn man sich selbstständig macht, ist das Ziel klar zu definieren, die Frage nach dem „warum?“ zu beantworten. Was treibt mich, genau das zu tun? Es lohnt sich diese Reflektion unter Anleitung zu machen mit jemandem der mich durch kluges Fragen zum Kern bringt. Am Ende dieser Übung stehen idealerweise drei Kernbotschaften die auch der Außenwelt zeigen, warum mein Business richtig und wichtig ist. Sie bilden dann später auch das Fundament für die PR, die damit eine Geschichte erzählt.

Von dem Unternehmenszweck, dem großen WARUM? ausgehend kann ich im nächsten Schritt ein Kommunikationskonzept erarbeiten. Hierzu sollte ich mich fragen wer meine Zielgruppe ist, also die Menschen die von meinem Produkt oder meiner Dienstleistung profitieren. Und was sind die Hürden, damit diese Zielgruppe mich hört, versteht und wahrnimmt? Gibt es einen Bedarf für das was ich tue? Wo wird dieser geäußert? Über welche Kanäle erreiche ich diese Zielgruppe am besten?

Für die PR kann ich mir dann überlegen, mit welchen Argumenten ich die Hürden überwinde und wie, wo und mit wem ich meine Geschichte erzähle. Die Kanäle sind dann immer vom Business abhängig und von der Frage, wo ich meine Zielgruppe antreffe. Eine Webseite ist nicht in jedem Fall zwingend erforderlich. Wenn ich Kunden z.B. über Facebook erreichen kann, dann sollte ich meine Energie darauf konzentrieren. Ich kann auch erfolgreich über Kooperationen mit Partnern kommunizieren, die bereits eine gut laufende Internetpräsenz für meine Zielgruppe haben.

Strukturelle Konzeptarbeit ist also die Grundvoraussetzung für erfolgreiche Kommunikation, denn davon hängt die Botschaft und der Kanal ab über den ich meine Kunden erreiche.

Ist klassische Medienarbeit überhaupt etwas für Kleinselbstständige?

Klar, einen Lokalredakteur kann man ja auch mal anrufen. Journalisten sind immer auf der Suche nach guten Geschichten. Außerdem lohnt es sich Veranstaltungen zu besuchen, die von Journalisten begleitet werden. Alles was außergewöhnlich, spannend oder neu ist erreicht die Medien.

Aber natürlich ist die erste Frage, die man sich am Anfang seines Geschäftsmodells stellen muss, wie man am Besten seine Kunden erreicht. Vielleicht gibt es ja andere Multiplikatoren, die das was ich mache gut finden und weiterverbreiten, Foren für bestimmte Altersgruppen oder Blogger zum Beispiel.

Welchen Tipp hast du für den Umgang mit Misserfolgen oder Krisen?

Als einsamer Wolf ein neues Business aus der Taufe zu heben ist unglaublich schwer. Es ist ganz wichtig sich ein Netzwerk aufzubauen von Menschen, die die eigene Situation nachvollziehen können und dir helfen können. So kann man sich gegenseitig stützen und wieder aufbauen.

Ich finde es generell wichtig sich mit Menschen zu umgeben, die einem helfen, wieder aufzustehen. Mir hat es sehr geholfen.

“An die eigene Sonne zu glauben ist ganz wichtig. Und in Krisen ist es gut, wenn man von außen Bestätigung bekommt.”

Lass uns nochmal einen Themenschwenk machen und über Frauen in Führungspositionen sprechen. Siehst du hier Bedarf zur Veränderung und wen siehst du da in der Verantwortung?

Die gläserne Decke gibt es. Wir Frauen können daran aber selbst etwas ändern, indem wir stärker fordern. Wir brauchen hier immer noch mehr Hartnäckigkeit. Das beginnt schon bei der Frage nach dem Gehalt. Die Politik kann da natürlich auch etwas tun. Und Frauennetzwerke helfen sehr dabei, die Diskussion immer wieder wach zu halten z.B. das European Women´s Management Development Network.

Was mir ein bisschen Sorgen macht, ist ein Rückwärtstrend den ich bei jungen Frauen beobachte, die Gleichberechtigung für gegeben halten und doch wieder in alte Rollenbilder zurückfallen. Hier sehe ich auch eine Aufgabe für mich, junge Kolleginnen zu motivieren dran zu bleiben und voran zu gehen. Wir brauchen mehr Selbstbewusstsein. Frauen neigen immer noch dazu, etwas erst 150-prozentig zu lernen, bevor sie mit Überzeugung sagen „das kann ich“. Männer sind da oft frecher und rufen „hallo, ich bin dein Mann!“ Meiner Ansicht nach ist das Thema noch nicht durch und es braucht noch viel Anstrengung – von uns Frauen und von den Männern.

Reden wir über Geld. Welche Tipps hast du und wie sorgst du persönlich für das Alter vor?

Ich streue das Risiko durch Investition in Wohneigentum, Aktien und Direktversicherungen. Ich kann nur jeder Frau raten, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen. Es gibt tolle Expertinnen, die sich besonders auf die Beratung von Frauen in Finanzfragen spezialisiert haben, z.B. 3f. Female Finance Forum.  Bei Heirat empfehle ich einen Ehevertrag abzuschließen und diesen als etwas zu sehen, was mit mir selbst zu tun hat und nicht mit der Liebe zum Partner. Es hat viel mit der Frage zu tun was ich mir wert bin. Außerdem sollte frau frühzeitig ein kluges Testament machen.

Worauf bist du stolz?

Schwierige Frage! Mich macht es glücklich zu sehen, wie das Team sich entwickelt, lernt und wächst. Ja, das macht mich auch stolz. Ich bin auch darauf stolz, eine Kämpferin zu sein, die nach Krisen wieder aufsteht.
Und – das ist hier vielleicht deutlich geworden – dass ich sehr positiv und lösungsorientiert denke.

Was hilft dir nach einem anstrengenden Tag runterzukommen?

Ich laufe und konzentriere mich auf die Umgebung, bleibe im Moment. Körperliche Bewegung tut mir gut. Außerdem meditiere ich, das hilft mir, zu fokussieren und das Kreisen im Kopf anzuhalten.

Kristin, ich danke dir herzlich für dieses Gespräch!

Liebe Heike, sehr gerne.

Vorgestellt:

Dr. Kristin Jakobs

Meine Gesprächspartnerin heute war Dr. Kristin Jakobs. Die studierte Pharmazeutin hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in nationaler und internationaler Gesundheitskommunikation sowie im Produktmarketing.
Sie war sowohl für Agenturen als auch für große Unternehmen der Pharma-Branche in leitenden Funktionen tätig. Seit 2019 ist sie Leiterin der Kommunikation OneHumanPharma, in der Unternehmenszentrale von Boehringer Ingelheim. Sie ist im Vorstand des Vereins Pharma Fakten e.V., Mitglied im DPRG Arbeitskreis “Gesundheitskommunikation” sowie Mitglied des European Women´s Management Development Network.

Was für ein Auftakt!

Dieses Gespräch ist der Beginn meiner neuen Serie von und für Menschen die inspirieren, quer denken, vernetzen, verändern und eine positive Einstellung ins Leben tragen.

Sie möchten jemanden aus Ihrem Netzwerk vorschlagen, dessen Stimme gehört werden sollte? Dann schreiben Sie mich gerne an!

Ihre Heike Specht

Botschaften: Die häufigsten Fehler und wie wir sie vermeidet

„Ich bin so frustriert!“ ruft meine Kundin Sabine ins Telefon. „Ich erzähle alles was ich kann, aber der Kunde versteht mein Angebot einfach nicht.“ Sabines Leistungsangebot scheint genau auf die Bedürfnisse des Kunden zu passen. Trotzdem geht der Auftrag an die Konkurrenz. Meine Analyse zeigt, dass ihre Sprache nicht ankommt oder, um es im Public Relations Jargon zu sagen, ihre Botschaften die Zielgruppe verfehlen. Kein Einzelfall und daher eine gute Gelegenheit das Thema hier und heute zu vertiefen.

„Botschaften sind kurze, für den Empfänger bedeutsame Nachrichten, die das Image prägen und zum Handeln motivieren.“

Erfolgreichen Unternehmen gelingt es mithilfe klar formulierter Botschaften den Wert ihrer Marke auf verschiedenen Wegen (Boten!) zu transportieren. Ziel ist es, Menschen anzusprechen, die diese Werte teilen. So entsteht Markenbindung. Sehr erfolgreich darin sind große Marken wie z.B. der FC Bayern München+, Mercedes Benzoder Apple+.

Botschaften sind der Kitt zwischen dem Unternehmenskern und den Bedürfnissen der Kunden. Sie laden uns ein, eine positive Erfahrung zu machen. Gut formuliert erzeugen sie ein einheitliches Bild in den Köpfen der Empfänger.

Ihre Wirkung entfalten sie allerdings nur, wenn sie sowohl verstanden als auch behalten werden. Damit dies gelingt, sind Botschaften in dreierlei Hinsicht geschliffen:
In Bezug auf die Form, den Inhalt und die Dosis.

Fehler Nr. 1: Die Botschaft ist zu lang und zu komplex

Zugegeben, es ist eine Herausforderung den Kern des eigenen Unternehmens in wenigen Worten auf den Punkt zu bringen ohne der Versuchung zu erliegen mit Fachwissen zu glänzen. Wie wir trotzdem Kompetenz ausstrahlen dazu kommen wir gleich noch. Hier geht es zunächst um die Form. Was ich erlebe sind gute Ansätze, die durch Freigabeverfahren zu einer juristischen Abhandlung, einem wissenschaftlichen Paper oder einer Gebrauchsanweisung mutieren. Mut zur Vereinfachung ist gefragt! Dies ist schon deshalb wichtig, weil Botschaften nicht nur gedruckt werden. Sie sind auch unsere Anker für das Kundengespräch oder Fixpunkte beim Interview. Machen Sie also den Selbsttest:
Wenn Sie die Botschaft nicht flüssig sprechen können
, dann ist sie nicht gut.

Tipps zur Form von Botschaften:

  • Bilden Sie kurze Sätze.
  • Verwenden Sie allgemein verständliche Begriffe.
    Vermeiden Sie Fachjargon.
  • Beschränken Sie sich auf einfachen Satzbau.
  • Achten Sie darauf, dass die Formulierung für Sie und Ihre Kunden einprägsam ist.

Fehler Nr. 2: Der Inhalt fliegt am Kunden vorbei

Botschaften sind zum Scheitern verurteilt, wenn sie aus der Perspektive des Unternehmens heraus formuliert werden. Sie beantworten egozentrische Fragen: Wie wollen wir dastehen? Wie lässt sich mit unseren Produkten Geld verdienen? Worauf sind wir besonders stolz? Verstehen Sie mich nicht falsch, dies sind wichtige Fragen, aber sie gehören in die Positionierung, nicht in die Botschaften.

„Botschaften werden aus der Perspektive des Kunden gedacht.“

Klären Sie daher in Ihren Botschaften, welche Bedürfnisse durch Ihr Angebot gestillt werden.

Ein guter Ausgangspunkt sind folgende Fragen:

  • Welches Ziel verfolgt der Kunde?
  • Welchen Vorteil hat er durch den Kauf unseres Produkts/unserer Dienstleistung?
  • Welches Problem hat er zu lösen?
  • Wobei erhofft er sich Unterstützung?
  • Was stellt für den Kunden eine Arbeitserleichterung dar?
  • Wie kann er Zeit/Geld sparen?
  • Womit kommt er bei anderen gut an?
  • Womit steigt sein gesellschaftliches Ansehen?
  • Was bereitet ihm Zufriedenheit oder Spaß?

“Das Fundament einer guten Botschaft sind Fakten”

„Fakten, Fakten, Fakten“, die Werbekampagne des Focusfeiert dieses Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum. Helmut Markwort – der Herausgeber – wusste damals schon, dass Wissen alleine nicht genügt. In diesem YouTube-Werbe-Video aus der Zeit gibt er den entscheidenden Hinweis. Übertragen auf Ihr Business heißt das: Orientieren Sie sich an der Lebenswirklichkeit des Verbrauchers oder Kunden, wenn Sie ihre Botschaften formulieren.

“Überzeugend werden unsere Botschaften durch Emotionen”

„Das Auto ist in 9 Sekunden von 0 auf 100, fein. Aber kann ich meine Freundin mit der Innenausstattung beeindrucken?“ Untermauern Sie Ihre Fakten mit Beispielen, die Kopfkino entfachen. In diesem Fall vielleicht die Beschreibung einer romantischen Autofahrt zur Berghütte. Dabei könnten Sie Aspekte von Komfort und Sicherheit geschickt verpacken.

Schaffen Sie Möglichkeiten zur Identifikation. Appellieren Sie – wo es sich anbietet – an den Instinkt. Und schließlich: Bauen Sie Vertrauen auf. Dazu gehört eine Kommunikation die Ihr Gegenüber als glaubwürdig empfindet. Zeigen Sie sich offen und authentisch. Punkten Sie mit Erfahrungswerten. Wenn es zu Ihrer Firmenkultur gehört, sprechen sie auch über soziale Verantwortung.

Eine beliebte Botschaften-Falle die in jedem Brainstorming auf ihre Chance lauert betrifft übrigens das Thema Kompetenz. Wir neigen dazu sie zu benennen. Also: „Wir backen die besten Torten“ oder „Niemand verlegt einen Fußboden schneller als wir“. Das taugt vielleicht als Werbeslogan (nein, nicht wirklich!). Als Botschaft sind diese Aussagen voll daneben, denn Eigenlob hat schon immer gestunken. Die Aufgabe die es zu meistern gilt: Kompetenz durch Beispiele, Expertenaussagen oder Kennzahlen offenzulegen, ohne sie beim Namen zu nennen.

Da wir nicht alle kleine Steve Jobs sind – der im Akkord nie Dagewesenes erfand – gibt es wahrscheinlich Konkurrenz um Ihr Geschäft. Lauter zu sein als alle anderen ist eine (teure) Lösung, die bessere heißt Differenzierung. Alleinstellungsmerkmale („einzige, größte, erste, auf neuesten Forschungsergebnissen basierend“ etc.) fallen hier sehr stark ins Gewicht. Aber auch ohne können Sie punkten, wenn Sie aufzeigen, wo Sie sich von anderen unterscheiden: hochwertig, nachhaltig, klimaschonend oder Bio, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wie Sie sehen gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten Unternehmensbotschaften inhaltlich auszugestalten. Und darin lauert schon die nächste Gefahr – kein Ende zu finden.

Fehler Nr. 3: Der Empfänger kann die Menge der Information nicht verarbeiten

Unternehmensbotschaften kommen auf vielen Wegen an die Öffentlichkeit. Firmen verbreiten sie über das Internet, durch Pressetexte, mittels Printmaterial, über Vorträge und nicht zuletzt durch Kundengespräche oder Medien-Interviews.

Das Bedürfnis andere durch eine Fülle von Argumenten überzeugen zu wollen ist menschlich. So wie meine Kundin Sabine die ihr komplettes Leistungsspektrum in kürzester Zeit herunterbetet. Leider ist unsere Aufnahmefähigkeit für neues sehr begrenzt und das nicht erst seit dem Zeitalter der Digitalisierung.

Unsere Aufmerksamkeitsspanne als Gesellschaft sinkt allerdings seither messbar. In diesem Artikel sind die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchung zu diesem Thema von Philipp Lorenz-Spreen und Kollegen aus dem Jahr 2019 sehr anschaulich zusammengefasst

Umso mehr gilt heute: Fokus auf das Wesentliche, damit es behalten wird.

„Die Faustregel lautet: Besser 3×3 als 9×1“

Nur wenige Menschen können sich aus einem Gespräch, einem Vortrag oder einem Text mehr als drei Aspekte einprägen. Wiederholung stützt unser Gedächtnis. Scheuen Sie sich also nicht, Ihre wichtigsten Inhalte – die Kernbotschaften– in einem Gespräch mehrfach zur Sprache zu bringen, z.B. indem Sie sie mit verschiedenen Beispielen belegen und durch Expertenmeinung einordnen. Wie Sie diese Technik erfolgreich bei Interviews einsetzen beschreibe ich übrigens in diesem Blogbeitrag zum Thema “Interviews geben”.

Das Baukastenprinzip hilft Ihnen zu fokussieren:

  • Botschaften in thematische Gruppen gliedern.
  • Priorisieren in Kernbotschaften und unterstützende Botschaften.

Als Vorbereitung auf die Kommunikation wählen Sie aus diesem Baukasten die Teile, die auf die jeweilige Zielgruppe oder Situation am besten passen. Je nachdem wie viel Zeit oder Raum Ihnen eingeräumt wird, belegen Sie Ihre drei Kernbotschaften mit einer wachsenden Zahl an Unterbotschaften, das zementiert die Aussage beim Empfänger.

Noch etwas wird hier deutlich: Botschaften sind Leitsätze die allenfalls in Nuancen verändert vorgetragen werden. Hier geht es nicht um Kreativität in der Kommunikation sondern um Kontinuität. Insbesondere in der Medienarbeit ist dies von entscheidender Bedeutung. Lassen Sie sich nicht von der vereinbarten Sprachregelung abbringen. Vor allem dann nicht, wenn es mehrere Sprecher zum gleichen Thema gibt. Nur so ist der Wiedererkennungseffekt beim Empfänger sichergestellt.

Auf wundersame Weise hat es sich nun gefügt, dass ich Ihnen genau drei Aspekte über wirkungsvolle Botschaften mitgegeben habe, die ich hier noch einmal zusammenfasse:

  1. Botschaften haben den Kunden im Fokus. Sie basieren auf Fakten, erzeugen Emotionen, arbeiten mit Beispielen und schaffen so Identifikationsmöglichkeiten und Markenbindung.
  2. Botschaften sind kurz, leicht verständlich und einprägsam.
  3. Botschaften werden dosiert und auf die Zielgruppe zugeschnitten eingesetzt.

Ein Poster mit diesen Tipps können Sie sich hier herunterladen.
(Weitere Inhalte zum freien Download gibt es übrigens im Bereich “Wissen zu verschenken“).

Von der Theorie zur Praxis

Die folgende Tabelle gibt links Textbeispiele vor, die wir rechts analysieren:

„Wir von Xolygolygol produzieren elektronische Bauteile für Haushaltsgeräte. Unser Spezialgebiet ist die Steuerung über Mobiltelefone.  Mithilfe unserer Lösungen können Geräte ortsunabhängig bedient werden.” Hier wird der technische Begriff für die Bauteile ebenso vermieden, wie der Anglizismus für das Telefon. Die drei Sätze sind kurz, der Unternehmenskern ist klar definiert, der Nutzen für den Verbraucher offensichtlich.
Zympfel-Pharm entwickelt Impfstoffe gegen Viren die Pandemien auslösen. Unser Ziel ist es, die Ausbreitung von Viruskrankheiten zu stoppen und damit menschliches Leid zu verhindern. Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass die Anwendung gut verträglich ist. In diesem Beispiel steht das Prinzip „Hoffnung“ im Vordergrund, denn das Produkt gibt es noch gar nicht. Durch Fakten (Forschungsergebnisse) wird Vertrauen erzeugt. Die emotionale Bindung gelingt durch die Erinnerung an jüngste Ereignisse.
Wir bringen bewährtes Wissen zurück in deinen Alltag: Unsere erfrischend-herben Kräuterauszüge basieren auf einer jahrtausendealten Rezeptur und beinhalten ausschließlich heimische Superfoods wie Giersch, Brennnessel und Co. In diesem realen Beispiel von kruutimplizieren die Begriffe „bewährt“ und  „jahrtausendealt“ geschickt eine Erfahrung, über die das junge Team selbst gar nicht verfügen kann. Dass sie diese nutzen ist jedoch glaubhaft. Die Zielgruppe der Käufer wurde hier sehr genau definiert.  Mit den Begriffen „heimisch“ und „Superfood“ spricht die Firma gezielt ein Publikum an, das sich gesund ernähren möchte und lokale Produkte kauft.

 

 Wie steht es um Ihre Botschaften?

Wenn Sie bis hierhin gelesen haben vermute ich, Sie sind noch in der Phase der Konzeption oder sehen Bedarf zur Verbesserung.

Haben Sie schon Material? Ich kann den Botschaften darin gerne auf den Zahn fühlen.

Sie brauchen Hilfe bei der Entwicklung Ihrer Botschaften? Dann gehen wir es gemeinsam an. Nehmen Sie gerne direkt Kontakt auf:

heike@picus-communications.de oder 0170-7619980.

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit!

Ihre

Heike Specht

+Disclaimer: Die in diesem Beitrag genannten Unternehmen gehören nicht zu meinem Kundenstamm und bezahlen mich auch nicht für ihre Nennung. Sie dienen lediglich als Beispiel, um das Thema realitätsnah und praktisch zu vertiefen.

Manifest einer Wiederholungstäterin: Was ein Sabbatical Angestellten und Arbeitgebern bringt

Ich kann Sie hören! „Wie kann man denn in diesen Tagen über eine Auszeit schreiben? Jetzt, wo viele von uns Angst um ihren Job, ja um ihre Existenz haben! Wie unsensibel gerade im Lockdown das Reisen zu thematisieren.“
Ich vermute es ist die Rebellin in mir, die das Bedürfnis hat über Freiheit und Selbstbestimmung nachzudenken, wenn es am wenigsten möglich ist. Davon abgesehen gibt es einen konkreten Anlass: Mein Partner, mein Hund und ich sind zwei Tage bevor die Grenzen für uns alle geschlossen wurden von einer Abenteuerreise über Land in den Iran zurückgekehrt. Das Sabbatical hat ein Jahr gedauert, es war mein drittes.

Das Sabbatical-Modell taugt aus Sicht vieler Arbeitgeber vor allem, um Mitarbeiter in Zeiten dünner Auftragslage freizustellen oder Headcount kurzfristig einzusparen. So wird das Risiko minimiert Talente an die Konkurrenz zu verlieren. Bei der zweiten von Führungskräften gerne akzeptierten Variante nutzt der Mitarbeiter das Sabbatical, um in eine Zusatzausbildung in Vollzeit zu investieren. Darüber hinaus fällt es vielen Vorgesetzten eher schwer eine Daseinsberechtigung für das Sabbatical zu finden, obwohl es in vielen innerbetrieblichen Vereinbarungen inzwischen festgeschrieben ist. Proaktiv kommuniziert wird es selten.

Ich dachte lange, ich bin eine Exotin, aber den Wunsch nach langen Auslandsreisen habe ich offenbar mit vielen Arbeitnehmern gemeinsam.1
Der Unterschied ist: Ich mache es, während 60 Prozent derer die sich eine Pause vorstellen können diesen Wunsch nie artikulieren.2
Und ich vermute, dass viele die Begründung „Perspektivwechsel“ für zu wenig salonfähig halten.

In diesem Manifest möchte ich eine Lanze brechen für das was ich inzwischen Potenzialzeit nenne, denn beide Seiten profitieren davon. Sie werden gleich verstehen warum.

“Potenzial entdecken und heben”

Ich finde den Ausdruck “Auszeit” sehr unglücklich, weil irreführend. Wir sind als Mitarbeiter nicht “AUSgeschaltet” nur weil wir zeitweise einer anderen Tätigkeit nachgehen. Die Erfahrung zeigt sogar, dass da sehr viel “ANgeschaltet” wird, wenn wir uns in neuem Kontext bewegen. Ob das nun Ziegenhüten auf einer Alphütte ist, oder Abenteuerleben im afrikanischen Busch. Wir stellen unsere Projektmanagement-Qualitäten schon bei der Vorbereitung eines solch komplexen Unternehmens unter Beweis. Auch Flexibilität und Lernfähigkeit sind in der neuen Lebenslage gefragt, denn wir setzen uns unbekanntem Territorium aus. Von der Problemlösungskompetenz kann ich seit diversen Autopannen fernab der Zivilisation ein Lied singen. Ganz zu schweigen von der interkulturellen Kompetenz die exponentiell ansteigt, je weiter sich der besuchte Kulturkreis vom eigenen unterscheidet. So mancher entdeckt sein Händchen für´s Tüfteln, andere werden Reiseblogger oder entwickeln ein Talent zur Fotografie. Nicht alles wird zum bisherigen Jobprofil passen, aber den Horizont auf diese Weise zu erweitern und sich auch bei Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen bleibt auf lange Sicht als Erfahrungsschatz erhalten der auch dem Arbeitgeber zugute kommt.

“Daher biete ich als alternative Bezeichnung für die Auszeit hier optimistisch die ´Potenzialzeit´ an, angelehnt an die Definition des Potenzials aus der Physik:  Die Fähigkeit eines Kraftfelds, Arbeit zu verrichten.”

Ich selbst kenne übrigens keinen Reise-Aussteiger, bei dem die Potenzialzeit zu einem Karriere-Knick geführt hätte. Im Gegenteil. Als ich mich zum ersten Mal aufgemacht habe – damals hatte ich den Job gekündigt – hat mich mein Chef kontaktiert noch bevor ich zurück war und mir die Stelle bei doppeltem Gehalt wieder angeboten. Wer gut ist in dem was er tut und selbstbewusst zu seinen Fähigkeiten steht, wird auch nach Potenzialzeiten gute Chancen auf einen Aufstieg haben. Wir vergessen ja nicht gleich alles was wir können und kommen ausgeruht zurück, mit frischer Motivation und dem Kopf voller kreativer neuer Ideen. 

“Job-Rotation”

Die meisten träumen von einer Pause zwischen 3 und 12 Monaten.1
Das ist eine Zeit, die – zugegeben eher in größeren Unternehmen – durch Job-Rotation gut überbrückt werden kann. So lässt sich im Team auch bei anderen Mitarbeitern neue Kompetenz aufbauen. Vielleicht gibt es einen Kollegen, den die Aufgabe schon länger reizt und der jetzt die Gelegenheit bekommt sich auszuprobieren. Möglicherweise kann ich die Stelle auch mit einem Mitarbeiter besetzen der in einer ausländischen Dependance arbeitet, jemandem den ich aufbauen möchte, der lernen kann, wie im Headquarter gearbeitet wird und die Perspektive aus einer operativen Einheit einbringt. So wird das Sabbatical zur win-win-Situation.

“Luft holen”

Den richtigen Zeitpunkt für eine Potenzialzeit zu finden ist gewiss eine der größten Herausforderungen. Tragisch ist, dass jeder zweite hofft mit dem Sabbatical ein Burn-Out zu verhindern oder gar zu überwinden.1
Sollte das der Fall sein sehe ich die Vorgesetzten sogar in der Pflicht das scheinbar unmögliche möglich zu machen, denn nur wer sich auf gesunde, kraftvolle Mitarbeiter verlassen kann, wird sich erfolgreich am Markt behaupten können.

Mein Rat ist gerade bei anspruchsvollen Tätigkeiten mit viel Verantwortung zwischendurch einmal Luft zu holen, damit die Energie bis zum Ende reicht.

Diejenigen, die den Mut nicht aufbringen über ihre Reise-Wünsche zu sprechen trösten sich häufig damit, alles in der Rente nachzuholen. Auf meiner letzten Reise habe ich ein Wohnmobil mit der Aufschrift gesehen „Bisher war Pflicht, jetzt kommt die Kür.“ Das hat mich sehr traurig gemacht, denn offenbar hat hier jemand sein Leben in einem Job zugebracht, der ihn weder erfüllt, noch stolz oder glücklich gemacht hat.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Auch Abenteuerreisen können körperlich anstrengende Unterfangen mit bisweilen hohem Stressfaktor sein. Ganz sicher bewegt man sich permanent im Ungewissen. Meiner Einschätzung nach nimmt die Bereitschaft sich dem auszusetzen – solange man es nicht in jüngeren Jahren geübt hat – mit fortschreitendem Alter ab.

Wichtig ist zu erkennen, worin die eigene Motivation liegt. Wer seinen Job als quälend empfindet, ist im Sabbatical mit Maßnahmen zur beruflichen Neuorientierung gut beraten. Wer seine Arbeit liebt aber spürt, dass aus dem  Feuer eine klägliche Flamme geworden ist, oder der Akku gar leer ist, für den kann sich die Potenzialzeit auf Reisen zum Jungbrunnen entwickeln.

“Kreativer Tapetenwechsel”

Nun bin ich also zurück von meiner dritten Auszeit und Sie lieber Leser, lieber Kunde fragen sich: „Was hat´s gebracht außer einem Loch in deiner Rentenkasse?“ Nun, zunächst einmal bin ich ins Schreiben gekommen.
Da die Urlaubsziele für uns alle gerade noch ferner sind als üblich, finden Sie möglicherweise gefallen an einem virtuellen Besuch in Georgien, dem Iran oder den griechischen Inseln.

Auf autowanderer.de finden Sie all dies und mehr.

Über mein Business-Modell bin ich intensiv ins Nachdenken gekommen.
Wie können wir uns besser kennenlernen und in einen guten Dialog kommen? Wie kann ich Sie bei Ihren Herausforderungen noch wirkungsvoller unterstützen?

Ich habe mir einige neue Initiativen überlegt die dazu führen werden, dass sich mein Angebot, meine Internetseite und schließlich auch dieser Blog in den nächsten Monaten verändern wird. Bleiben Sie also gespannt auf das was kommt.

Ich würde mich freuen, wenn Sie mit mir zu diesem Thema diskutierten. Haben Sie selbst Potenzialzeit-Erfahrungen die Sie ergänzen möchten? Sind Sie Unternehmer und sehen die Causa Sabbatical aus einer anderen Perspektive? Ich freue mich auf Ihre Kommentare unter diesem Post.

Und für alle die sich jetzt einen Ruck geben aber viele offene Fragen haben, biete ich gerne meine Hilfe als Sabbatical-Berater an. Es gibt vieles zu bedenken, wenn das Leben zu Hause für längere Zeit auf Eis gelegt wird, nicht nur die Finanzierung einer solchen Unternehmung.

Sprechen Sie mich gerne an.

Kommen Sie gesund durch diese Zeit!

Ihre Heike Specht

Quellennachweis:

  1. Wimdu – Größte deutsche Sabbatical-Studie: Fast jeder 2. Deutsche will eine Auszeit vom Job nehmen
  2. Pressemitteilung XING vom 18. Januar 2017 “XING Sabbatical-Studie: Zahlreiche Berufstätige wollen Auszeit, stoßen allerdings auf Widerstände”

„Wechselweib“ – Ein Tusch auf die Lebensmitte

Als Rheinhessin ist mir die fünfte Jahreszeit – anderen besser bekannt als Fasching oder Karneval – als besonderes Geschenk in die Wiege gelegt worden. So ist es wohl zu erklären, dass ich mich bisweilen berufen fühle, in Vierzeilern zu reimen.

Heute tue ich dies mit viel Vergnügen für das online-Magazin Lemondays, welches sich mit femininer Weisheit an Frauen in den Wechseljahren wendet. Die Herausgeberin und Chefredakteurin Angela (Gela) Löhr (die an dieser Stelle schon interessantes zum Thema Kooperationsmöglichkeiten für online Unternehmer zu erzählen wusste), wird dieser Tage 50 Jahre jung und schenkt sich und uns eine Blogparade zum Thema „50 Jahre ICH“.
Die Einladung dazu und alle Links zu Texten, Podcasts und Videos gibt´s hier.

Achtung! Hinweis für das andere Geschlecht: Das folgende Gedicht enthält schonungslose Schilderungen der weiblichen Symptomatik in der Menopause. Ich ermutige Sie trotzdem weiterzulesen, da es meiner Meinung nach nicht schaden kann zu wissen, was mit der Mutter, der Ehefrau oder der Kollegin manchmal los ist.

—————–

Wäre es nach mir gegangen,
hätten die 50er nie angefangen.
Ich fühlte mich so jung geblieben!
Es galt, den Wechsel aufzuschieben.

Das Haar blondiert, die Brust gepusht,
den Rettungsreif mit Mieder vertuscht.
So konnte es nicht weiter gehen!
An Augen und Stirn war´s eh zu sehen.

Die Frau hat stets das Leben genossen,
Tränen vor Freude und Leid vergossen
und als Erinnerung an wilde Zeiten,
gab´s Fältchen im Dutzend – die sieht man vom Weiten.

Mit den Hormonen ging die Figur,
es kam die Gier auf Süßes pur.
Des Nachts ohne Schlaf an die Decke gestarrt,
bei Tag auf der eigenen Meinung beharrt.

Im Schweiße des geröteten Angesichts,
ging auf der Arbeit sowieso nichts.
Die schwankende Stimmung mit Wein begossen,
den Kopfschmerz danach mit Tabletten beschossen.

Den Wechsel als positiv für mich zu begreifen,
das hat gedauert, das will ja auch reifen.
Irgendwann aber erkannte ich,
die Phase ist eine Chance für mich.

So habe ich mir viele Fragen gestellt,
und damit die Stimmung aufgehellt:

Wo will ich in der Zukunft noch hin?
Was verleiht meinem Leben denn Sinn?
Meine Tage verbringen mit Fenster putzen?
Ich hab doch Erfahrungen die anderen nutzen!

Jetzt stecke ich drin, in den 50er Jahren,
und darf mit Freude dieses erfahren:
Ich bin ein waschechtes Wechselweib,
weil ich positiv in der Veränderung bleib.

Die Liebe ist jetzt noch viel mehr ein Genuss,
weil ich über´s Verhüten nicht nachdenken muss.
Und kann ich nicht schlafen, werd´ ich kreativ,
schreib´ Gedichte wie dieses, mit Reimen recht schief.

Zum Schluss noch ein Tusch auf die Königin Gela,
Lemondays kennen ist sicher kein Fehler, (aha!)
Lasst uns die „50er Jahre“ genießen,
und aus der Feder die Hymnen fließen.

Denn eines ist sicher, das hab´ ich kapiert,
bei uns ist nichts falsch oder gehört repariert,
die 50er sind ein Geschenk liebe Leute,
also macht was daraus und beginnt damit heute!

—————–

Vielen Dank an meine liebe Freundin Anne Melro, die mit viel Sprachgefühl meinen bisweilen etwas holprigen Sprachrhythmus geglättet hat.

Als Biologin und freie Redakteurin schreibe ich übrigens für Lemondays auch größere Hintergrundartikel, wie z.B. über die Ursachen und Therapiemöglichkeiten bei Hitzewallungen.

Sie sind auf der Suche?

… nach einem Texter für Ihren Blog oder Ihr Online-Magazin?

…nach einer Wissenschafts- bzw. Medizinjournalistin, die komplexe aktuelle Themen allgemeinverständlich und trotzdem korrekt
aufbereiten kann, wobei es Spaß macht weiterzulesen?
 

Dann sind Sie bei mir richtig!

Mail an heike@picus-communications.de oder Anruf (0170-7619980) genügt.

Wie gut sind Sie auf Krisen vorbereitet? Das können wir von der Corona-Pandemie lernen

Wie wohl Historiker in 100 Jahren auf die Corona-Pandemie 2020 zurückblicken werden?
Vielleicht werden sie in dieser für uns turbulenten Zeit eine Zäsur sehen, den Anfang eines neuen Zeitalters. Geschichtsbücher könnten davon erzählen, wie  wir – ausgelöst durch das menschliche Leid und die wirtschaftlichen Folgen – zu debattieren begannen, wie wir in Zukunft miteinander leben wollen. Wie wir sowohl unser Gesundheits- als auch unser Wirtschaftssystem umbauten und damit weniger anfällig für globale Krisen wurden.

Wichtiger noch: Wie wir das System angepasst haben, damit es unsere gesellschaftlichen und moralischen Werte abbildet. Vielleicht wird so mancher Erdling der Zukunft darüber staunen, was ein kleines Virus imstande war zu bewirken, wo zuvor Jahrhunderte der Auseinandersetzung versagt haben.

Bevor ich nun als Utopistin beschimpft werde: Ich gehöre auch zu den Selbstständigen, die von der Wucht des wirtschaftlichen Aufpralls gerade getroffen werden. Aber es entspricht nicht meinem Naturell die Situation nur als Katastrophe zu sehen. Die Psychologie verweist uns gerne darauf, dass das Potential wesentlich größer ist an einer Krise zu wachsen, als an einem Erfolg.

Ich kann nicht umhin dieses Potenzial bereits jetzt zu erkennen, sowohl in der realen, wie in der digitalen Welt: Ist es nicht bemerkenswert, wie kreativ wir dieser Tage darin werden trotz Quarantäne zusammenzurücken? Insbesondere die Talente der künstlerischen Branche tragen dazu bei, dass uns zu Hause die Decke nicht auf den Kopf fällt. Nachbarschaftshilfe für Hochrisikopatienten, unkonventionelle Kinderbetreuung oder konkurrenzüberschreitender Austausch von Mitarbeitern sind weitere Beispiele. Die sozialen Medien bzw. digitalen Kanäle werden in der Aufrechterhaltung der Kommunikation über Distanz zum Segen. Da zeigt sich früh der kreative Kopf, der dem Opa über Skype Gute-Nacht-Geschichten vorliest.

Mein Postfach füllt sich mit Angeboten für kostenfreie Webinare und Coachings zu Methoden und Techniken die ich auch im Normalbetrieb gut gebrauchen kann. Das Home-Office wird dadurch zum Kosmos neuer Möglichkeiten.

Kommunikation in der Krise

Was können wir also lernen aus dieser Mutter aller Krisen für die Kommunikation im Ausnahmezustand in Unternehmen und Betrieben?

Wir müssen jederzeit damit rechnen von unvorhersehbaren Situationen eingeholt zu werden, deren Dynamik sich so schnell ändert, dass wir als Beteiligte kaum hinterherkommen. Alle die mit uns über Kommunikation in Verbindung stehen, seien es Mitarbeiter, Kooperationspartner, Kunden oder Nachbarn, haben dann ein großes Informationsbedürfnis. Gepaart mit hoher Aufmerksamkeit durch die Medien entsteht ein immens hoher Entscheidungsdruck. Dieser geht in Krisen meist einher mit Unsicherheit, weil Wissen zur Situation fehlt, oder Fakten erst zusammengetragen werden müssen. Lösungsstrategien beruhen dann zwangsläufig auf Annahmen und Erfahrungswerten und müssen daher mehrfach angepasst werden. Ein hoher Grad an Komplexität der Unternehmensstruktur, unklare Berichtswege, der Mangel an Entscheidern oder gar zu viele Meinungen sind Faktoren die sich negativ auf den Prozess der Krisenbewältigung und damit auf die Außendarstellung auswirken. In der Krise ist zudem eine transparente, glaubwürdige und kontinuierliche Kommunikation – bei mehreren Sprechern mit möglichst einheitlichem Wortlaut -besonders wichtig, um Vertrauen wiederzugewinnen und Sicherheit auszustrahlen.

„Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Wir können die Verbreitung des Virus zwar nicht aufhalten, aber wir können die Ausbreitung  verlangsamen, indem wir voneinander Abstand halten.”

Es hat eine Weile gedauert bis diese einfache und wirkungsvolle Kernbotschaft allen Politikern geschmeidig über die Lippen kam. Zwei Sätze die gut zu merken sind, von jedem verstanden werden und gleich mehrere Anforderungen an Kommunikation in der Krise erfüllen: Es wird Stärke signalisiert, Sicherheit aufgebaut, Vertrauen erzeugt und um Verständnis geworben. Zuletzt hat sich sogar die Bundeskanzlerin eingeschaltet, um der Botschaft Nachdruck zu verleihen. Die Autorität des Sprechers ist in der Krise ebenso entscheidend, wie das was er sagt.

Bei der hohen Dynamik einer Krisensituation und der Geschwindigkeit mit der sich heute Informationen verbreiten ist eine parallele Auswertung der Maßnahmen zur Eindämmung der Krise von hoher Bedeutung. Dazu gehört auch die permanente Beobachtung des Medienechos und der Social Media-Plattformen. Und wenn dann wirklich alles vorbei ist, sorgt die abschließende Aufarbeitung dafür, dass aus Fehlern gelernt werden kann.

Krisenprävention

Sind wir also der Krise hilflos ausgeliefert? Nein! Ich möchte Ihnen hier aufzeigen, dass es wesentliche Schritte gibt, die im Rahmen einer Krisenpräventionsstrategie geplant UND geübt werden können, damit sich im stressigen Ernstfall jeder auf seine Aufgaben konzentrieren kann, anstatt wertvolle Zeit darüber zu verlieren das „wie“ und „was“ zu definieren.

Maßnahmen zur Krisenprävention

1. Krisenhandbuch erstellen

Es liegt in der Natur der Krise, dass niemand Zeit haben wird dicke Handbücher zu lesen. Das Krisenhandbuch sollte daher die absolut nötigsten Informationen enthalten (lose Blattsammlung), die in regelmäßigen Abständen auf Aktualität hin überprüft werden und jedem im Unternehmen bekannt sind.

Flussdiagramm: Entscheidungsbaum und Ablaufplan
Wesentlicher Bestandteil sind Diagramme die vor allem eines leisten sollen: Komplexität reduzieren – Zeit gewinnen. Wer einen Krisenherd feststellt – egal in welcher Position im Unternehmen er sich befindet – sollte rasch dazu in der Lage sein, die richtige Kontaktperson vom Auslöser zu unterrichten. Ein Entscheidungsbaum soll dann dazu anleiten die Information an die relevanten Unternehmensteile weiterzuleiten, damit sich umgehend der Krisenstab bilden kann, der über alle weiteren Handlungsschritte und Kommunikationswege entscheidet.

Kontaktlisten
Da sich die Diagramme auf Funktionen (z.B. Geschäftsleitung, Forschung, Recht, Marketing oder Kommunikation) beziehen ist es ratsam separat eine Kontaktliste zu pflegen. In dieser werden die aktuellen Daten der zum Krisenstab und den Entscheidern gehörenden Mitarbeiter leserlich eingetragen. Wichtig sind hier besonders die Mobiltelefon-Nummern, da sich Krisen nicht an Wochenenden oder den Feierabend halten.

Zuständigkeiten des Krisenstabes bzw. Kernteams
Je nach Art der Krise (z.B. Produktionsunfall, Crash der Börsenwerte oder Social-Media Shitstorm) kann die Zusammensetzung des Krisenstabs stark schwanken. Kernfunktionen werden jedoch immer involviert sein, wie die Kommunikations- oder die Rechtsabteilung. Es ist ratsam im Vorfeld festzulegen, wer sich im Ernstfall um welche Aufgaben kümmert, insbesondere wenn die Abläufe rechtlichen Vorgaben unterliegen (z.B. die Information bestimmter Behörden).

2. Szenarienplanung

Gerade weil sich in einer Krise die Ereignisse überschlagen ist es ratsam für potentielle Krisenherde die Fakten zur Hand zu haben. Diese Krisenherde zu identifizieren bedarf einer Analyse an der meist mehrere Fachabteilungen beteiligt sind.

In forschungsaktiven Unternehmen die z.B. mit neuen oder gefährlichen Substanzen arbeiten kann darüber hinaus wissenschaftliches Basiswissen aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von der PR-Abteilung bereits in allgemeinverständliche Informationen „übersetzt“ werden.

3. Krisensimulationsübung

Hocheffizient sind Workshops in denen der Ernstfall der Krise an einem fiktiven Beispiel im Verlauf eines Tages geübt wird. An einem neutralen Ort (ohne Ablenkung) wird eine Situation nachgestellt, die sich in dieser Form tatsächlich ereignen könnte. Alle an der Krisenbewältigung beteiligten Funktionen nehmen mit mindestens einem Mitarbeiter an dieser Übung teil. Was dabei erreicht werden soll ist nicht – wie gemeinhin von Mitarbeitern befürchtet – zu ermitteln wie stressfest der jeweilige Kollege ist, sondern wie gut der Personenkreis zusammenarbeitet, mit welchen Lösungsstrategien sie aufwarten und wie gut sie kommunizieren – innerhalb der Organisation UND mit der Außenwelt. Fester Bestandteil dieser Krisentrainings sind daher auch Medienanfragen (von versierten Medien-Trainern) durch die geübt werden kann wie sich Statements und Interviews in Krisensituationen anfühlen. Mitarbeiter merken dabei schnell welche Botschaften gut funktionieren und welche haarsträubenden Headlines Journalisten aus einer Bemerkung im Nebensatz generieren.

Diese Übungen sind in vielerlei Hinsicht aufschlussreich. Sie decken beispielsweise Lücken in der Organisationsstruktur auf. So mancher entdeckt aber auch sein Talent vor der Kamera und bietet sich als Sprecher aus der Fachabteilung an. Im besten Falle gehen die Mitarbeiter mit einem positiven Gefühl aus der Übung, weil sie die Herausforderung gemeinsam gemeistert haben. Ich jedenfalls habe sehr häufig am Ende solcher Tage das Feedback bekommen: „Das sollten wir viel häufiger machen!“

Lassen Sie mich zum Schluss versichern, dass es zahllose Beispiele für gelungene Kommunikation in der Krise gibt, aus der Unternehmen am Ende gestärkt und mit positivem Image hervorgegangen sind.

Ich wünsche uns allen, dass wir die Corona-Pandemie gut überstehen. Vielleicht werden die Historiker der Zukunft ja mit Stolz in ihren Büchern festhalten in welchem Maße wir über uns hinausgewachsen sind.

Bleiben Sie gesund und optimistisch!

Ihre

Heike Specht